Kampf der Gefuehle
zurück.
»Tatsächlich? Wenn Sie nicht so auf ihn fixiert wären, hätten Sie Ihr Witwendasein satt bekommen und meinen Antrag angenommen. Ja, und was macht dieser kalte Engländer? Er bemerkt Ihr Feuer und Ihre Leidenschaft und versucht, sich daran zu wärmen. Bewaffnet mit Floretten, tanzen Sie umeinander herum, wie um sich gegen die Gefühle zu verteidigen, die Sie zueinander hinziehen, und ich kann nichts dagegen unternehmen. Das ist widerwärtig, widerwärtig, sage ich Ihnen.«
Er redete, um sie abzulenken, aber das war eine Taktik, die sie ebenfalls anwenden konnte. »Sie irren sich schon wieder. Gavin Blackford ist weit davon entfernt, kalt zu sein.«
»So, so.« Saschas Brust schwoll an. Abrupt duckte er sich und stürzte sich auf den Waffenkasten zu ihren Füßen.
Sie hatte, wie sie in der kurzen Zeit, die ihr für eine Entscheidung blieb, erkannte, drei Möglichkeiten. Sie konnte ihm einen tödlichen Streich versetzen, indem sie den Säbel auf seinen Nacken und seinen Rücken niedersausen ließ, wie er es bei Gavin getan hatte. Sie konnte wegspringen und zulassen, dass er den zweiten Säbel an sich nahm, so dass sie es mit einem bewaffneten Gegner zu tun haben würde. Oder sie konnte die wenigen Sekunden, die er brauchte, um die Waffe an sich zu reißen, dazu nutzen, aus der Kabine zu fliehen. Ersteres brachte sie, wie er gesagt hatte, nicht fertig, das Zweite war zu gefährlich. Das Dritte hatte sie die ganze Zeit schon vorgehabt. Bevor Saschas Hand den anderen Säbel berührt hatte, stürzte sie aus der Kabine und rannte den dunklen schmalen, auf die Treppe zuführenden Gang entlang. Am oberen Ende der Treppe war ein schwacher Lichtschein zu sehen, was darauf schließen ließ, dass die Luke aufstand.
Sascha stieß einen lautstarken Fluch aus und setzte ihr mit schweren Schritten nach. Atemlos und in der Dunkelheit halbblind, raffte sie die Röcke hoch und kraxelte die steile Treppe empor.
Am oberen Ende der Treppe schlug ihr frische feuchte Nachtluft entgegen. Der wachhabende Matrose drehte sich um, so dass das Licht vom Kompasshaus auf sein Gesicht fiel.
»Schnapp sie dir, du Idiot!«, schrie Sascha, als er von unten auftauchte.
Der Seemann starrte sie mit offenem Mund an. Anscheinend stand ihm nicht der Sinn danach, sich mit einer Frau anzulegen, die einen Säbel in der Hand hatte. Mit bleichem Gesicht wich er zurück und streckte die Hände vor, als wolle er sie abwehren.
Ariadne hatte keine Zeit, sich über den Mann Gedanken zu machen, da Sascha mit blitzendem Säbel auf sie zurannte. Obwohl sie den Blick hoffnungsvoll über das Deck schweifen ließ, vermochte sie nichts zu entdecken, wohin sie hätte flüchten können, sah sie keine Möglichkeit, das Schiff zu verlassen außer über die Strickleiter, die an der Seite herunterhing. Während ihr der Wind die Röcke bauschte und an ihrem losen Haarknoten zerrte, bis ihr die Haare hexenhaft um den Kopf flatterten, drehte sie sich Sascha zu und brachte ihren Säbeln in die en garde-Position.
Sascha blieb abrupt stehen und starrte sie mit aufgerissenen Augen an. Dann stieß er ein Lachen aus. »So also möchten Sie es haben.«
»Wie sonst? « Aufmerksam beobachtete sie ihn und bereitete sich innerlich auf den Waffengang vor, indem sie Möglichkeiten abwog und vorausplante. Ihr Kopf schien wieder klar zu sein, ihre von der Droge herrührende Benommenheit war von ihrer Wut und vom kühlen Nachtwind weggefegt worden.
Er riss grüßend seine Säbel hoch und nahm ihr gegenüber Aufstellung. »Wie Sie wünschen.«
Für ihren Kampf stand ihnen keine genau abgemessene Fechtbahn aus Segeltuch zur Verfügung. Ihre piste bestand aus einem Stück Deck, das auf der einen Seite von der Reling des Schiffs und auf der anderen von einem Durcheinander aus Tauen, Tonnen, Fässern, Sägen und Hämmern begrenzt wurde. Trotzdem war diese behelfsmäßige Fechtbahn nicht viel anders als eine normale, bloß dass sie aufgrund des Winds und der Strömung des Flusses hin und her schwankte. Langsam umkreisten sie einander, wobei Ariadne Distanz hielt, da Saschas Fechtarm länger war als der ihre. Sie musste ihn den ersten Schritt machen lassen, alles andere wäre reine Dummheit gewesen. Sie hoffte, dass er versuchen würde, sie allein durch Kraft und Ungestüm zu überwältigen. Das würde ihr die Möglichkeit geben zu kontern, würde ihr etwas an die Hand geben, das sie gegen ihn verwenden konnte.
Er ließ keine Präliminarien zu, wie es beim Fechten mit Floretten
Weitere Kostenlose Bücher