Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit ich denken kann, wollte ich unbedingt ein Buch schreiben! Zwischendurch hielt ich es zwar für einen verklärten Kindheitstraum, obwohl Bücher seit jeher von mir regelrecht verschlungen werden und ich sehr, sehr gerne schreibe - Briefe, Texte, Memoranden, usw. Doch nach meinem letzten Arbeitstag im April 2006 setzte sich dieser altbekannte Gedanke wieder neu bei mir fest: »Sabine, schreibe endlich das Buch, dass du immer schon schreiben wolltest!« Ich beschloss, daraus einen meiner Vorsätze für die vor mir liegende freie Zeit zu machen. Immer dann, wenn ich über das Thema nachdachte, kam ich mir prompt selber in den Sinn: Warum nicht über den Menschen schreiben, den ich am besten kannte? Zudem konnte ich feststellen, dass ich mit meinen Themen nicht allein da stand. Es interessierten sich plötzlich viele Menschen in meiner näheren und weiteren Umgebung für die Beweggründe meines Ausstiegs und die Pilgerreise, die ich plante. Warum nicht die Antworten auf diese Fragen in einem Buch verarbeiten? Letztendlich gab dann der eine wesentliche Gedanke den Anstoß, zum Thema dieses Buches wirklich mich selbst zu machen: Ich hatte Abschied genommen, um neu aufzubrechen und um mir einen neuen Weg zu suchen - genau dem wollte ich für mich ganz allein durch das Schreiben meiner Geschichte nachspüren.
Ich wollte bewusst Abschied nehmen. Von der Sabine, die mir selbst immer fremder geworden war. Ich wollte Abschied nehmen von der materiellen Sicherheit durch den festen Job als Geschäftsleiterin, Abschied von einem Leben, das aus überwiegend Arbeit bestand. Abschied von einem Leben, das mir viel Kraft und Motivation genommen hatte. Abschied von einem Leben, das für mich als Frau kein Familienleben zugelassen hatte. Von der Verantwortung, die mir immer mehr zur Last geworden war. Und ich wollte Abschied nehmen von der eigenen Unzufriedenheit, die nicht im Äußeren begründet war, sondern im tiefsten Inneren brodelte. Ich wollte nicht mehr länger über die Frage nach dem Sinn in meinem eigenen Leben nachdenken, ohne überhaupt die Zeit dazu zu haben.
Ich wollte aufbrechen in ein neues unbekanntes Leben und noch mal von vorn beginnen. Ich wollte mich erinnern, was an vergangenen Träumen und Sehnsüchten noch in mir übrig war. Ich wollte einen Aufbruch, um auf dem Jakobsweg zu pilgern. Einen Aufbruch, um Antworten auf meine Fragen zu finden. Aufbruch, um mich neu orientieren zu können, ohne dabei alten Ballast mit mir herumschleppen zu müssen. Aufbruch, um einen neuen Sinn zu finden. Aufbruch in eine Verantwortung nur für mich selbst. Ich wollte aufbrechen, in eine Zeit, in der ich endlich lernte, mich so zu lieben, wie ich bin und nicht wie ich meinte, sein zu müssen, damit ich geliebt werde.
Ich wollte einen neuen Weg hin zu einem Beruf, der meinen Leidenschaften entsprechen sollte: Menschen und Schreiben. Einen neuen Weg hin zu einer Frau mit eigener Familie. Einen neuen Weg, der mir Zeit lassen sollte und der mich zur Ruhe kommen lassen sollte. Einen neuen Weg, der mich stark und weich zugleich sein lässt. Einen neuen Weg, der von innen heraus aus mir begangen wird. Einen Weg, der meiner ist.
Ich habe nun einen Weg gefunden, der wirklich meiner zu sein scheint, und weil man einen Weg nie allein gehen kann, teile ich gerne meine Geschichte mit Ihnen - wenn Sie mögen. Vielleicht finden Sie sich in einigen Passagen wieder, in anderen sind sie eventuell ganz anderer Meinung als ich - am Ende stimmen Sie mir hoffentlich zu, dass wir nur durch die Begegnung mit uns selbst und mit anderen Menschen wachsen können.
Sabine Dankbar
1. Advent 2008
I. Mut zu Lebensbrüchen
Zum ersten Mal hörte ich vom Jakobsweg in einer Unterhaltung mit meiner Freundin Susanne, die wir während eines gemeinsamen Spazierganges führten. Auch heute noch ist mir die Situation sehr gegenwärtig. Es war ein schöner, später Frühlingstag im Jahr 2003. Wir befanden uns in einem zauberhaften, lichten Wäldchen bei Telgte, der Krippen- und Wallfahrtsstadt nahe Münster. Bei unserem Spaziergang passierten wir ein großes Christuskreuz, das inmitten des Waldes stand. Wir verharrten dort einige Minuten und genossen die Stille, die nur vom Vogelgezwitscher und dem Rascheln der Bäume unterbrochen wurde. In uns breitete sich eine wohltuend leise Stimmung aus, die Natur nahm uns auf eine besondere Weise gefangen. Wir spazierten weiter, unsere Gespräche drehten sich um Glaube und
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