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Katakomben (van den Berg)

Katakomben (van den Berg)

Titel: Katakomben (van den Berg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Prayon
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platzen
können vor Wut. Der Versuch, ruhig zu bleiben, scheiterte. Ein Bierglas, das
halbvoll auf der Spüle klebte, landete mit Karacho auf den Kacheln. Grimmig und
doch ein wenig abgekühlt betrachtete er die kleinen Glassplitter, die sich
größtenteils um den Abfluss versammelten. Beinahe zwei Jahre waren sie ein Paar
gewesen. Länger als mit Marie hatte er es nie mit einer Frau ausgehalten und
das, obwohl er schon 45 war. Er wusste im Grunde, dass er eigentlich zu keiner
Beziehung fähig war.
    Van
den Berg schaute angriffslustig in den Spiegel und fuhr mit seinen kräftigen
Händen durch sein dichtes mittellanges blondes Haar, dann über seine
Bartstoppeln. Hatte er zugenommen? Wenn, dann nur ein wenig. Sein Sixpack war,
zumindest ansatzweise, noch vorhanden.

 
    Die
Kathedrale St. Michel war in ein mattes Licht getaucht. Nichts deutete darauf
hin, dass irgendwas anders war, als an jedem anderen Tag. Der kleine, mit
dünnen Bäumen bepflanzte Park, der vor der Kirche lag, war beinahe
menschenleer. Nur ein Clochard hielt sich in der Nähe des Gotteshauses auf,
drei Stunden hatte er auf einer Bank gelegen. Es war der 25. November, der
erste Advent kündigte sich an. Seit Tagen regnete es in der Stadt, die
Temperaturen hatten stark angezogen. Der Stadtstreicher hatte vor einer Weile damit
begonnen, eine Flasche mit billigem Wodka zu leeren und war dabei
eingeschlafen. Der Nieselregen wurde jetzt stärker. Der Alte hatte sich in eine
dicke zu große Tarnjacke gewickelt, wie man sie beim Militär hat, dazu trug er eine
schmutzige lilafarbene Hose, die grotesk aussah. Die dünne Decke, die er bis
ins Gesicht gezogen hatte, war längst zu einem kalten nassen Lappen geworden. Plötzlich
drang ein Knall durch die ruhige Nacht, so, als hätte jemand eine Autotüre
zugeschlagen, aber es klang heftiger. Es war ein blechernes Geräusch, auf das
sich der Penner keinen Reim machen konnte. Er hörte, wie ein Wagen beschleunigte.
Das war kein gängiger Benzinmotor, eher schon ein Diesel. Der Alte wunderte
sich über den Lärm, denn er wusste, dass der Bereich vor der Kirche für Autos
gesperrt war. Dann wurde es still. Mit seiner zittrigen Hand riss der
Obdachlose den wasserdurchtränkten Fetzen beiseite, stand auf und taumelte ein
paar Meter durch den Regen. Es dauerte eine Weile, bis er es schaffte, sich zu
orientieren. Der Mann hatte Mühe, das Gleichgewicht zu halten, stolperte mehr
in Richtung der Kirchentreppen, als das er lief. Es ärgerte ihn, dass die Beine
nicht gehorchen wollten. Nun stand er vor den schmalen Stufen, die ihm
unendlich vorkamen. Er hatte noch immer Probleme, die Balance zu halten, immer
wieder kippte er nach vorn. Sein Magen fing an zu rebellieren. Der Mann stützte
sich mit seinen erfrorenen Händen auf einer Stufe ab, dann kotzte er den Wodka
und das bisschen Linsensuppe auf seine rissigen Hände, die von der Kälte bläulich
schimmerten. Der Clochard war zäh, und an den Gestank von Erbrochenem hatte er
sich in den Jahren auf der Straße gewöhnt. Langsam aber zielstrebig tapste er
die Stufen hinauf. Auf der Hälfte verließen ihn die Kräfte, die Knie zitterten
auf dem kalten Stein. Dieses Scheiß Rheuma, dachte er. Er richtete seinen Blick
nach oben und sah durch die Bindfäden, dass etwas vor dem Eingang der Kirche
lag. Was es war, blieb ihm verborgen - seine müden Augen kämpften mühsam gegen
das künstliche Licht und die feinen Tropfen. Der Mann holte tief Luft und
schaffte es auf allen Vieren bis an die Pforte. Mit dem Ärmel wischte er sich das
Nass aus den brennenden Augen und blickte auf ein Mädchen, das hilflos auf dem
Rücken lag. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Miene ein einziger Hilfeschrei.
Der Clochard erhob sich, während er das Mädchen fixierte. „Was ist mit ihnen?“,
lallte er. Keine Reaktion. Der Alte schüttelte sich, in der Hoffnung so seine
betäubten Sinne schärfen zu können. Er legte seine kräftigen Arme um den Körper
der jungen Frau und rüttelte sie so heftig er konnte. Der Vagabund war auf
einmal wieder ganz klar. Sein Magen zog sich zusammen, als er begriff, dass das
Mädchen tot war.
    Das
blasse, ungeschminkte Gesicht der jungen Frau war zu einer schiefen Grimasse
verzerrt, aber der Clochard sah, dass sie unglaublich schön war. Er fixierte
ihre braunen sanften Augen und die makellose weiche Haut. Er schätzte sie auf
achtzehn oder neunzehn Jahre. Was sie anhatte, erschien ihm merkwürdig, nicht
nur weil es viel zu dünn war für die Jahreszeit. Die

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