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Kein Fleisch macht gluecklich

Kein Fleisch macht gluecklich

Titel: Kein Fleisch macht gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Grabolle
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vom »Schnäbeln«). Die Halter müssen lediglich glaubhaft darlegen, »dass der Eingriff im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung zum Schutz der Tiere unerlässlich ist«. Geschnäbelt werden standardmäßig auch Hühner, und selbst in der Biohaltung sind Amputationen per Ausnahmegenehmigung zulässig.
    Nicht nur in der Krankenbucht, einem vom übrigen Stall nur halbherzig abgetrennten Bereich, liegen Puter reglos am Boden. Ein Tier ist offensichtlich tot, eines ist wohl schon länger nicht mehr auf die Beine gekommen, andere stupsen oder behacken es bereits. Schön sind diese Vögel nicht gerade, dennoch empfinde ich Sympathie für sie, wenn ich sehe, wie sie uns neugierig beäugen. Und ich schäme mich für meine Artgenossen, die ihnen das hier zumuten. In einem abgetrennten Raum steht ein offener Tank mit Trinkwasser, daneben liegen mehrere Säckchen mit Antibiotika, die hier wohl direkt hineingeschüttet werden. Klar, dass bei dieser Art der Massenhaltung keine Einzeltiere behandelt werden, sondern gleich der gesamte Bestand. Antibiotika dürfen zwar in Deutschland nicht mehr als Wachstumsförderer verabreicht werden, dieser Nebeneffekt der Medikation dürfte den Mästern aber weiterhin willkommen sein.

    Nicht alltäglich für mich, aber für die Puter: normales Gedränge in einer Putenmastanlage. (Quelle: Jan Peifer, www.tierschutzbilder.de )
    Die letzte Anlage für heute beherbergt nochmals Puten. Wir können nur von außen reinschauen. Als ich die Lamellen einer Jalousie vor einem der großen senkrechten Lüftungsventilatoren hochklappe, bläst mir eine stinkende Staubwolke mitten ins Gesicht. Es brennt in Hals und Augen. Vor den Fenstern ist der Rasen wie von Schnee gepudert. Dann traue ich meinen Augen nicht. Schemenhaft nehme ich eine Pute im rotierenden Ventilator wahr. Jan bestätigt meinen Eindruck. Von der anderen Seite des Stalls aus sehen wir, dass sich an einigen Ventilatoren das innere Schutznetz gelöst hat.
    Ich bin froh, kurz darauf im Hotel den Schlamm von den Schuhen und den Geruch vom Körper abduschen zu können. Die Bilder im Kopf bleiben.
    Der Morgen danach
    Bevor wir am nächsten Morgen Cloppenburg verlassen, machen wir noch Halt am Schlachthof. Direkt neben der Schlachterei gibt es den Truthahn-Shop, wohl eine Art »Factory-Outlet« oder Fabrikverkauf. Ich frage mich, ob auch so offensichtlich kranke Tiere, wie wir sie entdeckt haben, verarbeitet werden. Jan hat solche Tiere jedenfalls schon auf Transportern gesehen. Sie gelangen also anscheinend in die Schlachtung, und die Amtsveterinäre im Schlachthof haben viel zu wenig Zeit, um alle Tiere einzeln zu begutachten.
    Den Autokennzeichen nach kommen viele Arbeiter des Schlachthofs aus Rumänien, Polen und Ungarn. Ein weiterer Schlachthof ist nebenan gerade im Bau. Alle paar Minuten kommt jetzt ein Lkw mit Schweinen an. Gestutzte Schwänze ragen aus den teilweise dreistöckigen Transportern. Das Ausladen können wir nicht beobachten, nur das Quieken tönt zu uns hinüber. Laut Hermann Focke, dem langjährigen Veterinäramtsleiter dieser Region, sterben auf dem Transport schon viele Schweine durch Überhitzung oder Stress. Beim Transport steht einem 100-Kilo-Schwein ein Platz von weniger als ein em halben Quadratmeter (8 DIN-A4-Blätter) zur Verfügung. Nach Focke erreichen in Deutschland mehr als 400000 Schweine jedes Jahr den Schlachthof nur noch tot. Die in diesem Schlachtho f lebend ankommenden Tiere werden zu Fleisch- und Wurstspezialitäten der Region verarbeitet. Die Fleischreklamen auf den Lkws wirken auf mich noch immer appetitlich.
    Der plattgefahrene Rest eines Masthuhns liegt im Kreisverkehr – offenbar vom Laster gefallen. Der Verlust für den Landwirt beträgt 9 Cent. Kein Wunder, dass vor den Mastbetrieben Müllcontainer für den einkalkulierten Ausschuss stehen. Ich wage bei den nächstbesten »Bauernhöfen« nochmals einen Blick, zunächst in einen Edelstahlbehälter vor einer Schweinemastanlage. Nur der Ringelschwanz und ein bisschen Haut lassen mich in dem Gekröse erkennen, dass dies mal ein Ferkel gewesen ist. Die Puten im nächsten Container wirken dagegen noch ganz frisch. Jan hat tatsächlich schon erlebt und dokumentiert, dass noch lebende Tiere im Abfall lagen. Das ist verboten, und ein Mäster eines bekannten Geflügelkonzerns wurde daraufhin auch schon einmal angezeigt, mit dem Resultat, dass dessen Mülleimer jetzt abgeschlossen sind.
    Am Bahnhof verabschiede ich mich von Jan. Im Bahnhofsrestaurant gibt es

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