Kein Augenblick zu früh (German Edition)
hüllte.
Jack stieß RoboCop durch die Tür, dicht gefolgt von mir und Alex. Ich tat es ihm nach und zog mein T-Shirt über den Mund. Was hatte Demos vor? Aber Alex ließ mir keine Zeit, sondern schubste mich hastig voran.
Im Korridor drang dichter Rauch durch die Lüftungsschlitze der Klimaanlage. Ich hatte das Gefühl, durch einen unterirdischen Tunnel zu laufen. Die Augen brannten und die Luft war dick und beißend. Jack, der ungefähr zehn Meter voraus lief, konnte ich nur noch als dunklen Schatten ausmachen.
Ich versuchte den Rauch zurückzudrängen, und tatsächlich folgte er meinem Befehl, wurde an manchen Stellen dünner und kroch an den Seitenwänden hoch. Wenigstens konnten wir jetzt wieder sehen, wohin wir liefen. Der Korridor erstreckte sich schier endlos vor uns. Der Hinterausgang, durch den uns Sara hereingeführt hatte, stand einen Spaltbreit offen, sodass ein schmaler Lichtstreifen hereinfiel.
Von draußen drang das Heulen von Martinshörnern zu uns durch und über den lodernden Flammen war mit einem Mal ein hartes Knacken zu hören. Alex blieb ruckartig stehen und packte mich am Arm. Ein paar Schritte vor mir geriet Jack ins Stolpern, er taumelte und prallte gegen die Wand. Wie in Zeitlupe sah ich ihn zu Boden gleiten.
»Jack!«, schrie ich. Meine Kehle brannte wie Feuer. Rauch drohte Jack zu verschlucken und ich blies ihn mit solcher Kraft weg, dass er wie ein Wirbelsturm den Flur entlangfegte und die Tür ins Freie aufdrückte. Grelles Licht drang herein. Eine Gestalt erschien in dem hellen Rechteck und kam auf uns zu. Ich nahm kaum wahr, dass es RoboCop war, noch sah ich, dass er eine Pistole in der Hand hielt – bis ich wieder dieses harte Knacken hörte. Ich handelte automatisch. Ich schleuderte Alex zur Seite. Das Geräusch, als er gegen die Wand krachte, übertönte den dumpfen Laut, mit dem die zweite Kugel ihr Ziel fand.
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Die schiere Gewalt war der größte Schock. Wie ein Speer, der in meinen Brustkorb gestoßen wurde. Die Kugel zersplitterte Knochen, bohrte sich in meinen Körper, bis ich das heiße, dicke Blei in meine Lunge dringen spürte.
Ich brach in die Knie, plump und schwerfällig. Alex … er brüllte etwas, doch es klang immer leiser und dünner, wie das Echo aus einer anderen Welt. Wieder knallte es, dieses Mal wurde ich nach vorn geschleudert, mit der Schläfe schlug ich auf dem Boden auf. Dicker schwarzer Rauch hüllte mich ein, drang mir in Nase und Mund.
Das Bild meiner Mutter tanzte vor meinen Augen. Nicht das Schreckensbild, das ich vor ein paar Minuten gesehen hatte, als sie wie eine Tote in den Armen meines Vaters lag, sondern eine Erinnerung von früher, vor langer Zeit. Sie kniete auf dem Holzdeck neben dem Pool in unserem alten Haus in Washington und hielt ein Badetuch in den ausgestreckten Händen. Sie lächelte, sagte etwas, was ich nicht verstehen konnte. Sie wartete darauf, dass ich aus dem Pool stieg, damit sie das Badetuch um mich wickeln und mich trockenreiben konnte. Doch jetzt kroch schwere Kälte durch meine Glieder und ich stieg nicht aus frischem, kühlem Wasser, sondern kämpfte darum, mich aus Treibsand zu retten. Ich konnte sie nicht erreichen; Panik erfasste mich. Dann verblasste ihr Bild. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf: Jack. Was war geschehen? Ich wollte den Kopf in seine Richtung drehen, aber ein Regen aus roten und schwarzen Funken sprühte plötzlich vor meinen Augen. Ich rief nach Alex, doch mein Mund quoll über mit etwas, das wie rostige Münzen schmeckte. Ich hustete erstickt.
Ein plötzlicher Ruck, ein warmes Gefühl an der Wange. Unter mir war alles nass. Hände packten mich. Schritte hallten von unsichtbaren Wänden und bei jeder Bewegung schossen Schmerzen wie Feuer durch meine Adern. Dann hüllte mich kühle Luft ein, aber sie stach und brannte auf meiner Haut. Wo mich sanfte Hände gehalten hatten, spürte ich nun harten Boden, Kiesel, Beton. Noch immer zerrten Hände an mir, ich hörte meinen Namen, jemand schrie mir etwas zu. Es wurde immer dunkler, doch gerade, als sich völlige Finsternis über meine Augen legen wollte und die Schmerzen abklangen, ergoss sich ein Strom glühender Lava direkt in das Loch in meiner Brust. Ein Schrei schoss aus meiner Kehle hoch, zerfetzte die Dunkelheit, die Schmerzen schienen meinen Körper in zwei Stücke zu zerreißen. Der Lavastrom kühlte sofort wieder ab, erstarrte zu Stein und drückte so schwer auf meine Brust, dass ich nicht mehr atmen konnte. Die Dunkelheit fiel erneut
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