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Maigret 17

Maigret 17

Titel: Maigret 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simenon
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    Ein Toter und seine beiden Frauen
    D
    er erste Eindruck, den er hatte, war der von Urlaub. Als Maigret dem Zug entstieg, war die eine Hälfte des Bahnhofs von Antibes in so leuchtendes Sonnenlicht getaucht, daß man die Menschen, die sich hier bewegten, nur wie Schatten wahrnahm. Die Schatten trugen Strohhüte, weiße Hosen, Tennisschläger. Die Luft summte. Palmen und Kakteen säumten den Bahnsteig, ein Streifen blauen Meeres lag hinter dem Lampenwärterhäuschen.
    Schon stürzte jemand auf ihn zu. »Kommissar Maigret, nehme ich an? Ich kenne Sie von einem Foto her, das in den Zeitungen war. Inspektor Boutigues …«
    Boutigues! Schon dieser Name war ein Witz! Boutigues hatte bereits Maigrets Koffer genommen und zog ihn mit sich zur Unterführung. Er hatte einen perlgrauen Anzug an, eine rote Nelke im Knopfloch und trug Segeltuchstiefelchen.
    »Sind Sie zum ersten Mal in Antibes?«
    Maigret wischte sich den Schweiß von der Stirn und versuchte, seinem Cicerone zu folgen, der sich durch die Menschengruppen schlängelte und alle überholte. Schließlich stand er vor einem Fiaker mit cremefarbenem Segeltuchverdeck, um den ringsherum Troddeln baumelten.
    Noch ein Eindruck, den er später vergaß: die malmenden Wagenräder, die knallende Peitsche des Kutschers, das gedämpfte Geräusch der Schritte auf dem weichen Asphalt …
    »Erst trinken wir mal was. Aber ja doch … Kutscher, zum Café Glacier!«
    Es war nicht weit. Der Inspektor erklärte:
    »Die Place Macé. Das Zentrum von Antibes.«
    Ein hübscher Platz mit einer Grünanlage, creme- oder orangefarbenen Sonnendächern an allen Häusern. Er mußte sich auf eine Terrasse setzen und einen Anis trinken. Gegenüber war ein Geschäft mit Sportbekleidung, die Schaufenster waren voller Badeanzüge, Bademäntel und anderem. Links davon ein Geschäft mit Fotoartikeln. Den Gehsteig entlang standen schmucke Wagen.
    Die reine Urlaubsatmosphäre, wirklich!
    »Möchten Sie zuerst die Gefangenen sehen oder lieber vorher das Haus besichtigen, in dem das Verbrechen begangen worden ist?«
    Maigret antwortete, ohne genau zu überlegen, was er sagte, so als hätte ihn jemand danach gefragt, was er gerade trank:
    »Das Haus …«

    Es ging weiter mit dem Urlaub. Maigret rauchte eine Zigarre, die ihm der Inspektor angeboten hatte. Das Pferd trottete am Meer entlang. Rechts verbargen sich Villen hinter Kiefern, links kamen einige Felsen, dann die blaue Wasserfläche mit zwei oder drei weißen Tupfern von Segelbooten darauf.
    »Wissen Sie, wo wir sind? Antibes liegt hinter uns. Hier beginnt das Cap d’Antibes, wo nur noch Villen stehen, vor allem sehr reiche Villen.«
    Maigret nickte freundlich. Er war eingehüllt in lauter Sonne: sie drang ihm in den Schädel und betäubte ihn, und er blinzelte auf die purpurne Blume auf Boutigues’ Anzug.
    »Boutigues, haben Sie gesagt, nicht wahr?«
    »Ja. Ich bin aus Nizza. Alteingesessene Familie.«
    Also ein reinrassiger Nizzaner, ein Nizzaner hoch zwei, hoch vier!
    »Beugen Sie sich mal etwas vor! Sehen Sie die weiße Villa? Die ist es.«
    Maigret war es nicht bewußt, aber er sah sich alles an, ohne es für wirklich zu halten. Es gelang ihm einfach nicht, sich in Arbeitsstimmung zu versetzen, sich zu sagen, daß er hier war, um ein Verbrechen aufzuklären.
    Dabei hatte er recht eindringliche Anweisungen erhalten:
    »Ein gewisser Brown ist am Cap d’Antibes ermordet worden. Die Zeitungen schreiben viel darüber. Aber die Sache sollte möglichst ohne Aufsehen erledigt werden!«
    »Verstanden.«
    »Brown hat während des Krieges für den militärischen Geheimdienst gearbeitet.«
    »Auch verstanden.«
    Da war es. Der Fiaker hielt. Boutigues zog einen kleinen Schlüssel aus der Tasche, öffnete das Gittertor und schritt den Kiesweg der Allee entlang.
    »Es ist noch eine der bescheidensten Villen am Cap.«
    Sie war dennoch nicht übel. Mimosen sättigten die Luft mit ihrem süßen Duft. Auf kleinen Bäumchen leuchteten noch vereinzelte Orangen. Und es gab seltsame Blumen, die Maigret nicht kannte.
    »Da drüben liegt das Besitztum eines Maharadschas. Er müßte zur Zeit hier sein. Fünfhundert Meter links haust einer von der Académie. Dann ist da noch die berühmte Tänzerin, die mit einem englischen Lord …«
    Gut, gut! Maigret hätte sich am liebsten auf die Bank gesetzt, die am Haus stand, und eine Stunde geschlafen. Allerdings war er auch die ganze Nacht durchgereist.
    »Ich gebe Ihnen ein paar kleine, wiewohl wichtige

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