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Kid & Co - V3

Titel: Kid & Co - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Dunkelheit.
    »Sie wollten kein Fleisch essen und die Hunde nicht arbeiten lassen.«
    »Ist ja alles Jacke wie Hose... der Allweise hatte ihnen selbst den Weg zum Gold gezeigt. Und Laura Sibley wollte sie spornstreichs dorthin führen, wo sie alle Millionäre werden sollten.«
    »Ja, sie war ihre Seherin... hatte Visionen und ähnliches. Ich dachte, sie wären den Nordenskjöld hinaufgezogen.«
    »Pst... hör mal...«
    Kurz tippte Kid warnend gegen die Brust, und beide lauschten auf ein tiefes, langgezogenes Stöhnen, das aus einer der Hütten kam. Bevor es verstummte, kam ein neues aus einer anderen Hütte und dann wieder aus einer anderen... es war wie das furchtbare Stöhnen einer leidenden Menschheit... es wirkte unheimlich wie ein Alpdruck.
    »Pfui Deibel!« Kurz erschauerte. »Mir wird ganz übel davon. Wir wollen hingehen und sehen, was los ist.«
    Kid klopfte an die Tür einer Hütte, in der Licht brannte. Und als von drinnen »Herein!« gerufen wurde - offenbar von der Stimme, die vorher gestöhnt hatte -, traten beide ein.
    Es war eine ganz einfache Hütte aus rohen Balken, die Wände mit Moos gedichtet, der lehmige Boden mit Hobelspänen und Sägemehl bestreut. Das Licht rührte von einer Öllampe her, und in seinem Schein konnten sie fünf Betten sehen. In dreien davon lagen Männer, die sofort zu stöhnen aufhörten, um die Neuankömmlinge anzustarren.
    »Was ist los?« fragte Kid einen Mann, dessen breite Schultern und mächtige Muskeln die Bettdecke nicht zu verbergen vermochte. Seine Augen waren jedoch von Schmerz verdunkelt und seine Wangen ausgehöhlt. »Pocken? Oder was sonst?«
    Statt zu antworten zeigte der Mann auf seinen Mund und öffnete mit großer Mühe die schwarzen und geschwollenen Lippen. Kid erschauerte, als er ihn ansah. »Skorbut«, flüsterte er Kurz zu. Und der Mann nickte, um die Richtigkeit der Feststellung zu bestätigen.
    »Lebensmittel genug?« fragte Kurz.
    »Jawohl«, antwortete der Mann. »Aber ihr müßt euch selber helfen. Es ist massenhaft da. Die nächste Hütte auf der andern Seite steht leer. Das Depot liegt daneben. Geht nur hin.«
    In allen Hütten, die sie in dieser Nacht besuchten, fanden sie dasselbe Bild. Das ganze Lager war vom Skorbut ergriffen. Es waren auch ein Dutzend Frauen da, aber die bekamen sie nicht gleich zu sehen. Ursprünglich waren es im ganzen dreiundneunzig Männer und Frauen gewesen, aber zehn waren gestorben und zwei kürzlich verschwunden. Kid erzählte, wie sie die beiden gefunden hatten, und drückte sein Erstaunen darüber aus, daß es keinem eingefallen war, die Fährte eine so kurze Strecke zu verfolgen und selbst Untersuchungen anzustellen. Was aber ihm und Kurz besonders auffiel, war die völlige Hilflosigkeit dieser Leute. Ihre Hütten waren unordentlich und unsauber. Die Teller standen ungewaschen auf den roh gezimmerten Tischen. Sie halfen sich auch nicht gegenseitig. Die Sorgen einer Hütte waren nur ihre Sorgen allein, ja, die Leute hatten sogar schon aufgehört, ihre Toten zu begraben.
    »Es ist wirklich ganz unheimlich«, sagte Kid zu Kurz. »Ich habe viele Gauner und Taugenichtse in meinem Leben getroffen, aber noch nie so viele auf einmal. Du hörst ja selbst, was sie sagen. Sie haben die ganze Zeit keine Hand zur Arbeit gerührt. Ich wette, sie haben sich nicht einmal die Gesichter gewaschen. Kein Wunder, daß sie Skorbut bekommen haben.«
    »Aber Vegetarianer sollten doch eigentlich gar nicht Skorbut bekommen können«, wandte Kurz ein. »Man glaubt ja immer, daß nur Leute, die Salzfleisch essen, Skorbut bekommen. Und die Leute hier essen ja gar kein Fleisch, weder frisches noch gepökeltes, weder rohes noch gekochtes oder sonst irgendwie zubereitetes.«
    Kid schüttelte den Kopf. »Ich weiß schon. Und mit vegetarischer Kost heilt man Skorbut, was keine Medizin vermag. Pflanzen, namentlich Kartoffeln, sind die einzigen Gegenmittel. Aber vergiß eines nicht, Kurz: Wir haben es hier nicht mit einer Theorie, sondern mit der Wirklichkeit zu tun. Es ist eine Tatsache, daß diese Grasfresser alle Skorbut bekommen haben.«
    »Es ist vielleicht ansteckend.«
    »Nein, soviel wissen die Ärzte jedenfalls. Skorbut ist keine ansteckende Krankheit. Man wird nicht angesteckt. Er entsteht im Organismus selbst. Soviel ich weiß, ist die Ursache das Fehlen irgendeines Stoffes im Blut. Es kommt nicht davon, daß sie etwas gekriegt haben, sondern daß ihnen etwas fehlt. Ein Mensch bekommt Skorbut, wenn ihm gewisse Chemikalien in seinem Blut

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