Ketten der Liebe
der bleichen Frau mit. »Die MacDuffs aus Ben MacDui sind mit unserem alten Lord ausgestorben.« Sie wickelte einen Schal um das zweite weinende Kind und seufzte dabei gramerfüllt. Dann reichte sie es Sorcha MacDuff, die jedoch zornig zurückwich.
»Ich will sie nicht«, zischte sie. »Was soll ich mit einer zweiten Tochter? Ich wollte einen Sohn!«
»Wollt Ihr am Willen Gottes zweifeln?« fragte die Hebamme ärgerlich. Beide Kinder waren Mädchen, und daran ließ sich nichts ändern. »Gott hat beschlossen, Euch Zwillingsmädchen zu schenken, Mylady. Beides sind gesunde Kinder. Ihr könnt sie doch nicht abweisen. Ihr solltet lieber Gott für Euer Glück danken. Manch ein Mädchen, das keine Kinder bekommen kann, würde Euch beneiden.«
»Meine kleine Gruoch will ich ja auch gar nicht abweisen«, sagte Sorcha MacDuff, »aber die andere ist mir nur eine Last. Gruoch ist jetzt die Erbin von Ben MacDui. Aber was nutzt mir die andere? Ich brauche einen Sohn!«
»Wir leben in einem harten Land und in harten Zeiten, Mylady«, erinnerte sie die Hebamme. »Jetzt sind beide Kinder stark, aber was geschieht, wenn eines krank wird und stirbt? Ohne die andere gäbe es dann keine MacDuff mehr, die alles erben könnte. Die Zweitgeborene hat, glaube ich, auch ihren Platz. Ihr solltet auch ihr einen Namen geben.«
»Dann nenne ich sie eben Regan«, sagte die enttäuschte Frau.
»Aber das ist ein Jungenname«, erwiderte die erschrockene Hebamme.
»Sie hätte ein Junge werden sollen«, antwortete Sorcha MacDuff herzlos. »Das ist der Preis, den sie dafür zahlen muß, daß sie mich enttäuscht hat.« Dann stöhnte sie auf, als ein letzter Schmerz sie durchfuhr und der Mutterkuchen aus ihrem Leib entwich.
Kopfschüttelnd legte die Hebamme Regan MacDuff in die zweite Wiege, die bei dem kleinen Feuer auf sie wartete. Dann wandte sie sich wieder ihrer Herrin zu. Kaum hatte sie ihre letzten Aufgaben erledigt, wurde die Tür mit einem heftigen Schlag aufgerissen. Kühn traten einige bewaffnete Männer ein. Sie hatten die schwachen und verängstigten Männer der MacDuffs, die die Burg bewachten, einfach beiseite gedrängt. Die Hebamme schrie auf, als sie sah, daß die Eindringlinge das grüne Plaid der Fergusons trugen. Sie kauerte sich neben ihre Herrin.
Ein großer Mann mit kalten Augen ergriff die verschreckte Frau am Arm, blickte sie grimmig an und fragte: »Wo sind die Kinder?« Die Hebamme verstummte vor Schrecken, aber Alasdair folgte ihrem Blick zu den beiden Wiegen beim Feuer. »Tötet sie!« befahl er seinen Männern augenblicklich. »Ich will keine MacDuffs mehr in der Nähe haben, die meine Ländereien bedrohen können.«
Nackt und immer noch blutverschmiert mühte sich die junge Mutter von ihrem Lager herab. Ihre Hand streckte sich nach MacFhearghuis Dolch aus. Ohne ihr auch nur einen Blick zu gönnen, schlug er ihre Hand beiseite. »Bastard!« schrie sie ihn an.
»Es sind Mädchen, Herr!« keuchte die Hebamme endlich hervor, um die hilflosen Babys zu retten.
»Mädchen können Euch nicht schaden!«
»Mädchen, alle beide?« Sein Blick war ungläubig. Dann sah er die nackte Frau auf ihrem Lager an.
»So«, rief er hämisch, »Torcull MacDuff hat also nur Mädchen zustande gebracht. Von mir hättest du Jungen bekommen, und das wird auch noch geschehen, meine glutäugige Furie. Du hättest mich heiraten sollen, nicht MacDuff.«
»Sind drei Frauen nicht genug für Euch, MacFhearghuis?« fragte sie verächtlich. »Ich habe den Mann geheiratet, den ich liebte. Und auch wenn Ihr ihn umgebracht habt, tut mir meine Wahl nicht leid.« Sie versuchte nicht einmal, ihren Körper vor ihm oder seinen Männern zu verhüllen. Die Männer waren schlau genug, nicht hinzusehen.
»Ich könnte deine Kinder töten, Sorcha MacDuff«, sagte er kalt. Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen, als er sie anblickte. Sogar nackt und blutverschmiert, von den Mühen der Geburt gezeichnet, war sie noch eine schöne, begehrenswerte Frau. Und daß er sie begehrte, konnte man nicht anzweifeln. Vor fast genau zwei Jahren hatte sie seinen Antrag abgelehnt und statt dessen seinen Feind gewählt. MacDuff wurde auch der blonde Torcull genannt. Er war ein großer, junger Mann mit glänzendem, blondem Haar und einem bezaubernden Lächeln gewesen. Nun, dachte MacFhearghuis, jetzt, da die Würmer an ihm nagen, sieht er bestimmt nicht mehr ganz so gut aus. Und seine Witwe würde ihr früheres Verhalten gegenüber dem Laird von Killieloch noch
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