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Kein Durcheinander

Kein Durcheinander

Titel: Kein Durcheinander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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erinnern konnte, und jede Eingebildetheit lag ihm völlig fern. Trotz eines recht unabhängigen Charakters, hatte er sich doch stets den Vorschriften des »X-Codex« unterworfen, der den Polytechnikern für Alles, was Kameradschaft und Achtung vor der Uniform anging, als Gesetzbuch galt. Man schätzte ihn ebenso unter den Bäumen das »Acas«-Hofes, so genannt, weil derselbe keine Acazien hatte, wie in den »Casers« – den Schlafräumen, wo die abgemessene Stellung seiner Truhe, die Ordnung, welche in seinem »Coffin« herrschte, den allzeit methodischen Geist des Inhabers verriethen.
    Zugegeben, daß der Kopf Alcide Pierdeux’ auf dem Gipfel seines großen Körpers etwas sehr klein erschien, jedenfalls war er bis in alle Hirnwindungen hinein angefüllt. Zunächst war er Mathematiker, wie es alle seine Kameraden sind oder doch einmal waren; er betrieb die Mathematik aber nur, um sie auf die experimentellen Wissenschaften anzuwenden, welche für ihn wiederum nur deshalb einen gewissen Reiz hatten, weil sie in der Industrie praktische Anwendung finden. Es lag das – er erkannte es recht wohl – in einer gewissen Inferiorität seiner Natur; doch ganz vollkommen ist ja kein Mensch. Kurz, seine Specialität war das Studium derjenigen Wissenschaften, welche trotz ungeheurer Fortschritte doch für ihre Jünger immer noch Geheimnisse verbergen und ewig verbergen werden.
    Nebenbei finde hier Erwähnung, daß Alcide Pierdeux unbeweibt war. Wie er zu sagen pflegte, war er noch immer »gleich eins«, obwohl sein lebhafter Wunsch gewesen wäre, sich zu verdoppeln. Seine Freunde hatten auch schon daran gedacht, ihn mit einem reizenden, heiteren, geistvollen Mädchen, einer Provençalin aus Martigues, zu verheiraten. Leider hatte diese einen Vater, der gleich auf die ersten Andeutungen einer solchen Verbindung mit einer abweisenden Antwort zur Hand war.
    »Nein, Euer Alcide ist mir zu gelehrt. Er würde mein armes Mädel mit ihr völlig unverständlichen Gesprächen abquälen!…«
    Als ob der echte Gelehrte nicht bescheiden und einfach wäre!
    Unser Ingenieur entschloß sich also, eine gewisse Strecke Meer zwischen die Provence und seine Person zu bringen. Er bat um einen einjährigen Urlaub, erhielt diesen bewilligt und glaubte ihn nicht besser anwenden zu können, als durch genaue Beobachtung des Unternehmens der »
North Polar Practical Association
«. Deshalb befand er sich also jener Zeit in den Vereinigten Staaten.
    Seit Alcide Pierdeux’ Eintreffen in Baltimore ließ ihm der kühne Plan Barbicane’s & Cie. keinen Augenblick Ruhe. Ob und daß die Erde durch Veränderung ihrer Achse mehr jupiterähnlich würde, kümmerte ihn blutwenig. Durch welches Mittel aber sie das werden sollte, diese Frage stachelte – und gewiß nicht ohne Grund – die Neugier des Gelehrten.
    Und in seiner eigenen Sprache sagte er:
    »Offenbar schickt sich der Präsident Barbicane an, unserer Kugel mit einem Rammbär erster Sorte zu Leibe zu gehen!… Ja, aber wie und in welcher Richtung soll dieser wirken?… Aha, ich hab’s!… Donnerwetter, ich glaube er »nimmt« die Erdkugel »sein«, wie einen Billardball, wenn man einen Seiteneffect beabsichtigt. Nähme er sie »voll«, so würde sie über die Bande ihrer Kreisbahn gesprengt, und zum Teufel dann mit den jetzigen Jahren, welche in bester Form damit abgeändert wären. Nein, diese verständigen Leute bezwecken offenbar nur die Ersetzung der alten Achse durch eine neue!… Darüber giebt’s keinen Zweifel!… Ich durchschaue nur noch nicht, wo sie einen Stützpunkt für den Angriff hernehmen, noch welche Art Stoß sie von außen her einwirken lassen wollen…. O, wenn es keine tägliche Umdrehung gäbe, dann genügte wohl ein Nasenstüber…. Sie ist aber vorhanden, die tägliche Umdrehung!… Man kann sie nicht unterdrücken, nicht aufhalten, diese vierundzwanzigstündige Rotation!… Das ist offenbar der Canisdentum!«
    Er wollte »Hundszahn« 1 sagen, der wunderliche Pierdeux.
    »Wie sie auch zuwegegehen mögen, setzte er hinzu, ein allgemeines Kunterbunt gibt’s allemal!«
    Doch wenn unser Gelehrter auch »das ganze Salzfaß seiner Weisheit umschüttete«, durchschaute er immerhin nicht, welches Verfahren Barbicane und Maston wohl einzuschlagen gedächten. Das war umso bedauerlicher, als er, wenn deren Maßnahmen ihm bekannt gewesen wären, sofort die mechanischen Formeln dafür abgeleitet hätte.
    Und so kam es, daß Alcide Pierdeux, Mitglied des nationalen Bergingenieurcorps von

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