Karibik Träume... und zwei Leichen
Aber die meisten.“ Er starrte betrunken vor sich hin. „Venezuela is´ gut für Urlaub“, lallte er. „Auf Margarita, oder in Oriente. Für `n´ paar Wochen. Ressort oder Hotel un´ `n´ Zaun drum. Un´ der Mob bleibt draußen.“ Er zündete sich eine Zigarette an. „Aber hier leben? … Glaub mir, das is´ nix für Europäer. Zwei Jahre hälts´ du `s aus. Dann bis´ du fertig mit diesem Land.“ Er wankte gefährlich. „Hier gibs nich´ ma´ Leute, um dich vernünftich zu unnerhal´n.“
„Keine Europäer?“ Ich versuchte ihn zu fixieren.
„`N paar. Hippies un´ Bomb´nleger unten in Choroni un´ längs der Küste. Künstler, Idealisten un´ so´n Pack. Un´ jede Menge gescheiterter Existenzen.“ Er nippte an seinem Rum. „Ein´n hab´ ich Ma´ kenn´ngelernt. N´ Engländer. Oh, Mann, dachte ich, ein Landsmann. Na ja, fast n´ Landsmann für n´ Schott´n. Immerhin UK. Kam zu uns in die Anlage und stellte sich vor. Zog ´ne Karte raus. „Vice President“ von, keine Ahnung wie seine Bude hieß.“ Er zog an der Zigarette. „Erzählte, er wohnt am Flughafen in `nem Riesenhaus. Bin dagewes´n. Ha! Riesenhaus war `n Hangar, wo er inner Hängematte pennt.“ Er lachte verächtlich. „Aber Vice President! Wow! … Ich lach´ mich tot.“
Kurz darauf musste er kotzen. Ich schleppte meinen gestrandeten Freund die Treppe hoch und verfrachtete ihn in sein Bett. Kaum, dass ich ihn abgeladen hatte, musste auch ich mich übergeben. Mit einem üblen Geschmack im Mund warf ich mich auf eines der vielen Betten und schlief, wie tot, sofort ein.
Am nächsten Morgen wurde ich durch ein Rütteln an meiner Schulter geweckt. Ich hatte einen Mords-Brummschädel und wäre am liebsten gestorben. Aber das Leben hatte kein Erbarmen mit mir. Der Kunde wartete. Bob´s Frau hatte uns Frühstück gemacht und schimpfte über die zwei Borrachos und den Dreck, den wir in der Bar hinterlassen hatten und den sie wegmachen musste. Ich kannte sie von früher und eigentlich ist sie eine nette Person. Wir mochten uns. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Wir waren noch halb besoffen, deshalb kam das Donnerwetter nur zum Teil bei uns an. Wie zwei Schuljungen, die beim Äpfel klauen erwischt wurden, grinsten wir uns an, wenn sie nicht hinsah. Schließlich trollten wir uns und fuhren die paar hundert Kilometer zum See von Maracaibo, wo das Ölfeld lag.
Hier oben ist es noch wärmer. An die vierzig Grad sind normal. In dieser Gegend leben die Ureinwohner, die noch in ihren typischen, traditionellen Pfahlbauten wohnen. Als die spanischen Eroberer kamen und diese Art Häuser sahen, erinnerten sie diese Bauten an Venedig. Weswegen sie dann auch diesem Landstrich dann den Namen „Klein-Venedig“ gaben. Venezuela .
Nun, der Job den ich zu machen hatte, war nicht sonderlich schwer. Der Kunde hatte für seinen neuen Anlagenteil verschiedene Lieferanten, die ich koordinieren und kontrollieren sollte. Ich hatte zwischen ihnen zu vermitteln, wenn es Probleme bei Schnittstellen gab, ihnen bei der Montage über die Schulter zu sehen und war das Bindeglied zwischen ihnen und dem Kunden. Arbeitszeit von sieben bis sechs, bei Bedarf länger. Bis auf weiteres Samstag und Sonntag frei. Dafür gab es dreihundertfünfzig US-Dollar am Tag, Essen in der Kantine und ein Bett in der Containerstadt frei. Nichts um Reichtümer anzuhäufen, aber ok. Besser als zu Hause nichts zu tun. Ich machte mich an´s Werk. Kaum zwei Stunden später kam Bob verschwitzt und verdreckt in unseren Bürocontainer und reichte mir sein Mobiltelefon.
„Hier. Dayana hat angerufen. Meldet sich gleich wieder.“ Er trank einen Schluck aus dem Wasserspender, setzte sich den Helm wieder auf und verschwand in die Hitze.
Ich schluckte. Das Telefon begann zu klingeln.
„Ja?“, sagte ich trocken.
„ Lobo? “ Dayana. Como estas?“ Sie klang genauso kleinlaut, wie Bob und ich heute Morgen. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, sprach sie doch immer etwas leise.
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück. “Na ja! Nicht so gut. Bob und ich haben gestern gesoffen.“
Sie lachte. „ Tienes raton ?“
„Aber hallo! Und was für einen Kater!“
„ Borracho!“ Da ich nichts sagte, fügte sie nach einigen Sekunden hinzu: „Ich wollte mich bei dir entschuldigen. … Dass ich nicht zu Hause war, als Du kamst.“
„Versteh´ ich. Keine Panik“, gab ich knapp zurück.
„Du bist nicht böse?“
„Ich war enttäuscht.
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