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Kid & Co - V3

Titel: Kid & Co - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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betreten hatten. Sie konnten hier feststellen, daß sie bis vor kurzem von zwei Männern bewohnt gewesen war. Vermutlich waren es die beiden Selbstmörder gewesen, deren Leichen sie gefunden hatten. Sie untersuchten das Depot und fanden, daß es mit ungeahnten Mengen von Lebensmitteln versehen war, die alle eingemacht, pulverisiert, gedämpft, kondensiert oder gedörrt waren.
    »Wie in aller Teufel Namen haben die Leute sich den Skorbut geholt?« fragte Kurz und zeigte auf die kleinen Pakete mit pulverisierten Eiern und italienischen Champignons.
    »Sieh dir das mal an... und das!« Er zog Büchsen mit Tomaten und Mais und Gläser mit gefüllten Oliven hervor.
    »Und dabei hat selbst die göttliche Lenkerin Skorbut bekommen. Was sagst du dazu?«
    »Lenkerin... wie kommst du darauf?« fragte Kid.
    »Na, ganz einfach«, antwortete Kurz. »Hat sie nicht ihre Schafe nach diesem verdammten Loch gelenkt?«

    Am nächsten Morgen, als es hell geworden war, sah Kid einen Mann, der ein mächtiges Bündel Brennholz trug. Es war ein kleiner Kerl, aber er war sauber gekleidet und sah recht keck aus. Trotz der schweren Bürde bewegte er sich rasch und leicht. Kid fühlte unwillkürlich einen gewissen Unwillen gegen ihn.
    »Was ist mit Ihnen los?« fragte er.
    »Gar nichts«, antwortete der Kleine.
    »Das dachte ich mir schon«, erklärte Kid. »Eben deshalb habe ich gefragt. Dann sind Sie also Arnos Wentworth. Aber sagen Sie mir, warum in aller Welt haben Sie keinen Skorbut gekriegt, wie alle andern?«
    »Weil ich mir tüchtig Bewegung gemacht habe«, lautete die rasche Antwort. »Die andern hätten ihn auch nicht zu kriegen brauchen, wenn sie sich nur ein bißchen Bewegung gemacht und gearbeitet hätten. Warum haben sie das nicht getan? Sie haben nur gemurrt, gemeckert und geschimpft, weil es kalt und die Nächte zu lang und das Leben zu schwer war, haben über ihre Schmerzen und Leiden und über alles mögliche geklagt. Sie haben tagsüber in ihren Betten gepennt, bis sie so aufgedunsen waren, daß sie sie überhaupt nicht mehr verlassen konnten. Das ist die ganze Geschichte. Sehen Sie mich an! Ich habe geschuftet. Kommen Sie nur mit in meine Hütte.«
    Kid folgte ihm.
    »Schauen Sie sich nur ruhig um! Alles blitzblank, nicht? Was sagen Sie nun? Alles piekfein und sauber! Ich würde auch die Späne und das Sägemehl nicht auf dem Boden liegen lassen, wenn es nicht warmhielte... aber es sind saubere Späne und sauberes Sägemehl, kann ich Ihnen sagen. Schauen Sie sich mal den Fußboden in den andern Hütten an, Verehrtester! Sauställe, sag ich Ihnen. Ich pflege auch nicht von ungewaschenen Tellern zu futtern. Nee, besten Dank, Verehrtester. Aber es heißt arbeiten, und gearbeitet hab' ich wie ein Vieh, und deshalb hab' ich auch keinen Skorbut gekriegt! Darauf können Sie sich verlassen, Verehrtester!«
    »Da haben Sie offenbar den Nagel auf den Kopf getroffen«, gab Kid zu. »Aber ich sehe, daß Sie hier nur ein Bett haben... Warum sind Sie so ungesellig?«
    »Weil es mir lieber so ist! Es ist leichter, nach einem sauberzumachen als nach zweien. Die stinkfaulen Pennbrüder! Kein Wunder, daß sie Skorbut gekriegt haben.«
    Das klang ja alles sehr überzeugend, aber Kid konnte sich dennoch nicht von einem Gefühl des Unbehagens dem Mann gegenüber befreien.
    »Was hat Laura Sibley eigentlich gegen Sie?« fragte er plötzlich.
    Arnos Wentworth warf ihm einen raschen Blick zu.
    »Die ist ja verrückt«, antwortete er. »Im übrigen sind ja alle verrückt... aber der Himmel bewahre mich vor Leuten, deren Verrücktheit darin besteht, daß sie die Teller, von denen sie gefressen haben, nicht abwaschen wollen, und von der Sorte sind all die Trottel hier.«
    Wenige Minuten später sprach Kid mit Laura Sibley. Auf zwei Stöcke gestützt, humpelte sie im Lager herum und war vor Wentworth' Hütte stehengeblieben.
    »Was haben Sie eigentlich gegen Wentworth?« fragte er ganz unvermittelt, als er sich mit ihr unterhielt. Die Frage kam so unerwartet, daß sie nicht darauf vorbereitet sein konnte.
    Ihre grünen Augen blitzten erbost auf, ihr ausgemergeltes Gesicht verzerrte sich vor Wut, und ihre wunden Lippen konnten nur mit Mühe einen unbeherrschten, unbesonnenen Ausbruch zurückhalten. Aber sie gab nur ein hörbares Stöhnen und einige unverständliche Laute von sich. Dann gelang es ihr, sich durch eine furchtbare Willensanspannung zu beherrschen.
    »Weil er gesund geblieben ist«, ächzte sie. »Nur weil er keinen Skorbut gekriegt hat!

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