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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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und ihr Äußeres dreht. Die Frauen, die nach außen tough und cool wirken und sich im Grunde ihres Herzens nach Menschlichkeit und Wärme sehnen, deren harte und kantige Gesichtszüge genau diese inneren Kämpfe widerspiegeln. Mir sah man anscheinend Letzteres auch schon an.
    Aber es heißt ja: Zeit heilt alle Wunden. Dies traf auch für mich zu. Meine Eltern, meine vier Geschwister und deren Familien, auch meine Freunde halfen mir über diese schwere Zeit hinweg. Sie luden mich ein, versuchten mich abzulenken, zeigten mir ihre Zuneigung und Liebe auf vielfältige Weise. Der Beruf tat sein Übriges. Meine Arbeit wurde in noch höherem Maße zu meinem Lebensmittelpunkt. Meine Tage begannen morgens sehr früh und endeten spät. Meine Fahrtzeit von Münster nach Ochtrup zu meinem Arbeitsplatz bei bianca, knappe 40 Minuten, nicht eingerechnet. Meine Tage waren reich an Begegnungen, sowohl privat wie geschäftlich. War ich dann einmal allein, versuchte ich die Zeit in vollen Zügen zu genießen. Ich las viel und verschlang ein Buch nach dem anderen.
    Aber es fehlte etwas in meinem Leben und so machte sich immer häufiger Unzufriedenheit in mir breit. Ich hatte oft Phasen, in denen ich mich schwer motivieren konnte und nach außen negative Signale sendete. Was fehlte mir? War es die Sehnsucht nach einem Mann, nach einem Kind? Endlich jemanden zu finden, der sich ohne Wenn und Aber für mich entschied, für mich mit allen meinen Stärken, Schwächen, Träumen und Sehnsüchten. Jemand, der vom Zusammenleben ähnliche Vorstellungen wie ich hatte, der keine Angst vor Nähe und Verantwortung empfand, der eine Beziehung als Bereicherung und nicht als Einengung für das gemeinsame Leben wertete. Nach Hause zu kommen, die Anwesenheit eines Menschen zu spüren, willkommen geheißen zu werden, gemeinsam zu Abend zu essen, ohne sich erst wieder einen Sozialkontakt organisieren zu müssen. Die Tür aufmachen zu können, ohne dass mich eine dunkle Wohnung empfing und ich erst Licht und Radio anschalten musste, um mich nicht so allein zu fühlen. Meine Erlebnisse vom Tag ganz einfach erzählen zu können und dem anderen zuzuhören. Sich vielleicht die gemeinsame Lieblingsserie im Fernsehen anzuschauen, dabei gemütlich auf dem Sofa Rotwein zu trinken und sich aneinander zu kuscheln. Sex zu haben und nicht allein ins Bett gehen zu müssen. Sich das alles vorzustellen und es nicht zu haben, das war einfach quälend. Diese Gedanken einfach beiseite zu schieben, war ein Akt der Unmöglichkeit. Ich kann zwar gut allein sein, möchte aber nicht einsam sein.
    Mich selbst zu lieben war zu dem Zeitpunkt so verdammt schwer. Wie auch, fragte ich mich selbst, wenn man niemanden findet, der vorbehaltlos ja zu einem sagt. Mein Selbstvertrauen war oft im Keller, schneller als gewöhnlich ließ ich mich verunsichern. Dies verspürte ich ebenso in meinem Beruf, oft fehlten mir Ruhe und Gelassenheit. Das Sich-selbst-in-Frage-Stellen war ein häufiger Begleiter in dieser Zeit. Wie weit hatte mein Beruf, mein über die Maßen voller Einsatz für unser Unternehmen, mit meiner privaten Situation zu tun? In mir gärte es.
    Ich kaufte zwei weitere Reisetagebücher und las sie sofort. Die Suche nach dem Sinn in meinem eigenen Leben beschäftigte mich zunehmend, ich reflektierte mich selbst und mein Dasein. An diesen Gedankenprozessen ließ ich nur ganz wenige teilhaben. Mein Alltag lief wie gewohnt, die Arbeit beanspruchte mich sehr. Ungeachtet dieser Tatsachen war mein Aktivitätsindex, sowohl privat wie beruflich, weiterhin sehr hoch. Ich war oft unterwegs, besuchte meine alten Freundinnen in Süddeutschland, schaute mir die Kunstausstellung »MOMA« in Berlin an, probierte ständig Neues aus, wie zum Beispiel einen Tauchkurs, flog mal eben für eine Woche mit einer guten Bekannten auf die Malediven. Ich verspürte eine fieberhafte Lebenslust. Andererseits löste dies alles zwischendurch auch Phasen der Melancholie und Traurigkeit aus. Es waren einfach Lückenfüller, natürlich nicht die Begegnungen mit meinen Freunden, aber alles andere diente der Ablenkung und Zerstreuung. Vielleicht fand ich gerade deshalb wieder häufig den Weg zur Kirche, entweder ging ich in den Dom in die kleine rechte Turmkapelle, um eine Kerze anzuzünden, oder ich besuchte die Kirche des Kapuzinerklosters bei mir in der Nähe. Ich bin und war immer sehr mit meinem katholischen Glauben verbunden, aber in dieser Zeit empfand ich den kirchlichen Raum der Stille noch stärker als

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