Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Erklärungen«, wiederholte der Fremde, dessen Gesicht hinter dem dunklen Helmvisier verborgen blieb. »Wir müssen fort sein, wenn die Eliminatoren hier eintreffen. Komm, Lidia.«
Komm, Lidia … Woher kannte der Fremde den Namen, den sie in einem anderen Leben getragen hatte?
»Wer sind Sie?«, fragte Diamant.
Die Gestalt zögerte kurz, griff dann nach den Siegeln am Hals, löste sie und nahm den Helm ab. Zum Vorschein kam eine junge Frau, ihr schwarzes Haar ebenso lockig wie das von Diamant, die Augen ebenso groß. Die Ähnlichkeit war unverkennbar.
»Sie sind … du bist …«
»Ja, ich bin deine Schwester Aida.«
Diamant starrte die junge Frau groß an. Ihre Schwester Aida war als Kind gestorben, als Siebenjährige am Ufer des Sees auf Xandor von einem Felsen gestürzt. Sie erinnerte sich daran, an ihrem Grab gestanden zu haben, zum letzten Mal an einem kalten Tag vor fast zweihundertfünfzig Jahren, in Begleitung einer ihr fremden Frau, die damals mit ihrer Familie dort zu Hause gewesen war, wo Diamant als Lidia DiKastro einen großen Teil ihrer Kindheit verbracht hatte. Ganz deutlich erinnerte sie sich an den Schnee, der nicht nur ein Grab bedeckte, sondern drei: das ihrer Schwester Aida und auch die beiden anderen, in denen ihre Eltern ruhten, Roald DiKastro und Carmellina Diaz.
»Das ist unmöglich«, sagte Diamant und hatte das schreckliche Gefühl, den Verstand zu verlieren. »Du bist als Kind gestorben. Du …«
Aidas Blick huschte an ihr vorbei in die »Richtung«, aus der sie gekommen waren. Ihr Gesicht zeigte Sorge. »Ich kann deine Verwirrung verstehen, und glaub mir, ich würde dir gern alles erklären, jetzt sofort, aber wir müssen fort von hier! Bitte hab Vertrauen. Wenn du gestattest … Den Helm brauche ich, um das Rettungsboot zu finden.« Sie setzte ihn auf und eilte erneut durch das Chaos einer Umgebung, die sich bei jeder einzelnen Bewegung grundlegend zu verändern schien.
Diamant folgte ihr aus einem Reflex heraus und sah über die Schulter, als sie ein sonderbares Geräusch hörte. Der greise Vater Mjoh war viel weiter entfernt, als es eigentlich der Fall sein sollte, hockte weit oben auf der Spitze eines bergartigen Aggregats, das unter ihm immer breiter wurde. Neben ihm hatte sich in der leeren Luft ein … Loch gebildet, und eine metallene Schlange kroch daraus hervor, mit einem Leib, der aus zahlreichen einzelnen Segmenten bestand.
»Ein Wurm!«, rief Aida. »Ein automatischer Mechanismus, der auf die Signaturen der Kantaki und der K-Technik reagiert. Vermutlich ist er auf das Rettungsboot angesetzt, aber … Vater Mjoh ist ihm zu nahe.«
Die Gestalt im Kampfanzug, der erneut eine andere Farbe gewann, blieb stehen und hob eine Hand zum Helm. »Vater Mjoh, meiden Sie den Wurm!« Gleichzeitig mit diesen Worten tönte ein lautes Klicken durch den Maschinensaal.
Der alte Kantaki hob den dreieckigen Kopf und wollte sich abwenden, aber das metallene Schlangenwesen war viel schneller. Es sprang aus dem Loch, das Diamant an die Öffnung erinnerte, aus der Esmeraldas Mörder getreten war, und schoss auf den Kantaki zu.
Aida riss einen eiförmigen Gegenstand vom Gürtel und warf ihn.
Das kleine Ei entwickelte ein sonderbares Eigenleben, schien sich zu orientieren, beschleunigte und raste zur metallenen Schlange, die sich vom greisen Kantaki abwandte – offenbar erkannte sie die ihr drohende Gefahr. Das Ei dehnte sich, wurde etwas länger und bekam eine Spitze, bohrte sich damit in den Wurm.
Es blitzte, das Donnern einer Explosion grollte durch den Maschinensaal, und die Schlange platzte auseinander. Diamant beobachtete, wie Vater Mjoh von einigen Splittern getroffen wurde, doch mehr sah sie nicht, denn Aida riss sie mit sich. »Sie wissen jetzt, wo wir sind!«, kam es aus dem Helmlautsprecher.
»Wohin willst du?«, fragte Diamant. »Hier gibt es nur die Maschinen des Nexus.«
»Und einen Kausalitätspunkt, an dem das Boot auf uns wartet. Das Helmvisier ist mit ihm synchronisiert.«
Ein Lichtpunkt tanzte an Diamant vorbei, und zunächst dachte sie, dass es sich um ein weiteres visuelles Phänomen der Hyperdimension handelte, aber plötzlich gab Aida ihr einen Stoß, der sie zur Seite taumeln ließ – dadurch entging sie knapp einem Kontakt mit einem weiteren Lichtpunkt, der wie aus dem Nichts gekommen war und in einem dunklen Aggregat verschwand. Einen Sekundenbruchteil später erzitterte nicht nur der Boden, sondern alles um sie herum.
»Die Dinger sehen harmlos aus,
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