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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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Fall?«
    Seine aufgesetzte Integrität war ekelhaft. Am liebsten hätte ich ihn mit dem Kopf gegen den Kühlschrank geknallt und ineiner Pfütze seines eigenen Blutes liegen lassen, aber das wäre nicht fair gewesen gegenüber seiner Familie oben.
    Er hustete, Angst flackerte über sein Gesicht. Manchmal fragte ich mich, ob er meine Gedanken an meiner Miene ablesen konnte.
    »Was für ein Fall?«
    »Es ist noch keiner, aber wird bald einer sein. Weißt du, wer Pat Dyer ist?«
    Er trank einen Schluck Bier. »Ich würde sagen, ein Waffenhändler …«
    »Genau, er wohnt in Marylebone. Seine Tochter ist heute verschwunden.«
    »Ja, hab schon von ihm gehört. Die Tochter ist ungefähr sechzehn, nicht?«
    Ich zögerte, verwundert über mich selbst, nicht danach gefragt zu haben. »Ähm, ja.«
    »Wie lange ist sie schon weg?«
    »Seit heute Morgen. Sie wollte sich mit einer Freundin treffen, kam aber nie dort an. Die Eltern haben’s erst vor ein paar Stunden erfahren.«
    »Dann wollen wir also nicht, dass sie noch mal zwölf Stunden weg ist, was?«, sagte er und sah mich über die großen Schatten unter seinen Augen hinweg an. »Du weißt ja, dass ich erst gerufen werde, wenn wir eine Leiche finden.«
    »Weiß ich.«
    »Der ewige Optimist.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Es schien mir sinnlos zu hoffen, dass sie gefunden würde. Die einzige Alternative, die mir einfiel, war, dass ihre Freundin gelogen hatte. Aber das passte nicht. Die Freundin hätte sie auf andere Weise gedeckt.
    »Ich brauche Sachen wie Überwachungsaufnahmen, Notizen zum Fall, Fotos, das Übliche.«
    »Hast du eine Personenbeschreibung?«, fragte er und zählte das Geld auf dem Tisch.
    »Langes dunkles Haar, blaue Augen, einen Leberfleck am Hals über dem Schlüsselbein.« In meinem Kopf jagten sich Bilder von Müllsäcken, malträtiertem Fleisch, Blut unter abgebrochenen Fingernägeln. Ich fragte mich, wie viel Geld nötig wäre, damit Brinks das jemandem antat. »Sie trug Jeans, schwarze Stiefel mit hohen Absätzen und ein schwarz-weiß gestreiftes Oberteil.«
    »Kann uns wohl nicht schnell genug gehen?«, sagte er und rieb sich die Augen.
    »Wenn sie lebend auftaucht, sind es schöne hundert Pfund, die ich verloren habe.«
    »Punkt für dich.« Er kniff sich in den Nasenrücken, ich stand auf und schlenderte zur Tür. »Im Ernst, das muss das letzte Mal gewesen sein.«
    »Ach, hör doch auf.« In der Tür lächelte ich ihn an. »Als hättest du eine Wahl.«
    »Ich meine es ernst …«
    »Danke, Geoff!«, rief ich, bereits vor dem Haus.
    »Leck mich am Arsch, Nic.«
    Ich hielt an einer Tankstelle, trank einen Energydrink und rief Pat Dyer an, obwohl ich nicht damit rechnete, dass er sich meldete. Der Morgen war bereits angebrochen, und der Stress lastete schwer auf meinen Augenlidern.
    Nach wenigen Sekunden ging Pat ans Telefon. Im Hintergrund brummte es schwach, als säße er im Auto. Es war erst das dritte Mal, dass ich mit ihm sprach, aber in meinem Kopf setzte sich bereits das Bild eines Mannes zusammen, der keinen Widerspruch und keine Konkurrenz duldete. Er sprach wie jemand, der es nicht nur nicht gewohnt war, unterbrochen zu werden, sondern der immer Ausschau nach Typen hielt, die so wirkten, als könnten sie es versuchen.
    »Ja?«
    »Hier ist Nic, Nic Caruana.«
    »Ah, ja. Clare sagt, Sie hätten ein paar Anhaltspunkte?«
    »Hm, ist im Moment schwer zu sagen, aber wie hieß noch mal Emmas Exfreund?«
    »Danny Maclaine. Aber um den brauchen Sie sich nicht zu kümmern, den hab ich gerade getroffen. Hab selbst ein paar Spuren.«
    »Ist es in Ordnung, wenn ich trotzdem mit ihm rede?«
    Pat schwieg eine Weile.
    »Er weiß nichts«, sagte er, und es klang herausfordernd.
    »Trotzdem würde ich gerne mit ihm sprechen.«
    »Glauben Sie mir, wenn er etwas wüsste, hätte er es mir verraten.«
    »Bestimmt, aber ich überprüfe so was lieber selbst.«
    Er wartete darauf, dass ich nachgab, aber ich konnte das Schweigen besser ertragen als er.
    »Na gut«, sagte er. »Aber er weiß wirklich nichts.«
    Er nannte mir eine Adresse in Edmonton und legte auf.
    Ich wendete den Wagen und dachte: Sie ist längst tot. Ich stellte das Radio an und verzog das Gesicht, als mich aggressiver Drum ’n’ Bass ansprang. Sofort machte ich es aus. An einer roten Ampel schloss ich kurz die Augen, musste sie mit Gewalt wieder aufreißen und malte einen Stern auf die beschlagene Fensterscheibe.
    Sie ist längst tot.
    Die oberen Fenster des Hauses in Edmonton waren mit

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