Kann das auch für immer sein?: Sommerflirt 3 (German Edition)
»Mir ist klar, dass das gerade vermutlich kein guter Zeitpunkt ist, um damit anzufangen, aber wir haben nicht oft Gelegenheit, uns in Ruhe zu unterhalten. Nathan ist nicht der Richtige für dich, das weißt du. Sicher, er spricht viel, während man mir manchmal jedes Wort aus der Nase ziehen muss. Aber du und ich … Amy …« Er hält inne, und ich spüre, dass er nach den richtigen Worten sucht, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Für jemanden, der in der Öffentlichkeit kaum etwas sagt, ist es schwerer, seine Gefühle offen auszusprechen, als einen Floh auf hundert Meter Entfernung zu treffen. »Wir sind einfach richtig .«
Das Problem ist, dass ich fürchte, mein Herz hält keine weitere Trennung von Avi aus. Ich bin total auf Gefühl programmiert, ich kann nichts dagegen tun. Im Guten wie im Schlechten. Meine negative Grundeinstellung und mein Hang zum Drama machen einen großen Teil von mir aus. Avi dagegen hat Defizite, wenn es darum geht, Gefühle zu zeigen, Ängste zuzulassen und mal ein Drama aus was zu machen. Ich habe mich zwar nur auf dieses Bootcamp-Programm eingelassen, um bei ihm zu sein, aber vielleicht wollte Gott mir auf diese Weise auch einen Fingerzeig geben, dass wir einfach zu verschieden sind.
»Ich würde immer Angst haben, dass ein klügeres oder hübscheres Mädchen dich mir wegnimmt. Hör zu, ich mache dir keinen Vorwurf daraus, dass Liron dir gefällt. Sie ist wunderschön, sie kann Mauern hochklettern, Seile erklimmen, und sie hat ein Gewehr. Wenn ich auf Mädchen stehen würde, würde ich auch auf sie abfahren.«
»Hör mir einfach nur zu, okay?«
Meine Entschlossenheit gerät schnell ins Wanken. Ich verspüre den kindischen Drang, mir mit den Händen die Ohren zuzuhalten und la, la, la, la, la, la zu singen, damit ich nicht hören muss, was zwischen Avi und Liron gelaufen ist. Aber ich kann mich wohl nicht ewig vor der Wahrheit verstecken.
»Okay, Avi. Erzähl mir, warum du Liron geküsst hast.«
21
Manchmal tut die Wahrheit weh … aber man darf sich nicht alles davon kaputt machen lassen. Bei den Israelis könnte man direkt Unterricht in Sachen »Leben« nehmen.
Wir fahren nach Norden, Richtung Tiberias. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich Israelis, die dasselbe machen wie wir zu Hause – Kinder toben auf Spielplätzen herum, Jugendliche spielen Fußball, und Leute sitzen in Restaurants. Ich frage mich, warum die Israelis sich nicht benehmen, als würden sie in einem Kriegsgebiet leben. Wie können sie so willensstark sein? Wie kommt es, dass sie trotz des Wissens darum, dass manche ihrer Nachbarländer nichts lieber täten, als ihr Land von der Landkarte zu fegen, ein unbeschwertes Leben führen?
Ich wappne mich für die Wahrheit – bereit, zu hören, was wirklich zwischen Avi und Liron passiert ist. Wie ihr wisst, bin ich selbst zur Hälfte Israelin. Da kann ich mich auch wie eine verhalten und jedes Hindernis in Angriff nehmen, das sich mir in den Weg stellt. Zumindest glaube ich, dass ich es kann.
»Jetzt, wo deine Safta im Krankenhaus liegt, ist wahrscheinlich nicht der beste Zeitpunkt, darüber zu reden, aber vielleicht bekommen wir keine andere Gelegenheit.«
»Das lenkt mich zumindest ab. Dann kann ich mir nicht die ganze Zeit einen Kopf darüber machen, was mit ihr ist. Leg los, Avi. Ich muss es wissen.«
»Das Überlebenstraining war ein totales Psychospiel«, beginnt er zu erzählen. »Schlafmangel, die Augen verbunden bekommen, am eigenen Leib erfahren, wie es ist, von Terroristen gefangen gehalten zu werden. Wir mussten uns authentisches Filmmaterial ansehen, das Juden zeigte, die brutal ermordet wurden, nur weil sie Juden oder Israelis waren. Einige der Leichen waren derart verstümmelt, dass man sich gefragt hat, ob sie von Menschen oder von Tieren so zugerichtet worden sind. Das lässt einen echt an Gott zweifeln, denn warum sollte er zulassen, dass so etwas geschieht? Am Schluss kotzt du dir die Seele aus dem Leib. Das macht einen so fertig, dass alle – auch die härtesten Typen – zusammenbrechen und weinen wie die Babys. Dann wird der Schmerz durch Wut und Rachegelüste verdrängt. Unbändiger Zorn sickert aus jeder Pore deines Körpers. Ich war so durch den Wind, dass ich manchmal nicht mal mehr wusste, ob das meine eigenen Gedanken sind, und dann war ich wieder so wütend, dass ich nur noch losrennen und jeden Terroristen eigenhändig töten wollte.«
Ich sehe ihn an, wie er den Kopf schüttelt und langsam ausatmet. Ich bin mir
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