Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora (German Edition)
Londoner Adresse, der Name des Absenders jedoch fehlte. Stirnrunzelnd blickte der alte Mann sich im Treppenhaus um, doch er konnte niemanden entdecken. Wer auch immer das Päckchen hier abgelegt hatte, er war schon längst wieder verschwunden.
Verwundert schüttelte Aleksander den Kopf. Er schloss die Wohnungstür, verriegelte sie sorgfältig und schlurfte, das Paket in der Hand, langsam zurück ins Wohnzimmer. Auf dem Weg dorthin schüttelte er den kleinen Karton vorsichtig neben seinem Ohr. Er hörte ein leises Rascheln, mehr nicht. Das Paket war sehr leicht und nur wenig größer als eine Zigarettenschachtel – es konnte also nicht allzu viel enthalten.
Im Wohnzimmer nahm er sich seine Lesebrille vom Tisch und studierte den Karton noch einmal genauer. Auf der Oberseite hatte jemand mit Kugelschreiber die Adresse notiert, mehr war jedoch nicht zu finden. Es gab weder eine Briefmarke noch ein Stempel noch irgendeinen anderen Hinweis auf die Herkunft des Päckchens.
Aleksander seufzte. Er löste den mit einem Klebestreifen fixierten Deckel, hob ihn hoch – und stieß einen kurzen Entsetztensschrei aus. Reflexartig warf er den geöffneten Karton auf den Boden, wich einige Schritte zurück und beobachtete voller Ekel, wie eine dicke, schwarze Spinne benommen aus dem Paket gekrochen kam.
Wer um alles in der Welt schickte ihm eine lebende Spinne? Was war das nur für ein geschmackloser Scherz?
Doch gleich darauf wurde ihm klar, dass es sich hierbei um kein normales Tier handelte. Die Spinne kam nicht nur zielstrebig auf ihn zu, sondern änderte auch rasant ihre Gestalt, wuchs zu einem über zwei Meter großen Dämon heran, dessen abstoßendes Gesicht ein mörderisches Grinsen zeigte.
Aleksander reagierte sofort.
Er mochte zwar alt sein, und sich auch nicht mehr allzu schnell bewegen können – doch in seinem verbrauchten Körper wohnte nach wie vor ein frischer Geist ... und den Text des nötigen Schutzzaubers kannte er noch immer auswendig.
Während er langsam nach hinten ging, sprach er mit brüchiger Stimme die vertraute Formel. Das Grinsen auf dem Gesicht des Dämons wich zuerst einem Ausdruck des Erstaunens, dann begannen seine rotglühenden Augen unsicher zu flackern.
Damit hatte dieser widerwärtige Teufel wohl nicht gerechnet!
Aleksander stieß mit dem Rücken an einen Schrank. Ohne sich umzudrehen, den Blick fest auf das Scheusal vor sich gerichtet und nach wie vor den Zauber sprechend, öffnete der alte Mann hinter sich eine der Schubladen. Mit den Fingern durchsuchte er deren Inhalt und nach wenigen Sekunden hatte er ertastet, was er brauchte: ein kleines Glasfläschchen und eine dicke silberne Kette mit einem Kreuz.
Die Flasche enthielt geweihtes Wasser, das Kreuz wiederum war von einem christlichen Priester mit einem machtvollen Segensspruch versehen worden, zudem jedoch auch noch mit den verschiedensten Schutz- und Machtzaubern anderer Kulturen belegt. Aleksander hatte in seiner aktiven Zeit im Kampf gegen Geister und Dämonen nicht nur auf die spirituelle Kraft einer einzigen Kirche gesetzt ...
Er zog die beiden Utensilien aus der Schublade, behielt sie aber noch hinter seinem Körper verborgen. Der Dämon – offensichtlich ein Gestaltwandler – stand jetzt direkt vor ihm, ungefähr eineinhalb Meter entfernt, und sah ihn misstrauisch an. Der triumphale Ausdruck war inzwischen völlig aus seinem Gesicht verschwunden, Aleksander zweifelte aber trotzdem keinen Augenblick daran, dass das Monstrum sich in wenigen Sekunden auf ihn stürzen und ihn töten würde. Er musste also handeln - ehe der Dämon das tat.
Der alte Mann beendete die Bannformel und begann, einen anderen Zauber zu sprechen. Am ängstlichen Aufleuchten in den Augen seines Gegenübers konnte Aleksander erkennen, dass die Bestie den Zauber kannte: Es handelte sich um einen Verbannungszauber, um eine Formel, die den Dämon vorübergehend kampfunfähig machen und in seine tierische Gestalt zurückverwandeln würde.
Mit einem wütenden Aufschrei sprang der Dämon auf ihn zu, doch darauf hatte Aleksander nur gewartet. Die kleine Flasche mit dem Weihwasser hatte er bereits hinter seinem Rücken entkorkt, jetzt riss er beide Arme nach vorne – und während er die letzten Worte der Zauberformel sprach, so laut er nur konnte, spritze er mit der einen Hand das Weihwasser auf den springenden Dämon und presste gleichzeitig mit der anderen Hand das silberne Kreuz auf dessen Stirn.
Mit einem zornigen Stöhnen brach der Dämon zusammen
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