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Kandide oder die beste aller Welten

Kandide oder die beste aller Welten

Titel: Kandide oder die beste aller Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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müssen ein recht großes und prächtiges Landgut haben, sagte Kandide zum Türken. Weiter nichts als zwanzig Hufen, antwortete der Alte. Die bau' ich mit meinen Kindern an. Arbeit verscheucht die drei schlimmsten Feinde von uns, die Langeweile, das Laster und den Mangel.
    Kandide behielt diese Rede des Türken und bewegte sie in seinem Herzen. Ha, sagt' er zu Panglos und Martin, dieser gute Greis scheint sich ein Los verschafft zu haben, das dem Lose der sechs Könige, mit denen wir die Ehre gehabt zu speisen, weit vorzuziehen ist.
    Nichts gefährlicher in der Welt als Größe, sagte Panglos. Hierin stimmen alle Philosophen überein. Denn schließlich ward
Eglon
, der König der Moabiter, durch
Ehud
gemeuchelmordet;
Absalon
an den Haaren aufgehängt und mit drei Spießen durchstochen; König
Nadab
, der Sohn
Jerobeams
, ward durch
Baesa
getötet, König
Ella
durch
Simri
und König
Joram
und
Ahasja
durch
Jehu
, Königin
Athalja
durch den Priester
Jojada
; die Könige
Jojakim
,
Jojachin
und
Zedekia
wurden Sklaven. Ihr wißt das elende Ende von
Krösus
,
Astyages
,
Darius
,
Dionys von Syrakus
,
Pyrrhus
,
Perseus
,
Hannibal
,
Jugurtha
,
Ariovist
,
Cäsar
,
Pompejus
,
Nero
,
Otto
,
Vitellius
,
Domitian
,
Richard
dem
Zweiten
von England,
Eduard
dem
Zweiten
,
Heinrich
dem
Sechsten
, den drei
Richards
,
Marie Stuart
,
Karl
dem
Ersten
, den drei
Heinrichen
von Frankreich, vom Kaiser
Heinrich
dem
Vierten
? Ihr wißt – – –
    Ich weiß auch, sagte Kandide, daß unser Garten muß angebaut werden. Da haben Sie recht, sagte Panglos; denn wie Gott den Menschen in den Garten Eden setzte, setzte er ihn deshalb herein, ut operaretur eum, daß er ihn bebaute. Der beste Beweis, daß der Mensch nicht zur Ruhe geschaffen ist. Laßt uns arbeiten, ohne alle Vernünfteleien, sagte Martin. Das ist das einzige Mittel, sich das Leben erträglich zu machen.
    Dies lobenswürdige Vorhaben unterstützte die kleine Gesellschaft tätig. Das kleine Gütchen trug viel ein. Kunegunde war grundhäßlich, wußte aber ganz treffliche Pasteten zu backen; Trudehen stickte und nähte; die Alte besorgte die Wäsche. Sogar Bruder Viola blieb kein unnützes Rad am Wagen; er wurde ein sehr guter Tischler, ja sogar ein rechtschaffner Kerl.
    Und Panglos sagte manchmal zu Kandide: Jegliche Begebenheit im menschlichen Leben gehört in die Kette der Dinge. Denn wären Sie nicht Baroneß Kunegundens halber mit derben Fußtritten aus dem schönsten aller Schlössser gejagt, von der Inquisition nicht eingezogen worden, hätten Sie nicht Amerika zu Fuße durchwandert, dem Herrn Baron nicht einen tüchtigen Stoß mit dem Degen versetzt, nicht all' ihre Hammel aus dem guten Lande Eldorado eingebüßt, so würden Sie jetzt nicht hier eingemachten Zedrat und Pistazien essen. Gut gesagt! recht gut! sagte Kandide, allein wir müssen unsern Garten bestellen.

Informationen zum Autor
    François Marie Arouet de Voltaire
    Voltaire wurde am 21.11.1694 in Paris geboren, er starb am 30.05.1778 in Paris. Voltaire war der Sohn eines Finanzbeamten, der ihn in dem Jesuitenkollegium Louis le Grand erziehen ließ. Nach Beendigung der Gymnasialstudien (1711) sollte Voltaire die Rechte studieren, fand aber daran keinen Geschmack und wandte sich ausschließlich der Philosophie und den schönen Wissenschaften zu. In diese Zeit fallen seine ersten Oden und der Entwurf zur Tragödie »Œdipe«. Um ihn auf andre Gedanken zu bringen, sandte ihn der erzürnte Vater 1713 als Pagen mit dem Marquis de Châteauneuf, der als französischer Gesandter nach Holland ging, nach Den Haag.
    Wegen eines Liebeshandels nach Paris zurückgeschickt, wurde er Schreiber bei einem Anwalt. Bald darauf folgte er dem Marquis de Caumartin auf sein Landgut St.-Auge bei Fontainebleau; die Begeisterung seines Wirtes für Heinrich IV. und die genaue Kenntnis desselben vom Zeitalter Ludwigs XIV. gaben V. die ersten Anregungen zu zweien seiner Hauptwerke. Der Autorschaft einer nach Ludwigs XIV. Tod erschienenen Satire auf den Regenten verdächtig, mußte er in die Bastille wandern (1717).
    Die unvorsichtige Teilnahme an einer Hofintrige hatte bald darauf seine Ausweisung aus Paris zur Folge. Ein Streit mit dem Chevalier von Rohan-Chabot, der ihn durch seinen Bedienten prügeln ließ, und den er zum Zweikampf forderte, brachte ihn 1726 zum zweitenmal in die Bastille. Er hielt sich von 1726-1729 in England auf und kehrte 1729 nach Paris zurück.
    Auf die wiederholten Einladungen Friedrichs II. zog er 1750 nach Berlin, wo er

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