Kein Öl, Moses
Botschafters, nachdem ihm der Quai d' Orsay die entsprechenden Instruktionen gekabelt hatte. Danach blieb nur noch eine letzte Formalität übrig, nämlich der Ankauf einer Dreizimmerwohnung in Tel Aviv, die auf den Namen Dr. Wachsmanns zu überschreiben und erst dann freizugeben wäre, wenn ich meinerseits die Wohnung Botonis freigegeben hätte. Durch eine Zusatzerklärung erteilte ich einer von Dr. Wachsmann vertretenen Firma, die sich mit der Erzeugung von Insektenvertilgungsmitteln beschäftigte, das unwiderrufliche Recht, die Wohnung Botonis nach Ablauf eines Jahres mit Kohlenmonoxyd auszuräuchern, falls ich sie dann noch besetzt hielte.
Jetzt konnte der Vertrag zwischen mir und Botoni endlich ausgefertigt werden. Er wies einen Umfang von achtundzwanzig Seiten auf und legte fest, daß die in Rede stehende Wohnung großherzigerweise und in gutem Glauben an mich - im folgenden kurz »Der Eindringling« genannt - für die Dauer eines Jahres von Herrn Julius Botoni - kurz »Der Wohltäter« genannt - gegen eine monatliche Zahlung von 100 Pfund vermietet wurde, unter der ausdrücklichen Voraussetzung, daß der Eindringling kein wie immer geartetes Recht besäße, länger als ein Jahr in der Wohnung des Wohltäters zu verbleiben.
Ich machte mich sofort an das Studium des Vertrages, und schon zwei Tage später unterschrieben wir ihn. Botoni erhob sich mühsam von seiner Tragbahre, übergab mir mit zitternder Hand die Schlüssel, zischte mir ein paar beleidigende Worte zu und fiel tot um. Ich dachte zuerst, daß er aus Angst um seine Wohnung gestorben wäre. Er war jedoch, wie sich alsbald herausstellte, nicht wirklich tot, sondern nur in einen Starrkrampf verfallen.
So kam ich zu einer Wohnung im Zentrum von Tel Aviv. Leider konnte ich keinen Gebrauch von ihr machen. Der § 579 unseres Mietvertrags besagte: »Dem Eindringling ist es verboten, die Wohnung, beginnend mit dem Tag der Unterzeichnung dieses Vertrages, zu beziehen.« Dr. Wachsmann zufolge war diese Vorbeugungsklausel nötig, um sicherzustellen, daß ich die Wohnung nach Ablauf eines Jahres zuverlässig räumen würde.
Die Legende vom hermetisch geschlossenen Balkon
Ich verzichte auf eine detaillierte Schilderung der listenreichen Manöver, die mich schließlich doch in den Besitz einer ehrlichen Wohnung brachten. Genug daran, daß es eine ordentlich kleine, außerordentlich enge, im Stil der Ersten Klaustrophobischen Periode angelegte Wohnung war und daß wir beide, meine Frau und ich, eines Tages beschlossen, sie um jeden Preis zu erweitern, sonst wären wir unter den Einrichtungsgegenständen begraben worden oder hätten uns in der Dunkelheit gegenseitig totgetrampelt. Die Lösung lag auf der Hand, genauer: in einem städtischen Wohnungsbaugesetz, das die Errichtung geschlossener Balkone untersagt.
Die Schwarzarbeiten werden trotzdem von der Firma Fuchs & Co. durchgeführt, die der Öffentlichkeit unter dem Namen »Balkon-Fuchs« bestens bekannt ist und deren Wahlspruch »Fuchs schließt hermetisch« lautet. Fuchs kommt, nimmt Maß, geht ab und kommt nach einer Stunde mit einem kompletten, maßgerechten Schiebefenster zurück. Während er es einsetzt, wird Fuchs gefragt, ob das Fenster auch wirklich geeignet ist, den Regen abzuhalten.
»Selbstverständlich«, antwortet Fuchs hermetisch. »Ich habe alle nötigen Leisten eingesetzt.«
Hand in Hand mit Fuchs arbeitet ein Vertreter der Stadtverwaltung, der ihm jeden Tag zur Arbeit folgt und die gesetzwidrigen Balkonschließungen notiert. Wenn der Inspektor gegangen ist, kommt der Winter.
Ich persönlich habe nichts gegen den Winter, solange der Regen nicht aus südwestlicher Richtung herangepeitscht wird. Ist nämlich dies der Fall, dann verwandelt sich unser wasserdichter Balkon in einen künstlichen See. Erfrischende Feuchtigkeit legt sich über sämtliche Gegenstände, die sich in Friedenszeiten draußen angesammelt haben - Besen, Koffer, ausgediente Lampenschirme, Kisten mit Kartoffeln. Am dritten Tag wandern die Dunstschwaden bis in unser Zimmer hinein, und der Geist Gottes schwebt über den Wassern. Die beste Ehefrau von allen und ich stehen mit Fetzen, Handtüchern, Tischtüchern, Bettüchern und sonstigen Tüchern zwischen der Türe und stemmen uns der Flut entgegen. Das tun wir zwei Tage lang. Dann ist es Zeit zum Schlafengehen.
Fuchs kommt auf Anruf, prüft die Lage mit erfahrenem Blick und gibt uns sein fachmännisches Urteil bekannt:
»Es regnet herein«, sagt er. »Macht nichts. Bald
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