Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ketten der Liebe

Ketten der Liebe

Titel: Ketten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
Vom Netzwerk:
meinen Mantel«, fuhr Harrison fort, »und stieß sie über den Rand der Klippen. Aber sie fiel nicht ins Wasser. Ich konnte sie immer noch sehen. Also nahm ich den schmalen Pfad und versteckte ihre Leiche in einer der Höhlen. Dieser Ort war viel sicherer als das Meer, denn meistens gibt die See die Toten wieder heraus.« Harrison wendete keinen Blick von Jermyn, als warte er auf die ersten Gemütsregungen in der ausdruckslosen Miene seines Neffen.
    Seine Mutter. Seine arme Mutter war ermordet und wie Unrat beseitigt worden. »Aber letzten Endes hat die See dich doch verraten. Sie brachte den Sturm. Und dieser Sturm legte die alte Höhle frei, damit ich sie finden konnte.« Als Jermyn jetzt an das heftige Unwetter zurückdachte, das schwere Schäden an seinem Anwesen angerichtet hatte, kam es ihm fast so vor, als hätte seine Mutter aus dem Jenseits den wütenden Sturm entfesselt. »Onkel, es ist immer schlecht, wenn man mit den Elementen im Streit liegt.«
    »Willst du mir jetzt Angst einjagen? Ich glaube nicht, dass die Elemente eine übernatürliche Kraft besitzen. Ich glaube weder an Geister noch an die Macht des Schicksals. Die See brandet seit eh und je an Englands Küsten, deine Mutter ist mir nie als Geist erschienen, und ich bin noch nie für irgendetwas, was ich gemacht habe, zur Rechenschaft gezogen worden.« Harrison hatte zwar die Pistole sinken lassen, aber er hielt sie immer noch fest in der Hand. Er klammerte sich gleichsam daran, sodass seine fein geäderten, dicken Wangen sich röteten. Jermyn konnte deutlich sehen, dass sein Onkel kurz vor einer unbedachten Handlung stand.
    Nur ein Narr würde auf Jermyn schießen, aber Harrison sehnte sich regelrecht nach dem Schuss.
    »Du bist mein einziger, noch lebender Verwandter, Onkel Harrison. Wir sind aufgrund der Familientradition dazu verpflichtet, einander fair zu behandeln«, sagte Jermyn.
    »So, sind wir das?«
    »Vermutlich muss ich dich gehen lassen.«
    »Ich glaube nicht, dass du das tust.« Aber die Hand, die krampfhaft die Pistole hielt, wurde ein wenig lockerer.
    »Du müsstest natürlich ins Exil gehen.« Jermyn nahm eine italienische Glasvase, warf sie in die Luft und fing sie wieder auf, während er erneut die Länge des Raums durchschritt. Mit etwas Glück würde die mit Schnörkeln versehene Tapete seinen Onkel beim Zielen irritieren. »Bestimmt hat ein Mann mit deiner Erfahrung einen Ort, an den er im Notfall fliehen kann.«
    »Durchaus. Ja, du solltest mich wirklich gehen lassen. Denn im Ganzen betrachtet, habe ich es stets gut mit dir gemeint. Das Vermögen ist weiter angewachsen. Ich habe mich darum gekümmert, als wäre es mein eigenes.«
    »Das hast du in der Tat.« Es war schon erstaunlich, wie tugendhaft sich Harrison nun präsentierte, wenn es doch auf der Hand lag, dass er sich nur deshalb so liebevoll um das Geld gekümmert hatte, weil er die ganze Zeit beabsichtigte, das gesamte Vermögen an sich zu reißen. »Du hast nach dem Tod meines Vaters das Familienvermögen verwaltet. Aber eines wusste ich bislang nicht: Nachdem meine Mutter verschwunden war, vertraute dir mein Vater das Vermögen nicht mehr an. Das habe ich von Mr. Livingstone und Lord Stoke erfahren.«
    »Diese elenden Wichtigtuer.«
    »Daher nehme ich an, dass du alles unternahmst, um dir selbst ein großzügiges Einkommen zu sichern, als du das Vermögen wieder unter deiner Kontrolle hattest, ganz gleich, was geschah.«
    »Nach Andrianas Tod brachte ich die Bücher wieder in Ordnung und gab das Geld zurück. Dein Vater hat nie etwas bemerkt. Warum hat er es sich dann anders mit mir überlegt?« Aber Harrison beantwortete sich die Frage selbst. »Wahrscheinlich hatte er Schuldgefühle, weil Andriana ihn verlassen hatte. Oder vielleicht glaubte er schließlich doch, dass sie mit ihrer Vermutung richtiglag. Bis zu seinem Tod hat er mir die Verwaltung des Vermögens nicht mehr übertragen.« Die Enttäuschung angesichts dieses Misstrauens war ihm auch heute noch deutlich anzumerken. Schärfer als zuvor sprach er weiter. »Jetzt wiederholt sich das Ganze. Du lässt dich auf ein hübsches Ding ein, diese Prinzessin Amy, und plötzlich horchst du auf und kommst ins Nachdenken. Dahinter steckt sie, nicht wahr? Sie hat mich absichtlich in dein Zimmer geschickt, war es nicht so?«
    »Was erzählst du mir da?« Amy und er hatten zwar abgesprochen, dass Amy zu Harrison gehen sollte, aber er hatte sie doch am Nachmittag auf gefordert, das Anwesen zu verlassen ...
    »Sie kam zu

Weitere Kostenlose Bücher