Kill your friends
drauf«, denke ich mir, breche zwei große, eierförmige Temazepan-Dragees mit dem Daumennagel auf und drücke die dickflüssige, klebrige Flüssigkeit in das kreidige Puder. Ich kippe alles in sein Glas, fülle es bis zum Rand mit Wodka und gebe fürs Aroma noch einen Spritzer Tonic hinzu.
***
»Ich bin ein Bär! Ich bin der Tanzbär!«
Wir beide tanzen zu einer Rave-Compilation, als der teuflische Cocktail erstklassiger Hämmer anschlägt, und Waters beginnt, sich die Klamotten vom Leib zu reißen. Ich habe ihm vorgeschlagen, dass er ja möglicherweise gerne irgendein Tier nachmachen würde. Jetzt, etwa eine Stunde später, liege ich zufrieden zurückgelehnt in Waters riesigem Ledersitzsack und schaue zu, wie er nackt durch sein Wohnzimmer tollt und den Zirkusbären gibt. Er ist durch und durch gaga.
Ich ermuntere ihn, rufe ihm Anweisungen zu und versuche, das Beste aus dem kleinen Zeitfenster herauszuholen, das bleibt, bis er kollabiert.
»Bär isst CDs?«, schlage ich vor und werfe ihm eine Handvoll zu.
»Bär isst CDs!«, kreischt Waters entzückt und stopft sich Pulps Different Class in den Mund. Er beißt mitten durch – die Plastikhülle, das Cover, die CD, das ganze Ding. »Mmmm«, sagt er, dreht sich zu mir und reibt sich glücklich den nackten Bauch, während ihm Papier- und Plastikstückchen aus dem blutenden Mund fallen. Flüchtig nimmt sein Gesicht einen leicht sorgenvollen Ausdruck an. »Bär braucht …« Er versucht etwas zu sagen, seine Pupillen verschwinden in den Höhlen, so, als wollte er nachsehen, was von seinem Gehirn noch übrig geblieben ist.
»Bär braucht was? Was braucht der Bär?«, rede ich ihm zu, wie man es bei einem verwirrten Kind tut.
»Bär braucht …« Abrupt geht er in die Hocke und entlässt einen Schwall faulig stinkender Scheiße auf seinen schönen Seegras-Teppichboden. Dann verliert er das Gleichgewicht und fällt in seine eigenen Exkremente.
Der Gestank ist so unglaublich, dass er den schlafenden Hund aufweckt. Ich schließe ihn im Schlafzimmer ein und blicke auf meine Uhr. Vier Uhr früh. Genug ist genug. »Hier, durstiger Bär«, sage ich, hebe seinen Kopf vorsichtig an, damit ich nichts von der Scheiße abbekomme und halte einen Becher an seine Lippen. Er ist gefüllt mit Evian, in dem ich weitere zwei Dutzend seiner Valiumpillen aufgelöst habe. Gierig schluckt Waters es runter. »Guter Bär«, sage ich und tätschel seinen Kopf, »guter Bär …«
Etwa eine Stunde später beobachte ich ihn beim Schlafen – Sterben –, während ich mir den letzten Rest Koks durch die Nase ziehe und das Menswear-Album höre. Was hat er sich, verdammt noch mal, dabei gedacht? »Roger! Was hast du dir, verdammt noch mal, dabei gedacht!«, schreie ich und schlage auf sein Gesicht mit der CD-Hülle ein.
»Mmmmmmm?«, nuschelt er. Sein Gesicht liegt auf dem Teppich, und seine Füße verkrampfen sich, während der Tod ihn liebkost.
Ich mache den Fernseher an und schaue eine Zeit lang VH1. Während Waters Atmen von einem lauten, mühsamen Schnorcheln zu einem rasselnden Wispern wird und schließlich ganz aufhört, sehe ich Clips der Cardigans, Radiohead, Texas und die neue Blur-Single. Zufrieden, dass er tot ist, hole ich meinen Schwanz raus und pisse ihn voll.
Dann gehe ich ins Schlafzimmer und durchwühle seine Schubladen. Meine Ausgrabungen haben Erfolg. Hinten in seinem Kleiderschrank stoße ich auf einen Sex-Schatz: Pornomagazine, Videos, Spielzeug, Gleitmittel. Ich fische einen Analvibrator heraus. Er hat die Größe eines Champagnerkorkens und ist mit einem anderthalb Meter langen grauen Kabel mit Batteriekasten und Steuerung verbunden. Ich knipse ihn an. Er vibriert kraftlos, also ersetze ich die alten Batterien durch die aus der Fernbedienung für den Flatscreen-Fernseher in Waters Schlafzimmer. Viel besser. Es fühlt sich an, als würde man einen kleinen, zornigen Frosch halten. Ich hole mir Gummihandschuhe unter der Spüle.
Bevor ich gehe, zappe ich durch die Kanäle, bis ich »Redhot Amateurs« gefunden habe. Eine pickelärschige Hausfrau in billiger, roter Wäsche lächelt kokett in die Kamera, während sie wie ein Flötist, der sich auf einen besonders anspruchsvollen Vortrag vorbereitet, einen Dildo befingert. Ich lasse den Fernseher laufen. Bläuliches Licht flackert über Waters vor Pisse triefende, mit Scheiße verschmierte Leiche und die leeren Valium- und Wodkaflaschen auf dem koksverschmierten Spiegel. Das Kabel des Vibrators hängt zwischen seinen
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