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Kalte Wut

Kalte Wut

Titel: Kalte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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redete er abermals laut mit sich selbst.
    »Sie sind mir vom Nuffield Hospital aus gefolgt. Einer von ihnen hat vermutlich behauptet, er wäre ein Verwandter – oder hat irgendeine andere Lüge gebraucht –, um bestätigt zu bekommen, daß Jean tot ist. Diese Dreckskerle!« Er klappte das Tagebuch zu.
    »Also, Jean, ich glaube, ich weiß jetzt, warum diese Schweine das mit dir gemacht haben – und ich wette, du hast nicht geredet.«
    Er stand auf, nahm sämtliche Tagebücher und packte sie in einen Aktenkoffer. Er schloß die Klappe des Sekretärs mit behutsamer Sorgfalt. »Ich weiß noch nicht, wer dafür verantwortlich ist, aber ich werde es herausfinden. Zumindest weiß ich jetzt, wo ich mit der Suche anfangen muß.«
    Und dann, neben diesem ganz persönlichen Teil ihrer Welt stehend, klappte er plötzlich zusammen und schrie mit höchster Lautstärke. Ein Laut wie Wolfsgeheul brach aus ihm hervor.
    »Jean!« schrie er in seiner Qual. Er wiederholte das unheimliche Wolfsgeheul. Bis zu diesem Augenblick war ihm nicht bewußt gewesen, daß er zu einem derart animalischen Schrei imstande war. Wieder schrie er ihren Namen. Ein Teil seines Gehirns, der noch normal funktionierte, zählte mit, wie oft er das tat.
    Zwölfmal, bevor die Tränen kamen.
    Gabriel March Walvis, der reichste Mann der Welt, saß bequem in seinem Ledersessel an Bord des speziell für ihn gebauten Jets, der auf dem Flughafen von Heathrow wartete. Es war ein großer, eigens für seine Körperfülle konstruierter Sessel. Walvis hatte einen großen Kopf und ein fülliges Gesicht mit schweren Lidern über den kalten Augen. Seine dicken Lippen waren vor Verärgerung über den verzögerten Abflug fest zusammengekniffen. Er wartete auf seinen Boten.
    Das dichte graue Haar fiel ihm in die hohe Stirn, und seine Nase war kurz und fleischig. Seine häßlichen, klobigen Hände waren in seinem breiten Schoß gefaltet. Er warf einen Blick auf seine Blancpain-Uhr. Die Frau, die neben ihm saß, machte den Fehler, ihn besänftigen zu wollen.
    »Es kann nicht mehr lange dauern, bis Martin kommt. Dann können wir sofort nach München starten …«
    »Wenn ich Ihre Bemerkungen hören will, dann verlange ich sie.
    Bis dahin versuchen Sie bitte, den Mund zu halten.«
    Walvis hatte eine sanfte Stimme, und auch sein Tonfall war täuschend sanft – und zugleich überaus bedrohlich, weil er den Eindruck äußerster Giftigkeit vermittelte.
    »Entschuldigung. Ich habe einen Fehler gemacht«, sagte die Frau schnell.
    »Mir fällt auf, daß viele Leute Fehler machen. Worauf es ankommt, ist, daß man sie nicht wiederholt.«
    Die Frau seufzte erleichtert. Sie war in den Dreißigern und trug eine schwarze Kappe mit einem schwarzen Schleier, der die obere Hälfte ihres Gesichts verdeckte. Auch ihr zweiteiliges Kostüm war schwarz, ebenso der knielange Mantel. Rosa Brandt war Walvis’ Vertraute und seine engste Mitarbeiterin, aber das schützte sie nicht immer vor seinem beißenden Sarkasmus.
    »Und sehen Sie zu, daß Sie nie wieder auch nur in die Nähe von Chichester kommen«, befahl Walvis. »Ah, Gott sei Dank, ich glaube, Martin ist endlich da.«
    Ein Jeep hielt am Fuß der Treppe an, und ein großer, gutgebauter Mann eilte an Bord. Er war Anfang vierzig, dunkelhaarig und glattrasiert, und sein rundliches Gesicht war leicht gerötet. Er lächelte fast ständig. Jetzt ließ er sich seinem Chef gegenüber nieder und lächelte Walvis an.
    »Nun?« sagte der massige Mann. »Ist die Cardon von der Bildfläche verschwunden? Endgültig, hoffe ich.«
    »Sie ist heute nachmittag im Nuffield Hospital gestorben.
    Damit ist der Fall erledigt.«
    »Hervorragend!« Walvis verzog erfreut das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. Dann wendete er sich an die Frau mit dem Schleier. »Bitte informieren Sie den Piloten, daß wir starten, sobald es ihm gelungen ist, die Leute im Tower aufzuwecken. Er soll ihnen sagen, wir hätten es eilig.« Nachdem sie ihren Platz verlassen hatte, sah er Martin an. »Jetzt, nachdem diese kleine Störung beseitigt ist, können wir uns entspannen.« Es hörte sich an, als wäre ein unbedeutendes geschäftliches Problem zu seiner Zufriedenheit gelöst worden.

1
    »Ich meine, wir sollten Philips Haus hier einen Besuch abstatten«, sagte Paula. »Er hat mir den Schlüssel gegeben und gesagt, ich sollte nachsehen, ob es ordnungsgemäß abgeschlossen ist. Außerdem hat er gesagt, Jean hätte gewollt, daß er vorsichtig ist. Das dürfte gewesen sein, bevor sie ihr das

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