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Verborgen im Niemandsland

Verborgen im Niemandsland

Titel: Verborgen im Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
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Erstes Kapitel
     
    D er Himmel über der berüchtigten australischen Sträflingskolonie New South Wales hatte die graue Farbe eines schmutzigen, verschlissenen Putzlappens, und ein nasskalter, böiger Wind, der von der offenen See her über die britische Kolonie herfiel, setzte den Wellen in der keilförmigen Bucht von Sydney weiße Schaumkappen auf. Die Windböen wirbelten in den Straßen der Hafenstadt Sand und Abfälle auf und schleuderten diesen Dreck den Sträflingen, Soldaten und freien Siedlern in dichten, wirbelnden Wolken geradezu höhnisch ins Gesicht, wohin diese sich auf ihrem Weg auch wendeten.
    Das hässliche Wetter war wie ein Spiegel von Cleo Pattersons aufgewühlter Stimmung, als sie sich an diesem ungemütlichen Morgen auf den Weg zur Garnison der verhassten Rotröcke, der Soldaten vom New South Wales Corps machte. In der Frau des ersten Gefängniswärters loderten unversöhnlicher Hass und ohnmächtige Wut darüber, dass Abby sie im Kerker überlistet und sie um ihre Rache gebracht hatte. Das Baby, das Abby in der Zelle zur Welt gebracht hatte und das sie, Cleo, ihr hatte wegnehmen und später an ein Bordell verkaufen wollen, hatte dieses raffinierte Biest doch wahrhaftig unter ihren Augen in die Freiheit schmuggeln können! Wie hatte sie darüber vor Wut geschäumt! Nicht einmal im Suff war es ihr möglich gewesen, diese schmähliche Niederlage verwinden und vergessen zu können.
    Aber damit nicht genug, war es ihrer Erzfeindin doch auch noch gelungen, vom Sträflingsschiff Phoenix zu entkommen1 , das sie mit anderen Verbannten auf die tausend Seemeilen entfernte Insel Norfolk Island hatte bringen sollen. Eine von Gott verlassene Insel, die sogar die abgebrühtesten unter den Verbrechern als Hölle auf Erden fürchteten.
    Auch jetzt, vier Tage nach der unglaublichen Begegnung mit Abby, erschien es ihr immer noch wie ein grässlicher Albtraum, dass diese Person in der Kutsche tatsächlich Abby gewesen war. Aber zum Teufel noch mal, sie war keiner Sinnestäuschung auf den Leim gegangen! Nicht den geringsten Zweifel hatte sie gehabt, dass es Abby und niemand sonst gewesen war. Der Teufel sollte alle holen, die ihr hämisch vorgeworfen hatten, mal wieder zu viel billigen Branntwein in sich hineingekippt zu haben und Gespenster zu sehen. Und Pest und Krätze insbesondere über den verfluchten jungen Soldaten, der sich von Abby und ihrem Mann, dem freien Siedler Andrew Chandler, so plump hatte täuschen lassen, statt ihre Flucht zu vereiteln und sie auf der Stelle zu verhaften!
    »Aber wenn du glaubst, dass ich die Hände in den Schoß lege und dich entkommen lasse, dann hast du Miststück dich getäuscht! Verdammt soll ich sein, wenn ich eher Ruhe gebe, als bis sie dich räudige Ratte wieder eingefangen und auf die Hölleninsel gebracht haben!«, fluchte Cleo vor sich hin, als sie die Gassen des übel beleumundeten Viertels The Rocks mit seinen unzähligen schäbigen Tavernen und anderen Lasterhöhlen hinter sich gelassen hatte und die Garnison unterhalb der Festung nun vor ihr lag. Sie wusste, an wen sie sich zu wenden hatte, damit der Gerechtigkeit Genüge getan wurde - und sie zu ihrer verdienten Rache kam! Unter den Offizieren des korrupten New South Wales Corps gab es einige, die selbst ein großes Interesse daran hatten, dass Abby Lynn Chandler auf der Hölleninsel von Norfolk elendig zugrunde ging. Und bei ihnen würde sie Gehör und die nötige Anerkennung für ihre unglaubliche Entdeckung finden!
    Als Cleo das große Geviert mit den Baracken der Soldaten und den etwas besseren Offiziersunterkünften betrat, fand auf dem sandigen Hof gerade eine Auspeitschung statt. Unter gewöhnlichen Umständen hätte Cleo dem Mann, der mit nacktem Oberkörper an ein mannshohes Dreibein aus drei in die Erde gerammten Holzpfosten gefesselt stand und den Rücken blutig geschlagen bekam, keine weitere Beachtung geschenkt. Bestrafungen dieser Art gehörten zum Alltag in der Sträflingskolonie, wurde doch das berüchtigte »Botany Bay Dutzend«, fünfundzwanzig Schläge mit der neunschwänzigen, knotigen Lederpeitsche, schon für die lächerlichsten Vergehen verhängt. Doch an diesem Morgen blieb sie einen Augenblick stehen und sah der Auspeitschung mit grimmiger Genugtuung zu. Zu hören, wie die Lederriemen, in die Knoten geflochten waren und an deren Ende Eisenspitzen hingen, auf den Rücken klatschten und das Blut nur so spritzen ließen, weckte in ihr eine Art von innerem Jubel, sah sie vor ihrem geistigen

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