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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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sage es dem Falkenlord”, seufzte er mit einem Schulterzucken.
    “Ich spreche mit Kaylin”, fügte Caitlin hinzu.
    Kaylin Neya saß mit vor der Brust verschränkten Armen im Westzimmer und blickte auf dem Tisch, der vor ihr stand. Dort lag eine in zwei Teile geschnittene Kerze.
    “Liebes”, sagte Caitlin behutsam, “ich
glaube
, du solltest sie
anzünden
.”
    Kaylin murmelte etwas von Licht und Orten, an denen es nicht schien. Sie war die Jüngste von Marcus’ Falken, und das merkte man.
    “Er ist wirklich ein netter älterer Herr”, setzte Caitlin an.
    “Angeblich sind die
alle
‘nette ältere Herren’.” Kaylin erhob sich aus dem Stuhl, als wäre sie eine Miniaturausgabe von Marcus. Andererseits trug sie Stiefel statt nackter Pranken, und ihre sehr menschliche Art neigte nicht dazu, Klauen und lange Zähne zu zeigen. “Sie sind arrogant, sie schwafeln, und sie glauben, sie wissen alles.”
    “Sie wissen eine ganze Menge …”
    “Sie wissen eine ganze Menge unnützen Kram! Eine Kerze anzünden?” Sie verdrehte die Augen. “Ich kann in fünf Sekunden eine Kerze anzünden, und zwar auf die normale Art. Ich kann einen Mann genauso leicht umbringen wie jeder Magier – und wahrscheinlich auffälliger.” Ihre Hände legten sich auf ihre Dolche und blieben dort. “Ich kann schneller rennen, ich kann weiter sehen, ich kann …”
    “Kaylin”, sagte Caitlin und hob beide Hände, “niemand zweifelt an deinen Fähigkeiten als
Falke
. Du bist ein Offizier der Hallen der Gesetze.”
    “Und wie soll mir
das hier
helfen?”
    “Hast du die Kerze halbiert, Liebes?”
    “Sie ist nicht von selbst so geworden.”
    “Nein, das kann ich mir vorstellen.” Caitlin zuckte mit den Schultern. “Du hast bereits mehrere kaiserliche Magier verärgert. Ich glaube, für die Falken wird es am besten sein, wenn es nicht noch
mehr
werden.” Sie hielt inne. “Du musst mit ein bisschen Arroganz einfach rechnen, Kaylin. Diese Männer sind alt, sie haben im kaiserlichen Dienst überlebt, und man hält sie für Experten auf ihrem Gebiet. So wie du immer auf Macht reagierst, die nichts mit den Falken zu tun hat, erwähne ich wohl lieber nicht, dass diese Männer auch
mächtig
sind. Und du beleidigst ihr Lebenswerk.”
    Kaylins Lippen waren zu einer Linie zusammengepresst, die man dünn nennen konnte. Oder unsichtbar. “Ich will kein Teil von deren Lebenswerk sein”, sagte sie schließlich. “Ich will Teil von
meinem
Lebenswerk sein. Ich will – und zwar seit dem ersten Tag, als ich euch allen vorgestellt worden bin – ein Falke sein.”
    “Du
bist
ein Falke, Kaylin.”
    “Die Falken beschäftigen keine Magier.”
    Caitlins Lächeln erstarrte. “Dir ist schon klar, dass sie nicht aufhören, herzukommen, nur weil du sie ärgerst?”
    “Ich kann es aber versuchen.”
    Der Gesichtsausdruck der älteren Frau gab dem Wort “angestrengt” eine neue Bedeutung. “Ich glaube, der Falkenlord will dich sprechen. Schon wieder.”
    Kaylin sackte in sich zusammen. Sie ging an Caitlin vorbei und verließ das Zimmer.
    Im Turm des Falkenlords gab es eine prächtige Treppe, die sich an der inneren Wand in einer immerwährenden Spirale nach oben schlängelte. Gute Steinmetzarbeit, gekrönt von einem Messinggeländer, und das Echo schien sich ewig fortzusetzen, wenn es an den Wänden abprallte.
    Oder an den Brustpanzern der Wachen auf den verschiedenen Stockwerken, an denen Kaylin vorbeiging.
    Sie nickte ihnen zu, und diese nickten zurück. Wenn ihnen nach einem spöttischen Grinsen war, verkniffen sie es sich, und das war auch gut so. Ein Streit auf dieser Treppe konnte zu Verletzungen führen. Und danach zu noch mehr Verletzungen, die dann einem Leontiner zuzuschreiben waren. Marcus sah es nicht gern, wenn die Falken einander in den Hallen bekämpften. Er hatte es allerdings schon lange aufgegeben, hinter Falken her zu sein, die sich nach einem Drink zu viel in ihrer Freizeit in die Haare bekamen.
    Die Tür zum Allerheiligsten des Falkenlords, mit dem verhassten Schutzzauber, war wie immer verschlossen. Kaylin verzog das Gesicht, legte ihre Handfläche flach auf den Türgriff und wartete, während das vertraute Kribbeln der Magie ihren Arm hinaufkroch und ihre Haare aufstellte. Als sie die Tür zum ersten Mal berührte, hatte sie sich fast um den Verstand geflucht. Zu Kaylins Pech waren ihr die meisten Flüche über die Lippen gekommen, als die Türen sich bereits öffneten. Die gewölbte Höhle, von der aus der Falkenlord

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