Kein Fleisch macht gluecklich
dem ökologischen Pflanzenbau auch die Standards für tierische Erzeugnisse, die mit »Bio« oder »Öko« und dem staatlichen bzw. europäischen Biosiegel gekennzeichnet sind. (Ökologisch und biologisch sind in diesem Zusammenhang gleichbedeutende Begriffe.) Die Rahmenbedingungen für die Aquakultur von Fischen und anderen Wassertieren sind seit 2009 ebenfalls Teil der Öko-Verordnung. Die Verordnung verlangt die Einhaltung von Tierschutzstandards, die strenger sind als in der konventionellen Landwirtschaft. Offiziell zugelassene Kontrollstellen prüfen einmal jährlich unangemeldet, ob Betriebe, die ökologisch produzieren, die Bestimmungen einhalten. Konventionelle Betriebe hingegen werden von den Amtsveterinären nur stichprobenartig überprüft. Es gibt einzelne konventionelle Markenfleischprogramme wie NEULAND, die für die Tierhaltung teilweise deutlich strengere Vorschriften haben als die der EG-Öko-Verordnung.
In der Biolandwirtschaft ist die Zahl der Tiere an die Größe der landwirtschaftlichen Flächen eines Betriebes gebunden. Es darf nicht mehr Dung aus der Tierproduktion anfallen, als zur Nährstoffversorgung für die Pflanzenproduktion ausgebracht wird. Rückstände von chemischen Pflanzenschutzmitteln und genetisch veränderten Organismen kommen in Bioprodukten nur durch Verunreinigungen zustande und daher nur in außerordentlich geringen Mengen vor. Ihr Einsatz ist nicht erlaubt. Es dürfen auch wesentlich weniger Antibiotika und chemische Medikamente verwendet werden. Die Ökobestimmungen sehen vor, dass die einzelnen Tiere mehr Platz sowie Zugang zum Freiland haben und sie zum Teil etwas länger leben. Deswegen nehmen etwa Hühnchenmäster nur Tiere, die langsamer wachsen als die hochgezüchteten Rassen. Hinsichtlich des Tierschutzes gehen die Bestimmungen der ökologischen Anbauverbände wie Naturland, Bioland und Demeter in einigen Punkten über die EG-Öko-Verordnung hinaus.
Die Bestimmungen sind das eine, leider sieht die Wirklichkeit häufig anders aus, schreibt das Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) für Ökologischen Landbau. Das betrifft etwa die große Anzahl an Ausnahmegenehmigungen sowie den Einsatz von verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln, der ähnlich häufig vorkommt wie in der konventionellen Landwirtschaft. Außerdem sieht das vTI in der Praxis »teilweise eine wenig tiergerechte Haltung trotz Einhaltung aller Öko-Standards«. Schmerzhafte Eingriffe wie Enthornung, Kastration oder Amputationen ohne Betäubung sind teilweise erlaubt, wenngleich in den meisten Richtlinien der ökologischen Anbauverbände nur in Ausnahmefällen. Die für die Intensivhaltung gezüchteten Tiere, die meist ebenso in Biobetrieben genutzt werden, zeigen häufig Fehlverhalten wie Kannibalismus und Federpicken. Die Lebensleistung und das Schlachtalter von Milchkühen und Legehennen aus ökologischer Haltung unterscheiden sich ebenfalls kaum von Lebensleistung und Schlachtalter in der konventionellen. Dazu kommt, dass die angestrebte Verwendung von 100 Prozent Biofutter bei einigen Tierarten zu gesundheitlichen Problemen etwa durch eine Proteinunterversorgung führen kann.
Die Knochen und Knorpel der Truthühnerbeine können mit dem schnellen Wachstum des übrigen Körpers nicht mithalten, daher sind im letzten Drittel der Mast die Gliedmaßen der Vögel häufig verformt. Durch Zucht wurde der Brustfleischanteil seit 1970 um ein Viertel auf 40 Prozent des Körpergewichts gesteigert, die Tiere können am Ende der Mast oft nicht einmal mehr richtig stehen. Inzwischen versucht man züchterisch, »den Schwerpunkt zu verlagern«. Fast alle Tiere haben krankhafte Veränderungen an den Füßen. Wir sehen einen Puter mit einer Brustblase. Durch das ständige Liegen im Kot kommt es am Brustmuskel zu Entzündungen mit Wassereinlagerung. Andere Vögel sind am Kopf oder Hals verletzt, obwohl auch hier allen Tieren die Schnabelspitzen gekürzt wurden. Dabei sind die Schnäbel eigentlich auch wichtige Tastorgane. Sie werden – wie zu erwarten war – genau wie bei anderem Geflügel ohne Betäubung gekürzt, was anhaltende Schmerzen verursacht. Laut Tierschutzgesetz ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen grundsätzlich verboten, und ein mit Schmerzen verbundener Eingriff hat unter Betäubung zu erfolgen. Doch es gibt zahlreiche Einschränkungen. Die zuständigen Behörden billigen daher regelmäßig die Amputation der empfindlichen Schnabelspitzen (man spricht beschönigend
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