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Kampf der Gefuehle

Kampf der Gefuehle

Titel: Kampf der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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von neuem anzugreifen. »Francis kann Ihnen bei Ihrem Treffen in keinerlei Hinsicht gewachsen gewesen sein«, stieß sie aufgebracht hervor. »Sie waren, wie man mir erzählt hat, gerade in der Stadt angekommen und waren damals noch kein Fechtmeister. Aber Sie hatten eine gewisse Erfahrung und verfügten zweifellos über mehr Reife. Warum in Gottes Namen konnten Sie ihm nicht einfach eine leichte Verletzung zufügen und anschließend erklären, dass Sie zufriedengestellt sind?«
    »Aus demselben Grund, aus dem diese Farce hier andauert«, erwiderte er, indem er geschickt eine Parade und eine Riposte ausführte. »Weil mir nicht die Gelegenheit dazu gegeben wurde. In der Nacht zuvor hatte es geregnet, das Gras war nass. Er führte einen heftigen Schlag aus, bei dem sein Degen in zwei Teile zerbrach, als er auf den meinen traf. Er rutschte aus und fiel nach vorn. Mein Degen ...« Er hielt inne und berührte die Narbe, die er an der Schulter hatte, kurz mit der linken, zur Faust geballten Hand.
    Die Narbe, die sie geküsst hatte. Und die Francis ihm zugefügt hatte.
    »Manchmal habe ich bei meinen Duellen eben Pech.«
    Ein schmerzvolles Gefühl befiel sie. Davon angestachelt, schaffte sie es, ihm ihr Rapier unter dem Arm hindurchzustoßen. Sie spürte, wie es sein Hemd, seinen Verband, seine Haut streifte. Im nächsten Moment hatte er sich wie ein Geist verflüchtigt, war blitzschnell zur Seite ausgewichen, um gleich darauf in einem Wirbel aus Stahl auf sie loszugehen, mit Bewegungen, deren Kraft und Schönheit faszinierend waren und deren Zielsicherheit etwas Tödliches hatte. Als er sich diesmal zurückzog, war die Spitze vom oberen Teil ihres Nachthemds verschwunden. Überdies war ein Träger durchtrennt worden, so dass der Stoff von einer ihrer Schultern herunterhing und sie zu entblößen drohte.
    »Sind Sie jetzt zufrieden?«, fragte er mit angespannter, nicht ganz sicherer Stimme.
    Sie spürte seinen Blick auf ihrer nackten Haut, emp-fand ihre halbe Nacktheit wie einen Schlag in die Magengrube. Sie hatte vorgehabt, mit Hilfe ihres wallenden, von züchtigen Nonnen angefertigten Nachthemds ein gewisses Maß an Respektabilität aufrechtzuerhalten. Jetzt wurde sie dieses Kleidungsstücks nach und nach beraubt. Der Schutz, den es ihr gewährt hatte, war nahezu verschwunden. Die Frage war, wie weit er noch gehen würde. Und was er tun würde, wenn sie völlig ungeschützt vor ihm stand.
    Ihre Hände zitterten, ihre Kehle hatte sich auf unerträgliche Weise zusammengeschnürt. Das wilde Durcheinander von Gefühlen, das in ihrem Innern herrschte und sich aus Wut und Verzweiflung, Angst und Erregung zusammensetzte, bereitete ihr Übelkeit. Es war höchst töricht von ihr gewesen, sich auf dieses gewagte Spiel einzulassen. Jetzt gab es keinen Ausweg mehr.
    Sein Blut, das Blut, das sie vergossen hatte, schimmerte im Kerzenlicht rötlich auf. Das steigerte die Übelkeit, die sie befallen hatte, noch. Was, wenn er an Francis“ Tod keine Schuld trug? Was, wenn sie ihn ohne Grund verletzt hatte?
    Sie senkte ihr Rapier, ohne den Griff, mit dem sie es gepackt hielt, zu lockern, und sah ihn unverwandt an. »Warum?«, fragte sie. »Warum haben Sie sich bereit erklärt, mich zu unterrichten? Wollten Sie sich lediglich über mich lustig machen?«
    »Nein, nein. Natürlich um Ihrer schönen Augen willen und weil wir einander so ähnlich sind, weil wir beide in der gleichen Falle sitzen.«
    »Und die wäre?«
    »Oh, nichts Gefährliches, lediglich Selbstmitleid.«
    »Selbstmitleid!«
    »Sie dachten, es sei Kummer?« Er streckte den Arm aus, um mit der Spitze seines Rapiers einen Fetzen schwarzer Spitze wegzuschnippen, der noch unten an ihrem Nachthemd hing. »Sie haben Francis vermisst, daran hege ich keinen Zweifel. Aber haben Sie auch wirklich um ihn getrauert, damals in Frankreich, in das sie so unbekümmert gereist waren, nachdem er sie allein gelassen hatte? Sehnten Sie sich danach, ihn bei sich zu haben? Oder verlangte es sie nur danach zu wissen, dass er gesund und munter war und das Leben eines bon vivant führte, nach dem es ihn so heftig gelüstete? War er es, den Sie vermissten, oder war es nur Ihr Traum vom Zuhause, jenem Ort, wo Sie immer willkommen sein würden und wo man Sie über alles lieben würde, statt Sie wie ein streunendes Tier, das nirgendwo hingehört, wegzugeben?«
    Ihr Herz schmerzte und drängte sich gegen ihren Brustkorb. Der Rücken ihrer Nase kribbelte von unzähligen unvergossenen Tränen, und jede

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