Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kampf der Gefuehle

Titel: Kampf der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
eher einen lebenden Lehrer als einen toten.
    »Sie haben von weiteren Einzelheiten gesprochen«, sagte sie mit gepresster Stimme.
    Nachdem er einen ausgedehnten Moment lang reglos dagestanden hatte, deutete er ein Nicken an. »ln der Tat. Lassen Sie uns von Durchhaltevermögen und Atemtechnik, der Positionierung der Füße, Kreidelinien und vor allem von der Beherrschung reden.«
    »Beherrschung.« Während er sprach, hatte sie tief Luft geholt. Mit Erleichterung stellte sie fest, dass ihre Stimme jetzt einigermaßen ausgeglichen klang.
    »Unserer Waffen wie auch unserer selbst«, erklärte er, um sogleich fortzufahren: »Kommen Sie, stellen Sie sich hier auf die piste .«
    Er unterließ es, sie anzufassen, und gab ihr nur mit einer eleganten Geste seiner Hand zu verstehen, wo sie sich hinstellen sollte. Mit zusammengepressten Lippen nahm sie ihren Platz ein und drehte sich ihm zu. Sein Gerede von Beherrschung ließ darauf schließen, dass er ihre Verwirrung doch bemerkt hatte. Das ging nicht an. Er durfte unter keinen Umständen annehmen, dass ihrer Einstellung zu ihm etwas Persönliches anhaftete. Ihr Stolz würde es ihr nicht gestatten, weibliche List anzuwenden, um ihn in die Falle zu locken. Überdies würde ihr das in keiner Weise Genugtuung bereiten.
    »Und jetzt«, sagte er mit ernstem Gesichtsausdruck, während er sich zu ihr auf den Segeltuchstreifen gesellte, »strecken Sie bitte Ihre Arme auf diese Weise aus.«
    Sie folgte seinem Beispiel und streckte die Arme vom Körper weg, so gerade, wie die enganliegenden Ärmel ihres Kostüms es erlaubten. Dann ging er mit ge-spreizten Knien in die Hocke, wobei sein rechter Arm ausgestreckt blieb, während er den linken so anwinkelte, dass seine Hand sich in Kopfhöhe befand.
    »Gehen Sie auch in diese Position.«
    Sie tat, wie er ihr geheißen hatte, obwohl sie merkte, wie sie knallrot wurde. Ihr ganzes Leben lang hatte man ihr eingeschärft, dass eine Dame beim Sitzen oder Stehen nie die Knie spreizte. Sie vorsätzlich zu spreizen — und noch dazu vor diesem Engländer — war, als gebe sie jegliche Sittsamkeit auf. Das Ganze hatte etwas Anzügliches, ja, Erotisches, obwohl ihr bewusst war, dass es sich dabei um eine typische Position beim Fechten handelte, wie sie sie schon oft in der Oper und im Theater gesehen hatte.
    »Weiter nach unten«, sagte er. »Sie müssen Ihre Knie stärker beugen. Und heben Sie die Arme höher.«
    Ihre Röcke breiteten sich auf dem Fußboden aus, während sie dem ersten Befehl nachkam. Ihre engen Ärmel hinderten sie jedoch daran, die Arme höher zu heben. Sie zerrte an dem Stoff, der ihre Schultern einschnürte, und versuchte, ihn weiter nach oben zu ziehen.
    Er schüttelte den Kopf. »Lassen Sie das, das bringt nichts. Allerdings werden Sie etwas Bequemeres tragen müssen, wenn wir weitermachen. Und jetzt heben Sie Ihre Hacken, bis Sie auf den Zehenspitzen stehen. Jetzt wieder nach unten. Auf und nieder. Und noch einmal. Exzellent. Diese Übung werden Sie jeden Morgen und jeden Abend hundert Mal machen, um die Beinmuskulatur zu stärken. Sehen Sie?«
    »Ja.« Was sie sah, war das Spiel der Muskeln in seinen langen Beinen, war seine Männlichkeit, die sich undeutlich in seinem Schritt abzeichnete. Als sie den Blick abwandte und hochsah, bemerkte sie, dass seine Augen amüsiert funkelten. Offenbar verstand er ihr Unbehagen, hielt es jedoch für unangebracht. Vielleicht meinte er auch, dass sie kein Recht habe, sich zu beklagen, da sie sich das Ganze selbst zuzuschreiben hatte. Und sie würde sich auch nicht beklagen, obwohl sie die Zähne zusammenbiss, bis ihre Kiefermuskeln schmerzten.
    »Bien. Und jetzt machen Sie einen Ausfall, und zwar so.«
    Er ballte die Faust, als hielte er ein Florett in der Hand, und ließ seinen rechten Arm vorschnellen. Die Bewegung war so geschmeidig, als hätte er sie schon unzählige Male gemacht, als wäre sie für ihn etwas so Natürliches wie das Atmen. Sie erfolgte rasch und lautlos und wurde mit solcher Kraft ausgeführt, dass seine Faust in unmittelbare Nähe ihrer Brust gelangte. Seine Gesichtszüge waren wie erstarrt, seine Augen undurchdringlich, als hätte er alle Gefühle ausgeschaltet und sich derart in sich selbst zurückgezogen, dass niemand ihn mehr zu erreichen vermochte. Wenn er einen Degen in der Hand gehabt hätte, dann wäre sie jetzt tot gewesen, das wusste sie mit Sicherheit.
    Sie war nicht zurückgezuckt und hatte sich auch sonst nicht bewegt. Das war ein gewisser Trost.
    Als er

Weitere Kostenlose Bücher