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Kesrith – die sterbende Sonne

Kesrith – die sterbende Sonne

Titel: Kesrith – die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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voll-flügges Mitglied des Kel war, der Hand des Volkes. Und als Angehöriger des Kel war er vom Kragen bis zu den Stiefelspitzen in schlichtes Schwarz gewandet; und ein schwarzer Schleier und ein mit Quasten verziertes Kopftuch, Mez und Zaidhe , verbargen alles außer Stirn und Augen vor Außenstehenden, wenn er beschoß, ihnen zu begegnen. Das Zaidhe hatte außerdem noch einen dunklen, transparenten Sichtschutz, der die Verschleierung vervollständigen konnte, wenn Staub wehte oder das rote Licht Arains seinen unangenehmen Zenit erreichte. Niun war ein Mann: sein Gesicht und seine Gedanken wurden als private Identität erachtet, und es war ungebührlich, sie Fremden zu offenbaren. Die Schleier umhüllten ihn wie die Gewänder, ein entscheidendes Merkmal der einzigen Kaste des Volkes, die mit Außenstehenden verkehren konnte. Die schwarzen Gewänder, die Siga , wurden über Taille und Brustkorb von Gürteln gehalten, die seine verschiedenen Waffen trugen; ebenso hätten sie J'tai halten sollen, Medaillen, für seine Dienste am Volk errungene Ehrungen. Aber sie fehlten, und dieser Mangel an Status würde jedem Mri auffallen, der ihn sah.
    Als Angehöriger des Kel konnte er weder lesen noch schreiben, aber er konnte numerierte Tastaturen bedienen und beherrschte die Mathematik, sowohl die der Regul als auch die der Mri. Die komplizierten Stammbäume seines Hauses, das das von Nisren gewesen war, kannte er auswendig. Es erfüllte ihn mit Melancholie, wenn er die Namenslieder sang; es war schwer, das zu tun und dann die brechenden Mauern des Edun Kesrithun zu sehen und zu wissen, wie wenige Leute jetzt noch lebten, und dann nicht zu erkennen, daß ein Verfall stattfand, wirklich und bedrohlich. Er kannte all die Lieder. Er konnte voraussehen, daß er nie ein eigenes Kind zeugen würde, das sie singen mochte, nicht auf Kesrith. Er lernte die Lieder; er lernte Sprachen, die Teil des Kel-Wissens waren. Er beherrschte vier Sprachen fließend, von denen zwei seine eigenen waren, eine die der Regul und die vierte die des Feindes. Er war ein Experte in Waffen, sowohl der Yin'ein als auch der Zahen'ein . Neun Waffenmeister waren seine Lehrer gewesen; er wußte, daß seine Geschicklichkeit in all diesen Dingen groß war.
    Und umsonst, alles umsonst.
    Regul.
    Tsi'mri.
    Niun warf einen Stein den Berghang hinab in einen heißen Teich, dessen Dämpfe durcheinandergewirbelt wurden.
    Frieden.
    Es würde ein Frieden zu menschlichen Bedingungen sein. An jedem kritischen Moment des Krieges hatten die Regul die Mri-Strategen mißachtet. Die Regul würden uneingeschränkt Mri-Leben opfern und den Blutpreis an die Edunei zahlen, deren Söhne und Töchter des Kel fielen, und alles nur, weil ein Kolonialbeamter der Regul in Panik geraten war und der Handvoll Mri, die ihm persönlich dienten, einen selbstmörderischen Angriff befohlen hatte, um seinen Rückzug und den seiner Junglinge zu decken. Aber weit weniger willig würde derselbe Regul Leben oder Eigentum seiner Artgenossen aufs Spiel setzen. Denn der Verlust von Regul-Leben würde auch einen Verlust an Status bedeuten; er hätte diesem Regul sofortige Mißbilligung von seiten der Regul-Behörden eingebracht, den Rückruf zur Heimatwelt, eine Untersuchung seines Wissens und aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Tod und den seiner Jungen.
    Es war unvermeidlich, daß die Menschen diese grundlegende Schwäche der Partnerschaft zwischen Regul und Mri erkannten, daß die Menschen lernten, welch weit größeren Effekt es hatte, den Regul Verluste zuzufügen, als dieselben Verluste den Mri zuzufügen.
    Es war vorhersagbar, daß daraufhin die Regul unter diesem Druck in Panik gerieten, daß sie mit dem Rückzug reagierten, immer weiter, ohne auf die gegenteiligen Ratschläge der Mri zu hören, daß sie auf ihrem hastigen Rückzug in die völlige Sicherheit Welt auf Welt dem Angriff aussetzten. Folgerichtig konnte es diese völlige Sicherheit nicht geben.
    Und daß die Regul anschließend ihre Dummheit durch direkte Verhandlungen mit den Menschen vervollständigen würden – auch das war bei den Regul zu erwarten gewesen, Krieg zu kaufen und zu verkaufen, und im Falle einer Bedrohung eher einen raschen Ausverkauf durchzuführen, als zu großen Verlust an notwendigen Besitztümern zu riskieren.
    Die Regul-Sprache enthielt bezeichnenderweise kein Wort für Mut.
    Und auch keines für Vorstellungskraft.
    Der Krieg ging zu Ende, und Niun blieb an seine Welt gebunden, ohne jemals die Dinge, die er

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