Kampf der Gefuehle
Rede zu stellen, weil mir das Ganze so unwahrscheinlich vorkam. Und das ist nun dabei herausgekommen.«
»Sie hat nichts davon erwähnt, dass sie eine Besorgung machen oder jemanden besuchen oder zur Anprobe zu ihrer Schneiderin gehen wollte?«
Maurelle schüttelte bedächtig den Kopf, und Solon folgte ihrem Beispiel.
»Hatte sie vor, die Stadt bald zu verlassen?«
»Davon hat sie mir nichts erzählt. Ich hatte ja gehofft, dass sie wieder zu ihrer Mutter und zum Rest ihrer Familie zurückkehrt, aber... oh!«
»Ich weiß Bescheid. Sie sind nicht indiskret gewesen.«
»Sehr freundlich von Ihnen, mir die Absolution zu erteilen.« Maurelle blickte weg, war aber so erleichtert, dass die Spannung aus ihren Schultern wich und sie ein wenig auf ihrem Stuhl zusammensackte.
»Sie hat keine Nachricht von dem Russen bekommen?«, fuhr Gavin in unerbittlichem Ton fort.
»Nicht dass ich wüsste, aber wie ich schon gesagt habe, war sie sehr verschlossen.«
»Haben Sie ihn heute gesehen?«
Maurelle schüttelte erneut den Kopf und seufzte.
Solon, dessen würdevolles Gesicht einen ernsten Ausdruck hatte, hob den Finger. »Ich habe ihn gesehen, monsieur. Er ging auf der Straße vorüber, während ich die Säuberung des Bürgersteigs beaufsichtigte. Möglicherweise hätte ich ihn gar nicht bemerkt, wenn er nicht so intensiv auf das Haus gestarrt hätte. Danach habe ich ihn noch zwei Mal gesehen. Zu meinem Bedauern muss ich sagen, dass er wahrscheinlich auf eine Botschaft von jemandem aus dem Haus wartete.«
»Von Madame Faucher?«
»Ich glaube nicht, monsi eur .«
Maurelle richtete sich auf ihrem Stuhl auf und sah den Butler an. »Wenn Sie etwas wissen, Solon, dann sagen Sie es bitte freiheraus.«
Der betagte Butler presste die Lippen zusammen und fixierte einen Punkt oberhalb von Gavins Kopf. »Das junge Dienstmädchen Adele hat sich vor kurzem neue Handschuhe und ein Set neuer Bänder gekauft. Zu meinem Bedauern muss ich sagen, dass sie dem Russen wohl Informationen hat zukommen lassen über ... über bestimmte Dinge, die ihn interessierten.«
» Alors «, rief Maurelle verärgert aus. »Ich werde ein ernstes Wort mit ihr reden.«
Unbändiger Zorn stieg in Gavin auf, den er jedoch unterdrückte. »Sie kennen Ariadne besser als sonst jemand«, wandte er sich an Maurelle. »Ist es möglich, dass sie zu ihm gegangen ist, dass sie die Stadt aus freien Stücken mit ihm verlassen hat?«
»Ohne ihre Koffer? Ohne die gerade gelieferte Trauerkleidung und ohne auch nur eine Haarbürste mitzunehmen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.«
Jetzt vermochte Gavin wieder frei zu atmen. »Ich verstehe, was Sie meinen. Hat der Russe sich von Ihnen verabschiedet? Hat er zufällig erwähnt, dass sein Schiff abfahrbereit ist?«
Während Maurelle den Kopf schüttelte, räusperte sich Solon. »Vielleicht lässt sich in den Schifffahrtbüros ...«
»Genau.« Gavin erhob sich und langte nach Hut und Stock. Ihre Haube war nicht weit von dem Ort, wo die meisten dieser Büros lagen, gefunden worden.
»Sie müssen sie finden«, sagte Maurelle mit besorgtem Gesicht. »Sie ist noch so jung, obwohl ihre Ernsthaftigkeit sie älter wirken lässt. Wenn ihr irgendetwas zustoßen sollte, wenn Nowgorodtschew ihr etwas zuleide tun sollte, würde ich mir das nie verzeihen.«
»Seien Sie unbesorgt«, sagte Gavin mit ruhiger Stimme. »Ich werde Sie finden, und wenn er bei ihr ist...«
»Sehen Sie sich vor, ja? Ihre Wunde ist noch nicht verheilt.«
Gavin erwiderte nichts. Darauf gab es nichts zu sagen, da Einwände keine Rolle spielen durften.
Schließlich war es Nicholas, der das für die Leodes zuständige Schifffahrtsbüro ausfindig machte. Nowgorodtschews Name stand nach wie vor auf der Passagierliste, und der dreimastige, in Südamerika registrierte Schoner würde am nächsten Morgen die Anker lichten. Der Kapitän war bekannt dafür, dass er in puncto Fracht, Mannschaft und Passagieren nicht sonderlich wählerisch war.
Die Information besagte nicht, dass der Russe irgendetwas mit Ariadnes Verschwinden zu tun hatte. Trotzdem ließ sie auf bestimmte Dinge schließen. Als Gavin die Nachricht erhielt, sah er seinen Halbbruder stirnrunzelnd an.
»Konntest du herausfinden, wo das Schiff liegt?«
Nicholas nickte so heftig mit dem Kopf, dass ihm eine seiner hellbraunen Locken in die Stirn fiel. »Das wird dir nicht gelallen.«
»Nichts, was ich bisher erfahren habe, veranlasst mich zu einem Freudentanz. Sag es mir.«
Nicholas tat es, und er hatte
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