Kid & Co - V3
Kurz' lief den anderen Hang wieder hinab. Die ersten Fichten standen unten im Flußbett, eine kleine Meile entfernt, und es leuchtete Kid ein, daß Kurz sie passiert haben mußte. Kid sah auf seine Uhr, gedachte der eintretenden Dunkelheit, der wartenden Hunde, des einsamen Lagers und entschloß sich widerstrebend zur Umkehr. Vorher aber warf er noch einen langen spähenden Blick über das weite Land. Der ganze östliche Horizont war von dem schneebedeckten Grat der Rocky Mountains begrenzt und glich der zackigen Schneide einer Säge. Das gewaltige Gebirge erstreckte sich, Kette neben Kette, nach Nordwesten und schien den Weg nach dem offenen Lande, von dem La Perle erzählt hatte, zu versperren. Es sah deshalb aus, als ob die Berge sich zusammengetan hätten, um den Wanderer nach dem Westen und dem Yukon zurückzudrängen.
Bis Mitternacht unterhielt Kid ein großes Feuer, das Kurz als Wegweiser dienen konnte. Und sobald er am nächsten Morgen das Lager abgebrochen und die Hunde vorgespannt hatte, nahm er die Verfolgung auf. In der engen Schlucht, durch die er ging, spitzte der Leithund plötzlich die Ohren und begann zu heulen. Bald danach stieß Kid auf sechs Indianer, die ihm entgegenkamen. Sie trugen nur leichtes Gepäck und hatten keine Hunde bei sich. Sie umringten ihn und gaben ihm sofort verschiedene Gründe, erstaunt zu sein. Es war nämlich ganz offenbar, daß sie unterwegs waren, um ihn zu suchen. Ebenso schnell stellte er fest, daß sie keinen der ihm bekannten Indianerdialekte sprachen. Es waren indessen keine weißen Rothäute, obgleich sie größer und kräftiger gebaut waren als die Indianer unten am Yukon. Fünf von ihnen trugen lange altmodische Gewehre, während der sechste einen Winchesterstutzen trug, den Kid sofort als Kurz' Eigentum erkannte.
Sie verschwendeten auch keine Zeit, um ihn feierlich gefangenzunehmen. Er selbst trug keine Waffen und war also gezwungen, sich zu ergeben. Den Inhalt des Schlittens übernahmen sie ohne weiteres und verteilten ihn unter sich. Er selbst mußte ein Bündel mit seinem und Kurz' Schlafsack auf den Rücken nehmen. Die Hunde liefen ohne Sielen herum, und als Kid dagegen Einspruch erhob, bedeutete ihm einer der Indianer durch Zeichen, daß der Weg zu schwierig zum Schlittenfahren sei. Kid mußte sich deshalb in das Unvermeidliche fügen, stellte den Schlitten auf den Hang oberhalb des Flusses aufrecht in den Schnee und trottete dann mit seinen Wärtern weiter. Sie zogen über die Wasserscheide nordwärts nach den Fichten, die Kid am vorigen Abend aus der Ferne gesehen hatte.
Die erste Nacht verbrachten sie in einem Lager, das seit mehreren Tagen benutzt sein mußte. Hier lagen reichliche Mengen von getrocknetem Lachs und einer Art Pemmikan, die die Indianer in ihren Bündeln verstauten. Von diesem Lagerplatz aus lief eine durch viele Schneeschuhe getretene Fährte... Kid war sich darüber klar, daß sie von den Leuten herrührte, die Kurz gefangengenommen hatten. Und schon ehe es dunkel wurde, hatte er unter den vielen Spuren die von Kurz' Schneeschuhen festgestellt, die schmaler als die der Indianer waren. Als er die Indianer durch Zeichen danach befragte, nickten sie zur Bestätigung und wiesen mit den Fingern nach Norden.
Die folgenden Tage zeigten sie immer nur nach dem Norden, und auch die Fährte, die sich durch ein wahres Chaos von hohen Felsblöcken schlängelte, führte in diese Richtung. Der Schnee war tiefer als in den niedriger gelegenen Tälern, und sie hätten überhaupt nicht ohne Schneeschuhe vorwärts kommen können. Kids Wärter, die alle jung waren, wanderten indessen leicht und sicher. Und er konnte einen gewissen Stolz nicht unterdrücken, daß er so mühelos mit ihnen Schritt zu halten vermochte.
Sie brauchten sechs Tage, um den mittleren Paß zu erreichen und zu überschreiten, denn wenn er auch im Verhältnis zu den Bergen, die ihn umgaben, niedrig erschien, war er an sich doch schreckenerregend und für schwerbeladene Schlitten überhaupt unbefahrbar. Nachdem sie weitere fünf Tage dem gewundenen Weg, der sich immer tiefer und tiefer den Berg hinabschlängelte, gefolgt waren, gelangten sie in das offene, wellenförmige, nur leicht hügelige Gelände, das La Perle zehn Jahre zuvor besucht hatte. Kid erkannte es auf den ersten Blick - es war ein eisiger Tag, das Thermometer stand vierzig Grad unter Null, und die Luft war so klar, daß er Hunderte von Meilen weit sehen konnte. So weit sein Blick reichte, erstreckte sich das
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