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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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ich.
    »Äh, Pat hat mich herbestellt«, sagte ich.
    »Aha.« Sie trat zur Seite, setzte ein Lächeln auf. »Super.«
    Fast wäre ich lieber draußen geblieben.
    »Hören Sie, das ist etwas unangenehm, aber Pat ist vor ungefähr fünf Minuten weggefahren«, sagte sie, als ich eintrat. »Ich bin Clare, seine Frau. Er hat gesagt … nun ja, er meinte, ich soll Ihnen alles sagen, was Sie wissen wollen.«
    Ihre Stimme hatte einen leichten Akzent, eindeutig schottisch.
    Die Planänderung erwischte mich auf dem falschen Fuß. Nicht weil sie eine Frau war, sondern weil die weibliche Neigung zu Gefühlsausbrüchen mich nervös machte.
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«, fragte ich, um einen möglichen Smalltalk zu umschiffen.
    »Heute Morgen, als sie aus dem Haus ging. Sie hätte um vier zurück sein sollen.«
    »Ach, wahrscheinlich ist sie bloß auf einer Party. Wenn ich zu so was gerufen werde, muss ich am Ende meistens ein zerknirschtes Kind von einem Rave nach Hause bringen.« Ich lächelte. »Ich bin dann schon froh, wenn sie mir nicht ins Auto kotzen.«
    »Kann sein, aber das glaube ich nicht.« Sie erwiderte mein Lächeln, jedoch mit dem Ausdruck eines Menschen, der wusste, dass ich selbst keine Kinder hatte. »Was sind Sie noch mal?«
    »Eine Art Privatdetektiv.«
    »Ach, wirklich? Ich habe gehört, Sie spüren Leute auf.«
    »Ja, das auch.«
    »Und bestrafen sie für ihre Taten?« Nicht ein Mal schweifte ihr Blick von meinem Gesicht ab. »Pats Worte.«
    »Ich …«
    »Verstehe.«
    »Das ist eine … eine ziemlich grobe Beschreibung meines Jobs.«
    »Na ja, PR war noch nie Pats Stärke.«
    »Hm, die meisten Menschen hängen ja auch ziemlich an ihren Kniescheiben.« Ich bereute den Tiefschlag sofort und drehte mich zur Haustür in der Hoffnung, Pat würde zurückkommen. »’tschuldigung.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.« Sie zeigte sich völlig unbeeindruckt. Ich hatte sie falsch eingeschätzt, hatte angenommen, sie hätte nicht viel Ahnung. »Ich mag Sie nicht. Ich habe Sie schon nicht gemocht, als ich hörte, dass Pat Sie anrief.«
    Ich wusste nicht genau, ob ich beleidigt oder belustigt sein sollte. »Schon in Ordnung.«
    »Möchten Sie sich hinsetzen?«
    Die gesamte Einrichtung war ein wenig zu imposant für das Haus. Ein Spiegel mit Goldrand im Flur vermittelte den Eindruck, dass man sich den Raum mit zu vielen Menschen teilte. Die Sofas im Wohnzimmer waren aus Leder, Fernseher und Computermonitor übertrieben groß. Ich stellte mir vor, dass wir in wenigen Jahren auf Bildschirme schauen würden, die Menschen in Lebensgröße zeigten – kein Unterschied mehr zwischen uns selbst und der Fiktion.
    Ich hockte mich auf die Sofakante, Clare stützte sich auf die Armlehne einer zweiten Couch. Sie trug keine Schuhe und hatte versucht, ihrem grauen Cocktailkleid mit einer Strickjacke den Chic zu nehmen. Vielleicht war es nur ihre Größe, aber für eine Frau hatte sie eine ziemlich einschüchternde Präsenz.
    »Wir haben bei ihrer Freundin angerufen, mit der sie sich heute treffen wollte, und die sagt, sie wäre nie angekommen«, bemerkte Clare.
    »Wo wollten sich die beiden denn treffen?«, fragte ich, froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
    »An der U-Bahnstation Tottenham Court Road, meine ich. Von da wollten sie wohl die Bahn nehmen, keine Ahnung.«
    »Haben Sie versucht, Ihre Tochter anzurufen?«
    »Wir beide, aber sie ist nicht drangegangen.«
    »Wie heißt ihre Freundin?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie das wissen müssen.«
    Es fiel mir schwer, den Argwohn in ihrem Gesicht auszuhalten. »Ich werde ihr nicht wehtun.«
    »Sie sind kein Gesetzesvertreter.«
    »Was macht das für einen Unterschied?«
    »Sie haben niemanden, der Ihnen sagt, wann Sie zu weit gehen.«
    »Warum glauben Sie, dass ich so jemanden brauche?«, fragte ich.
    »Den braucht jeder. Und wenn Sie den nicht bräuchten, würden Sie wohl eher im Rahmen des Gesetzes arbeiten als außerhalb.«
    Ich lächelte. Konnte es mir nicht verkneifen, auch wenn es vielleicht herablassend wirkte.
    »Sie haben keine besonders hohe Meinung von Menschen, was?«
    »Nein, nur von Ihnen nicht.«
    »Gut.« Ich legte den Kopf zur Seite. »Ich darf also nicht den Namen ihrer Freundin erfahren?«
    »Nein.«
    »Hatte Ihre Tochter einen Freund?«
    »Nein, sie haben sich vor einer Weile getrennt.« Clare setzte sich und legte die Beine auf die Couch.
    »Darf ich seinen Namen erfahren?«
    »Nein.«
    »Geben Sie Leuten überhaupt eine

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