Kid & Co - V3
Weil er keinem von uns die geringste Hilfe leisten will! Weil er uns verrecken läßt, ohne einen Finger zu rühren, um uns Wasser oder Brennholz zu bringen! So ein Biest ist er. Das ist alles. Aber er soll sich in acht nehmen.«
Stöhnend und ächzend humpelte sie weiter. Als Kid aber fünf Minuten später aus seiner Hütte trat, um die Hunde zu füttern, sah er, wie sie sich in die Hütte von Arnos Wentworth schlich.
»Hier stimmt etwas nicht, Kurz, das ist todsicher«, sagte er und schüttelte düster den Kopf, als sein Kamerad zur Tür herauskam, um einen Eimer mit Abwaschwasser auszugießen.
»Zweifle gar nicht daran«, antwortete Kurz gut gelaunt. »Und wir beide werden den Dreck auch noch kriegen - du wirst schon sehen.«
»Ich meine gar nicht den Skorbut.«
»Ach so, du meinst die göttliche Lenkerin. Die würde selbst einen Toten ausziehen, wenn sie was davon hätte! Sie ist das gierigste Frauenzimmer, das ich je gesehen habe.«
»Es ist nur die Bewegung, Kurz, die uns beide gesund hält. Und dadurch ist auch Wentworth gesund geblieben. Du siehst ja, wie es den anderen ergangen ist, weil sie nicht für Bewegung gesorgt haben. Jetzt müssen wir also den Patienten hier Bewegung verordnen. Ich ernenne dich hiermit zur Oberschwester.«
»Was sagst du? Ausgerechnet mich?« rief Kurz entgeistert. »Ich lege das Amt nieder.«
»Nein, das tust du nicht. Ich werde dir schon behilflich sein, denn es wird ja wahrscheinlich keine Sinekure werden. Wir wollen sie schon springen lassen. Zuallererst müssen sie ihre Toten begraben. Die Kräftigsten stecken wir in die Begräbnisschicht. Die Zweitstärksten kommen in die Holzfällerschicht... Sie sind in ihren Betten geblieben, um Brennholz zu sparen... und so geht's weiter. Dann kommt der Fichtentee. Den darfst du um Gottes willen nicht vergessen. Die Leute hier haben nie davon gehört.«
»Da werden wir ja genug zu tun haben«, grinste Kurz. »Aber ich glaube, daß wir selbst doch vorher ein paar Kugeln in den Bauch kriegen werden.«
»Du könntest recht haben... zuerst wollen wir uns also damit beschäftigen«, sagte Kid. »Nur los.«
Im Laufe der nächsten Stunde machten sie die Runde durch sämtliche zwanzig Häuser. Die gesamte Munition, alle Stutzen, Schrotbüchsen und Revolver wurden beschlagnahmt.
»Hört mal, ihr Invaliden«, rief Kurz den Kranken zu, »her mit den Schießprügeln! Wir brauchen sie.«
»Wer sagt denn das?« wurde gleich in der ersten Hütte gefragt.
»Zwei Ärzte aus Dawson«, gab Kurz zur Antwort. »Und was die sagen, wird getan. Nur her damit! Her mit eurer Munition!«
»Was wollt ihr denn damit?«
»Einen kleinen Feldzug gegen Büchsenfleisch unternehmen, das den Canyon heraufmarschiert... Und ich rate euch, gut aufzupassen, denn es steht eine Überschwemmung von Fichtentee bevor. Also los.« Und das war der Anfang des ersten Tages. Mit Hilfe von Überredungskunst und Kommandieren, und hin und wieder auch mit Gewalt, gelang es ihnen, die Männer aus den Betten zu jagen und sie so weit zu bringen, daß sie sich anzogen. Kid suchte sich die leichtesten Fälle für die Beerdigungsschicht heraus. Eine zweite Schicht erhielt den Befehl, Holzscheite herbeizuschaffen, mit denen die Gräber durch den Schnee bis zur gefrorenen Erde gebrannt wurden. Eine dritte Schicht mußte Brennholz schlagen und es unparteiisch in den Hütten verteilen. Wer zu schwach war, um ins Freie zu gehen, mußte die Hütten säubern, Fußböden schrubben und Kleider waschen.
Eine besondere Schicht mußte Fichtenzweige in Mengen sammeln; sämtliche Öfen wurden geheizt, damit man genügend Fichtentee zubereiten konnte.
Aber was Kurz und Kid auch taten, die Lage blieb doch äußerst ernst und unbehaglich. Mindestens dreißig schlimme und offenbar unheilbare Kranke mußten sie in den Betten liegen lassen, nachdem sie mit Grauen und Ekel ihren Zustand geprüft hatten. In Laura Sibleys Hütte starb eine der Frauen.
Aber strenge Maßnahmen waren ja unter den gegebenen Verhältnissen unvermeidlich.
»Es geht mir gegen den Strich, kranke Leute zu verhauen«, erklärte Kurz und ballte drohend die Fäuste. »Aber ich würde ihnen den Kopf abschlagen, wenn ich sie dadurch heilen könnte. Und was euch Taugenichtsen nottut, sind Dresche! Also los! Heraus aus den Decken und etwas willig, oder ich mache eure schönen Gesichter zu Apfelmus.«
Alle Arbeitsschichten stöhnten, seufzten und schluchzten.
Und die Tränen strömten ihnen aus den Augen und gefroren noch während
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