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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
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würde er, wenn er ernsthaft verletzt wäre, so eine flapsige Erklärung abgeben?
    Â»Ich sage das jetzt zum letzten Mal, Doktor«, ließ Sami verlauten, »lassen Sie Ihre Waffe fallen, und gehen Sie auf die Knie!«

    Julian versuchte, die Waffe ruhig zu halten, doch er zitterte am ganzen Körper. Plötzlich vernahm er hinter sich Bewegung. Durch die Hauptzugangstür im Dach sah Julian eine buchstäbliche Parade von Polizisten auf das Dach marschieren und langsam auf ihn zukommen. Sie waren alle in Kampfausrüstung, hatten ihre Waffen auf ihn gerichtet, trugen Schilde und sahen aus wie neuzeitliche Gladiatoren.

    Sami befürchtete, dass selbst wenn ein Scharfschütze eine Kugel glatt durch den Kopf des Arztes schoss, ein Nervenreflex seinen Finger am Abzug noch zucken lassen könnte. Wenn das passierte, bekäme Al eine Kugel direkt in die Brust. »Nicht schießen!«, brüllte Sami der Verstärkung zu.

    Â»Weise Entscheidung, Detective«, sagte Doktor Young­blood zu Sami und wedelte mit seiner Waffe vor Al herum. »Stehen Sie auf, und drehen Sie sich um, den Rücken zu mir. Wenn Sie auch nur einmal zucken, werde ich Ihnen eine Kugel zwischen Ihre Schultern verpassen.«

    Al schob sich langsam mit seinem Rücken die Tür hoch. Er war noch benebelt, und sein Hinterkopf schmerzte. Ihm war ein bisschen schwindlig, aber er konnte stehen. Da ihm nichts anderes übrigblieb, kam Al der Aufforderung des Arztes nach und drehte ihm den Rücken zu.

    Julian bewegte sich langsam auf Al zu. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie Sami Zentimeter um Zentimeter auf ihn zuging und auch die Gladiatoren in seine Richtung vorrückten. »Sofort stehen bleiben«, brüllte Julian, »wenn Sie nicht wollen, dass Detective Diaz hier etwas passiert.«
    Julian griff Al hinten an seinem Hemdkragen und drückte den Lauf der Waffe gegen Als Kopf. »Los, wir gehen«, sagte Julian.
    Al fest am Hemd gepackt, die Waffe immer noch gegen Als Kopf gedrückt, trat Julian von Sami und ihren Gladiatoren weg und bewegte sich zum Rand des Daches hin, wo eine gut sechzig Zentimeter hohe Brüstung verlief.
    Â»Hochsteigen, Detective.«

    Sami beobachtete voller Entsetzen, wie Al leicht schwankend auf die Brüstung stieg. Würde so das Ende aussehen? Ihr schoss vieles durch den Kopf. Wenn Al nun in den Tod stürzte, ohne dass sie ihm vergeben hatte, wie könnte sie sich selbst jemals vergeben?
    Â»Jetzt hören Sie mir alle genau zu«, rief Doktor Young­blood. »Ich will, dass Sie, Detective Rizzo, samt Ihrem Rudel Wölfe verdammt noch mal von diesem Dach verschwinden. Wenn Sie nicht in knapp einer Minute von hier weg sind, wird Detective Diaz einen olympiareifen Kopfsprung in einen Pool voller Beton machen. Und wenn Sie schon dabei sind, dann rufen Sie auch gleich die Jungs im Heli­kopter an und sagen Sie ihnen, sollten sie hier irgendwo landen, wird Diaz ebenso fliegen.«
    Was Sami am meisten Angst machte, war Doktor Youngbloods plötzliche Gelassenheit. Trotz seiner hoffnungslosen Situation – er würde dieses Krankenhaus nicht lebend verlassen – schien er seine Gefühle absolut unter Kontrolle zu haben. Innerhalb weniger Sekunden hatte er von panisch auf knallhart umgeschaltet. Sami wusste aus früherer Erfahrung mit kaltblütigen Mördern, dass hinter größter Gelassenheit auch die größte Gefahr lauerte. Für einen Augenblick dachte sie darüber nach, ob sie versuchen sollte, mit ihm zu verhandeln, hatte aber Angst davor, wie er reagieren könnte.

    Â»Ich sehe nicht, dass sich irgendjemand bewegt«, sagte Julian. »Wenn Sie nicht …«
    Julian machte jetzt den fatalen Fehler, nur einen Augenblick von Al wegzusehen, was Al aber reichte, um zu reagieren. Al war immer noch schwindlig und wacklig auf den Beinen, trotzdem hatte er all seine Sinne zusammen, um die Situation auszunutzen. Er holte mit seinem rechten Ell­bogen aus und rammte ihn Julian direkt auf die Nase. Julian ließ sofort die Waffe fallen und vergrub sein Gesicht in beiden Händen. Blut lief aus seiner Nase. Al wollte von der Brüstung heruntersteigen, doch Julian packte ihn an den Schultern und versuchte, ihn vom Dach zu stoßen. Al hatte keine Ahnung, wie er es schaffte, sein Gleichgewicht zu halten, aber er wich nicht von der Stelle.

    Sami beobachtete den Kampf nur für einen Moment, dann rannte sie, so schnell

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