Kill your friends
Arschbacken heraus. Das schwache, gedämpfte Summen ist bei dem Ächzen und Stöhnen aus dem Fernseher kaum hörbar.
Ich mache mich zu Fuß auf den Heimweg nach Maida Vaile. Die Sonne geht auf, und als ich die Harrow Road überquere, habe ich Blurs »Beetlebum« im Kopf. Die lange, graue Straße, übersät mit Imbissbuden und 50-Cent-Ramschläden – eine schwelende Londoner Wunde, die niemals mehr einen Aufschwung erleben wird –, ist völlig verlassen. Abgesehen von einem einsamen Doppeldeckerbus, der wegen mir eine Vollbremsung hinlegt und gegen den Bürgersteig scheppert. Er ist voll mit Pendlern. Armen Schweinen mit Gesichtern nackt und trostlos wie Pornografie, stumpf und brutal wie eine letzte Mahnung. Auf ihrem Weg in die Innenstadt rasen sie blitzschnell an mir vorbei, um dort den ganzen Tag zu tun, was sie immer für ihr Geld tun. Matt leuchtende, gelbe Buchstaben vorne am Bus künden davon, dass diese Menschen aus Kensal Rice, Cricklewood, Wembley und anderen Orten kommen. Noch armseligeren, noch schrecklicheren Vierteln, von denen ich nicht einmal die Namen kenne.
***
» Wenn du mit Herz und Seele Wettkämpfer bist, dann willst du den anderen Kerlen das Gehirn rausprügeln. Denn genau das ist es, was du so liebst.«
Al Teller,
ehemaliger Präsident von Columbia Records
***
»Was denkst du? Ganz ehrlich?«, fragt einer von ihnen – der Bassist? der Sänger? –, als das letzte Fiepen des Feedbacks verklungen ist.
Ich schaue mich in meinem Büro um: Vier Musiker – Anfang zwanzig, dünn, anämisch, abgerissene Klamotten – hocken auf dem Sofa und dem Fußboden, während ihr Manager, ein paar Jahre älter und etwas besser gekleidet als sie, mir am Schreibtisch in einem Stuhl gegenübersitzt.
Waters Nichterscheinen im Büro heute Morgen verursachte … gar nichts. Ich vermute, an den meisten Arbeitsplätzen gilt es als ungewöhnlich, ja verwerflich, wenn Leute einfach nicht auftauchen oder dermaßen verkatert auftauchen, dass sie nur noch kotzen und heulen können. Hier nicht. Nicht in der Musikindustrie. (»Industrie«, das ist doch Vortäuschung falscher Tatsachen: »Lat. industria: Fleiß und Betriebsamkeit«. Durch die Glaswand meines Büros kann ich diesen sogenannten Fleiß und diese Betriebsamkeit beobachten: Rebecca, die sich kaputtlacht, während sie völlig darin vertieft ist, eine Antwortmail voller Klatsch und Tratsch an irgendeine befreundete Schlampe zu tippen. Darren und Stan, unsere Scouts, die sich gegenseitig mit Wasserpistolen jagen. Schneider, der Nancy beschimpft, weil sie eine ach so wichtige Restaurantreservierung nicht für ihn klarmachen konnte.)
Was ich denke? Ganz ehrlich?
Ich stelle mir den Ausdruck vor, der auf den erwartungsfrohen Gesichtern dieser Menschen erscheinen würde, wenn ich auch nur ansatzweise das sagen würde, was ich wirklich dachte, als ich ihr Demo hörte: »In Ordnung, Jungs, während des hirnverbrannt langen Intros zur ersten Nummer begann ich mich zu fragen, ob diese Ficker vom Firmenfuhrpark es endlich hinbekommen haben, den neuen CD-Wechsler in den Kofferraum meines Wagens einzubauen. Als dann endlich der abgedroschene, längst überfällige ›Refrain‹ kam, ließ ich gerade einen Koks- und Ecstasy-befeuerten Gangbang vor meinem geistigen Auge Revue passieren, den ich mir kürzlich mit zwei billigen osteuropäischen Huren geleistet habe. Da ich vergessen habe, den Anzug, den ich morgen auf den Music Week Awards tragen wollte, in die Reinigung zu bringen, begann ich nun, mir Sorgen zu machen, ob sie das noch am gleichen Tag hinbekommen. Ich fragte mich, ob es besser sei, Rebecca während der Mittagspause bei meiner Wohnung vorbeizuschicken, damit sie ihn für mich abgeben kann. Oder sollte ich einfach einen neuen Anzug kaufen? Bei Paul Smith habe ich neulich einen gesehen, der mir gefiel. Aber in der Kürze der Zeit könnte ich vermutlich keine Änderungen mehr vornehmen lassen. Dann lief Lisa aus der Finanzabteilung am Fenster vorbei, sie trug ihre tief geschnittene Jeans, und ich konnte den Gummizug ihres Stringtangas sehen. Ich begann sie in den Gangbang mit den osteuropäischen Huren einzubauen. Ich stellte mir vor, wie eine der beiden sie mit einem großen Umschnall-Dildo fickte, während die andere sie von hinten leckte und ich daraufhin eine satte Ladung in ihren würgenden Mund und ihre leuchtenden, dankbaren Augen ejakulierte. Als ich schließlich, glänzend vor Schweiß und nach Luft ringend, triumphierend über den drei nackten,
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