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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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erwiderte Nesh und senkte seinen seltsamen, bestialischen und missgestalteten Uhrwerk-Schädel. Seine roten Augen glänzten, er geiferte in Erwartung der bevorstehenden Mahlzeit. Seine Muskeln traten wie stählerne Taue hervor, seine Reißzähne fuhren knirschend aus, und hinter dieser Kreatur knurrten die anderen Canker angriffslustig. Ihr Grollen schwoll zu einem wilden Heulen an, das sich vereinte und einen einzelnen, vollendeten Ton bildete, der in der Luft zu stehen schien und offenbar ihre Belohnung ankündigen sollte.
    Kell hielt den Blick auf den riesigen Canker gerichtet; sein Körper war so gespannt wie die Sehne eines Bogens, und seine Sinne waren nahezu übermenschlich geschärft. Er schien der empfindliche Drücker einer Armbrust zu sein, der Reflex einer zum Angriff bereiten Schlange.
    Es würde ein verdammt harter Kampf werden.
    Doch dann … geschah das Unglaubliche. Nesh ließ sich auf die Hacken sinken und erwiderte Kells Blick. Der alte Krieger war sicher, ein bösartiges Lächeln auf den Lippen der Bestie zu sehen. Es wirkte wie Glasur auf Pferdescheiße. Plötzlich stand Nesh auf, drehte sich um und drängte sich rücksichtslos durch die Reihen der Canker. Deren Geheul verstummte zu einem peinlichen Schweigen; dann folgten die Kreaturen eine nach der anderen ihrem Anführer, bis nur noch ihr widerlicher Ölgestank zurückblieb. Zusammen mit den Kadavern von fünf Cankern, deren Lebenssaft allmählich auf dem steinernen Dach gerann.
    »Was ist passiert?«, stieß Saark atemlos hervor. Kell zuckte mit den Schultern und drehte sich herum. Dann richtete er seinen Blick auf den kleinen Jungen, der etwa sieben Meter von ihnen entfernt an der niedrigen Mauer stand, hinter der man die uralten, verfallenen Reste von Alt Skulkra sehen konnte.
    Kell streckte die Hand aus, und Saark bemerkte den Jungen jetzt zum ersten Mal. Er war höchstens fünf oder sechs Jahre alt. Seine Haut war bleich, seine Glieder dünn und seine Kleidung zerlumpt wie bei vielen Straßenkindern, über die man in den Elendsvierteln der größeren Städte von Falanor stolperte. Der Junge drehte sich herum und blickte zu Kell und Saark hoch. Dann legte er den Kopf schief und lächelte.
    Es sind seine Augen, dachte Kell, während er den Blick des Jungen kühl erwiderte. Sie sind alt und funkeln wie verseuchte DohgGemDohgs, diese unendlich seltenen, matten Edelsteine, die von einem anderen Zeitalter übrig geblieben waren, Reste einer anderen Zivilisation.
    Kell trat vor und hockte sich hin. »Du hast sie verscheucht, Junge?« Es war halb Frage, halb Feststellung. Plötzlich schien die Atmosphäre um sie herum zu verschwimmen, als würde träge wilde Magie in der Luft um sie herum freigesetzt.
    Der Junge nickte, rührte sich ansonsten jedoch nicht. Dann wandte er sich etwas zur Seite, und etwas Kleines, Schwarzes lief über den Ärmel seiner verschlissenen Jacke. Es war ein Skorpion, der auf die Hand des Jungen kroch und dort einen Moment innehielt, fast so, als würde er die beiden Männer beobachten.
    Saark zischte und packte den Griff seines Rapiers fester. »Das Tier des Teufels!«, stieß er hervor.
    »Sieh hin«, forderte Kell ihn brummend auf. »Er hat zwei Schwänze.« Und tatsächlich: Der kleine, glänzend schwarze Skorpion hatte zwei segmentierte Schwänze, jeder mit einem gekrümmten Stachel bewehrt.
    Saark schüttelte sich. »Wirf ihn auf den Boden, Junge!«, rief er. »Wir erledigen den kleinen Mistkerl mit unseren Stiefeln.«
    Der Junge ignorierte Saark und trat über die lockeren Dachträger. Er bewegte sich mit einer zierlichen Anmut, die seine dürren, ausgemergelten Gliedmaßen Lügen strafte. Vor Kell blieb er stehen, hob den Kopf und sah ihn mit dunklen, funkelnden Augen an. Dann nahm er langsam den zweischwänzigen Skorpion von seiner Hand und verstaute das Spinnentier in seinem Hemd.
    »Mein Name ist Skanda.« Die Stimme des Jungen war ein heiseres Wispern. »Dieser Skorpion ist ein Skorpion der Zeit.«
    »Was bedeutet das?«, erkundigte sich Kell ebenfalls flüsternd.
    Der Junge zuckte mit den Schultern. Seine Augen gaben nichts preis, und sein Lächeln war unergründlich.
    »Du hast die Canker vertrieben!«, platzte Saark heraus. »Wie hast du das gemacht?«
    Skanda drehte sich zu Saark herum und legte den Kopf erneut auf die Seite, als würde er die Gedanken des Dandys lesen. »Sie fürchten mich, und sie fürchten meine Rasse«, antwortete Skanda, und als er lächelte, sahen sie, dass seine Zähne schwarz waren.

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