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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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heiß, in der Nacht lausig kalt - sorgten dafür, dass ich mir wieder einmal eine dicke Erkältung holte. In der zweiten Nacht unserer Wanderung hatten wir sogar Neuschnee und mussten uns am Morgen durch eine 20 Zentimeter dicke Schneeschicht kämpfen. Die Bergwelt faszinierte mich. Zum ersten Mal erreichte ich aus eigener Kraft so hoch oben die Berge. Vorher kannte ich das Hochgebirge nur tief verschneit und war mittels einer Gondel oder eines Liftes zum Skifahren hinaufgefahren. Nun waren Gu und ich manches Mal in der Nähe von Gipfeln, wo ein Skitourist oder normaler Spaziergänger nie auftauchen würden. Jetzt eröffnete sich mir ein ganz anderer Blick. Ich fühlte mich dem Himmel ganz nah. Das Wolkenspiel dort oben zu erleben war viel atemberaubender als unten im Tal. Zum ersten Mal konnte ich den Ausdruck »das Dach der Welt« im Zusammenhang mit dem Himalaja verstehen. Die Farben waren überwältigend. Das tiefe, dunkle Grün der Tannen neben dem satten, leuchtenden Grün der Bergwiesen, die durchsetzt waren mit unzähligen blühenden Wildblumen. Die verschiedenen Grauschattierungen der Felswände hoben sich gegen das Blau des Himmels ab. Das Wasser der Bergseen schimmerte von Tiefgrün bis Helltürkis. Ziegen und Kühe begleiteten oft mit ihrem Geläut unseren Weg. Ab und zu sahen wir auch Gämsen oder erhaschten einen Blick auf Murmeltiere. Einmal donnerte eine Herde von Pferden, die sich dort oben frei bewegen konnte, an uns vorbei. Die Natur beschenkte uns reich und wir tankten dort oben, fern von der Zivilisation, ganz viel Kraft und tiefe Lebensfreude. Die wenigen Menschen, die wir unterwegs oder auf den Hütten trafen, waren freundliche und liebenswerte Zeitgenossen. Selten begegnete uns ein Miesepeter. Ich denke, das Erleben der Natur macht einen zugänglich, offen und neugierig. Gu strahlte, dass ich an unserer Wanderung, trotz aller Anstrengung, so viel Gefallen fand. Ich glaube, für ihn war dies eine gewisse Erleichterung. In den Bergen wandern zu können, verbunden mit dem Erleben der Natur und dem Spüren des eigenen Körpers ist sehr wichtig für ihn. Dass ich das mit ihm teilte, machte ihn glücklich, mich aber auch. Während des Wanderns sprachen wir viel über unsere gemeinsame Zukunft. Bevor wir gefahren waren, hatte Gu bei meinen Eltern, ohne dass ich davon wusste, um meine Hand angehalten. Ganz altmodisch, so wie es früher üblich war. Er erzählte mir erst davon, als meine Mutter in einem Telefonat mit mir davon etwas erwähnt hatte. Gu sagte: »Bevor ich dir den Heiratsantrag mache, wollte ich eben das Einverständnis deiner Eltern.« Was hätte er bloß gemacht, wenn meine Eltern Nein gesagt hätten? Und wann hatte er vor, mich zu fragen? In einer der sternklaren Nächte in den Dolomiten, sogar die Milchstraße war zu sehen, nahm er mich jedenfalls fest in den Arm und flüsterte mir in mein Ohr: »Ich verspreche dir, dass wir noch sehr, sehr viele solcher Nächte gemeinsam erleben werden. Bis wir alt und grau sind.« Seine Worte, dazu dieses unvergleichlich schöne Himmelszelt, unter dem wir standen, rührten mich. Die Sterne hoben sich wie tausend, funkelnde, kleine Lichter vom nachtschwarzen Himmel ab, es war wie eine Verheißung für unser ganzes Leben. Es war, als wenn »die Liebe durch den Himmel auf die Erde kommt und ein Stück Erde zum Himmel wird.« (Elmar Gruber)
    Eine Woche nach unserer Rückkehr standen die Kartons mit den gedruckten Unterlagen für meine kleine Firma bei uns im Flur. Sie zu öffnen und darin die fertigen Geschäftspapiere und das Präsentationskonzept zu sehen, war einfach aufregend. Nun hatte ich es nochmals schwarz auf weiß: Ich war selbstständig und jetzt hieß es Vollgas geben. Der Internetauftritt stand ebenfalls, und als ich zum ersten Mal meine eigene Seite aufrief, bekam ich eine Gänsehaut. Auch nach einigen weiteren Malen hatte ich mich noch nicht daran gewöhnt. In den folgenden Tagen machte ich mich daran, meine Konzeptmappe mit einem entsprechenden Schreiben an potenzielle Kunden zu versenden. Teilweise übergab ich sie auch persönlich.
    Die Resonanzen waren in den nächsten Tagen und Wochen überwiegend positiv, wobei sich zunächst wenig Konkretes daraus ergab. Ich war realistisch genug, meine eigenen Erwartungen am Anfang nicht zu hoch zu schrauben. Ich wusste, dass die meisten Berater durch zufriedene Kunden weiterempfohlen werden. Darauf konnte ich natürlich noch nicht bauen. Ich hatte nur die Chance, zu überzeugen, wenn ich zu

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