Katzenmond
Haar zu einem Sechziger-Jahre-Pferdeschwanz frisiert, und ihre magere Figur in einem Go-go-Kleidchen mit kniehohen weißen Stiefeln machte den Retro-Look perfekt.
Sharah war Chases Freundin, und Chase war früher
mein
Freund, aber uns war klargeworden, dass wir keine Zukunft hatten, also hatten wir uns getrennt. Jetzt waren wir gute Freunde. Sharah war in diese Lücke geschlüpft, und sie schienen sich zusammen sehr wohl zu fühlen. Jedenfalls war ich klug genug, mein neugieriges Näschen da herauszuhalten.
Sie reichte mir ihr Geschenk für Iris, und ich legte es zu den anderen auf den Beistelltisch. Die Kellnerin kam und nahm reihum unsere Bestellungen auf. Iris durfte natürlich keinen Alkohol trinken, also orderte sie ein Glas Orangensaft. Camille bestellte sich Rum-Cola, Nerissa einen Mai Tai, Sharah und ich wollten Zuckende Zombies und Menolly einen Blutigen Vamp – in Wahrheit einfach Blut, aber der Name klang natürlich cooler.
»Hier, die musst du heute Abend tragen.« Camille holte ein glitzerndes Strassdiadem mit einem kleinen Schleier daran hervor und drückte es Iris auf den Kopf.
»Nur, wenn ihr euch auch was Albernes aufsetzt.« Iris wackelte mahnend mit dem Zeigefinger, und Nerissa verteilte ihre funkelnden Prinzessinnen-Krönchen. Iris sah grinsend zu, wie wir uns die Pappkronen aufsetzten, und rückte ihr Diadem zurecht.
Lady Gagas
Born This Way
begann, und Menolly und Nerissa entschuldigten sich und gingen tanzen. Die beiden waren ein aufsehenerregendes Paar, und während ihr Tänzchen immer aufreizender wurde, zogen sie Blicke von beiden Ufern auf sich. Ich unterdrückte ein amüsiertes Schnauben – ein paar der Frauen sahen neidisch aus, andere starrten die beiden an, als wären sie das Schärfste seit Erfindung des Teppichmessers. Nicht direkt eine Lesbenbar, von wegen. Die meisten Männer schienen sich nämlich weder für die beiden noch für sonst jemanden zu interessieren außer füreinander.
Eine ganz schön groß gewachsene Rockerbraut berührte Camille am Arm. »Willst du tanzen?«
Camille blinzelte verwundert, doch dann grinste sie und eroberte die Tanzfläche zu
Weapon Of Choice.
Die Bikerbraut, einen Arm um Camilles Taille geschlungen, sah mächtig beeindruckt aus – Camille hatte sich schon in der Musik verloren und wirbelte nur so über die Tanzfläche.
»Es ist so schön, sie lächeln zu sehen«, flüsterte Iris mir zu.
»Ja, ich habe mich nach Hytos Attacken gefragt, wie sie darüber hinwegkommen soll.« Ich beugte mich vor, so dass nur Iris mich hören konnte. Der Lärm hier drin war ohrenbetäubend.
»Es wird eine Weile dauern, bis sie wirklich ganz darüber hinweg ist, aber ich denke, irgendwann schafft sie das. Ihre Männer sind da eine große Hilfe, vor allem Smoky, obwohl das bestimmt nicht ganz einfach für sie ist, weil er seinem Vater so ähnlich sieht.«
Sharah beugte sich über den Tisch. »Die Sitzungen mit Nerissa helfen ihr auch. Und zumindest hat Hyto sie nicht mit irgendeiner Krankheit angesteckt.«
»Meine Schwester ist sehr stark – trotzdem, Hyto hätte es beinahe geschafft, sie zu brechen. Aber sie hat noch alles überstanden.«
Allerdings konnte ich meinem Vater nicht verzeihen, dass er nicht für Camille da gewesen war, nachdem er erfahren hatte, was passiert war. Er hatte in unserem Wohnzimmer gesessen, sich von ihr angehört, was für Gräueltaten der wahnsinnige Drache an ihr verübt hatte, und dann war er gegangen – das hatte mein Herz gegen ihn verhärtet. Seine eigene Tochter entführt und vergewaltigt, und er ging einfach wieder … Unser Cousin Shamas hatte damit gedroht, nach Hause zu reisen und ihn deshalb zur Rede zu stellen. Wir hatten ihn vorerst davon abgebracht, aber ich hatte das Gefühl, dass er wütend genug war, um es trotzdem zu tun, ob wir damit einverstanden waren oder nicht.
Iris tippte im Takt der Musik mit den Fingern auf den Tisch, als die anderen von der Tanzfläche zurückkamen.
»Hättest du auch gern getanzt?«, fragte Menolly.
Iris schüttelte den Kopf. »Keine so gute Idee. Mir ist etwas übel.«
Sharah reichte ihr eine kleine Packung Cracker. »Hier, die müssten helfen.«
Iris knabberte einen Cracker. »Ich sehe Geschenke, die nur darauf warten, ausgepackt zu werden.« Mit leuchtenden Augen deutete sie auf den Haufen Päckchen auf dem Beistelltisch. Wir hatten die Geschenke der Jungs auch mitgebracht.
»Noch nicht«, sagte ich und wechselte einen Blick mit Camille und Menolly. Ich war für die
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