Kennedy-Syndrom - Klausner, U: Kennedy-Syndrom
verheizt und zu Kanonenfutter degradiert hatten. Allen voran ein Verräter namens Kennedy.
Drauf und dran, vor Wut den Verstand zu verlieren, blieb San Román ruckartig stehen. In die übel riechende Brühe, durch die er gewatet war, kam Bewegung, und als ein Schwarm Flamingos das Weite suchte, ahnte Pepe, was die Stunde geschlagen hatte.
Er war nicht allein hier.
San Román sah sich blitzschnell um. Ringsum nichts als Schilf, abgestorbene Bäume und wild wucherndes, undurchdringliches Gestrüpp. Und diese Kloake, die ihm mittlerweile fast bis zur Gürtellinie reichte und im Schein der untergehenden Sonne wie ein Meer aus Blut aussah. Sowie eine Sandbank, knapp 50 Meter von ihm entfernt.
Madre de Dios! 3 , durchzuckte es den Elitesoldaten, als er das Rautenkrokodil erspähte, welches dort auf der Lauer lag, sich bei seinem Auftauchen in Bewegung setzte ohne erkennbare Hast in die brackige Brühe eintauchte. San Román steckte seine Machete in den Gürtel, riss sein Sturmgewehr hoch und zielte. Mierda! 4 , fuhr es ihm durch den Sinn. Da hatte er sich ja was Schönes eingebrockt. Halb tot vor Hunger und Durst, kaum noch Mumm in den Knochen und eine klaffende Wunde in der rechten Schulter. Dazu Castros Leute im Nacken, die nur darauf warteten, dass ihnen der Anführer der verhassten Contras ins Netz gehen würde.
Während sich das Krokodil langsam näherte, biss Pepe die Zähne zusammen und hielt den Atem an. Zum Glück hatte er noch sein Sturmgewehr, eine nagelneue M 14. Wenigstens auf sie war Verlass.
Kaliber 7,62 mal 51 Millimeter. Reichweite: knapp 700 Meter. An die 800 Schuss pro Minute. Das würde reichen. Garantiert.
Ganz schöner Brocken!, dachte San Román, um die drei Meter lang. Wenn nicht gar vier, wer weiß. Und er, Pepe San Román, nur wenige Armlängen von diesem Monstrum entfernt.
Nervenkitzel pur. So richtig nach seinem Geschmack.
Den Karabiner im Anschlag, kniff San Román die weit auseinanderstehenden dunklen Augen zusammen und zielte auf einen Punkt, der die Mitte zwischen den Augenwülsten der Riesenechse markierte. Schon als Junge hatte er gelernt, mit einer Knarre umzugehen, ruhig Blut zu bewahren, kaltblütig zu töten. Okay, damals, auf seinen Jagdausflügen mit Vater, hatte er nur auf Kaninchen geballert. Ein Rautenkrokodil war da etwas anderes. Da durfte man sich keine Fehler erlauben. Sonst war man geliefert. Ein für alle Mal.
Höchste Zeit also, diesem Biest eins auf den Pelz zu brennen, beschloss Pepe, hielt die Luft an und drückte ab. Nur um festzustellen, dass dieses Scheißding von Sturmgewehr nicht funktionierte. Weder bei diesem, noch beim zweiten und schon gar nicht beim dritten Versuch.
Ladehemmung, vermutlich aufgrund dieser verdammten Brühe hier. Ausgerechnet jetzt musste ihm so was passieren.
Starr vor Entsetzen, schleuderte San Román sein Sturmgewehr von sich, griff zur Machete und harrte der Dinge, die da kommen würden. In diesem Aufzug, noch dazu in seinem Zustand, hatte er nicht die geringste Chance. Da machte er sich nichts vor. Ein paar Sekunden noch, dann würde das Krokodil zuschnappen, ihn in Stücke reißen und sich anschließend kräftig den Bauch vollschlagen.
Hasta la vista, Pepe. Pech gehabt.
Es war ein Schuss, der den Anführer der Brigade 2506 aus seiner Erstarrung riss. Oder waren es mehrere gewesen? Am Ende gar vielleicht sogar eine MG-Salve? Pepe San Román vermochte es nicht zu sagen. Eines jedoch war gewiss: Keine drei Meter mehr von ihm entfernt bäumte sich das Rautenkrokodil abrupt auf, begann wie entfesselt zu zappeln. Sein Rachen stand weit offen, und Pepe konnte die furchterregenden, fast zehn Zentimeter langen Zähne sehen.
Sekundenbruchteile später, nach einem letzten verzweifelten Hieb mit seinem Schwanz, war es vorüber. Das Krokodil trieb tot im Wasser, von Dutzenden Kugeln durchsiebt.
»Bienvenido, comandante! 5 «, drang eine Stimme an Pepes Ohr, während sich das Wasser ringsum zu röten begann. »Schön, Sie zu treffen!«
»Comunistas de mierda! 6 «, gab San Román zur Antwort, die Machete immer noch in der rechten Hand. »Pudrios en el infierno, bastardos! 7 «
»Aber, aber, wer wird denn gleich so vulgär werden.« Auf den Anführer der kubanischen Milizionäre, von denen ihn mindestens ein halbes Dutzend im Visier hatte, machte dies nicht den geringsten Eindruck. Der bullige, beinahe aus den Nähten platzende Fettwanst in der olivgrünen Uniform schob seine Armee-Mütze in den Nacken, klemmte die Finger hinter den
Weitere Kostenlose Bücher