Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
leichter erkannte. Über dem Haupteingang des Zentrums hing irgendwann ein Schild mit der Aufschrift HEUTE IST DER 12 . SEPTEMBER 2001 . Es diente als ständige Mahnung, dass seit dem Angriff auf die Twin Towers und das Pentagon jederzeit mit einem Terroranschlag innerhalb der nächsten Tage oder gar Minuten zu rechnen war.
In den ersten Monaten des geheimen Kriegs war J. Cofer Black Chef des expandierenden Unternehmens, ein exzentrischer Führungsoffizier, von der Jagd auf Osama Bin Laden besessen, seit er in der sudanesischen Hauptstadt Khartum CIA -Stationschef gewesen war, während der Terroristenführer im Sudan im Exil gelebt hatte. Black pflegte bei der CIA ein Image, das ihn als eine Mischung aus verrücktem Wissenschaftler und General George Patton auswies. Am 11. September, als die Befürchtung bestand, das letzte der entführten Flugzeuge könnte vielleicht Langley ansteuern, verbot er den CTC -Mitarbeitern, zusammen mit dem Rest des Personals das Hauptquartier zu evakuieren.
In den Monaten darauf erschien CIA -Direktor George Tenet fast nur noch mit Black an seiner Seite im Weißen Haus. Und es entstand der Mythos, dass Black fest entschlossen sei, möglichst viele Qaida-Mitglieder zu töten. Bei einer Besprechung im Oval Office zwei Tage nach den Angriffen fragte Präsident Bush ihn, ob die CIA ihrer neuen Aufgabe gewachsen sei, Afghanistan mit paramilitärischen Teams zu infiltrieren und im Bündnis mit afghanischen Warlords die Taliban zu bekämpfen. Black entgegnete, dass Bin Laden und seinen Brüdern »Fliegen auf den Augäpfeln herumkrabbeln« würden, wenn die CIA mit al-Qaida fertig sei. Das war genau die Antwort, die George W. Bush hören wollte, und er schloss den prahlerischen Chef der Terrorismusbekämpfung ins Herz. Einigen Mitgliedern seines Kabinetts jedoch schauderte es bei dem blutrünstigen Geschwätz, und sie nannten ihn von da an nur den »Fliegen-auf-den-Augäpfeln-Typ « .
Dass Black bei den entscheidenden Leuten im Weißen Haus ein so grenzenloses Ansehen genoss, führte zu Spannungen innerhalb der CIA und zu ständigen Konflikten mit seinem Boss James Pavitt, den Black für schwach und fantasielos hielt. Pavitt führte das Command of Operations, die Abteilung des Geheimdiensts, die für alle Spionageeinsätze und verdeckten Operationen im Ausland zuständig war, und er hielt Black für einen Angeber und cowboyhaften Draufgänger. Seiner Ansicht nach war der Chef des CTC viel zu sehr darauf bedacht, die CIA wieder in jene Abenteuer in Übersee zu stürzen, die ihr zuvor schon massive Probleme bereitet hatten. Auch hatten die beiden in den Jahren vor dem 11. September erbittert darüber gestritten, ob die CIA sich bewaffneter Predator-Drohnen bedienen sollte, um Bin Laden in Afghanistan zu jagen.
Doch die Erfolge, welche die CIA Ende 2001 mit ihrer ursprünglichen Strategie in Afghanistan erzielte, waren ein Sieg für Black und das Counterterrorist Center. Auch Kritiker des Geheimdiensts sahen sie als Beweis dafür, dass es seine Vorteile hatte, wenn ein kleiner Kader von CIA -Beamten gegen eine diffuse Organisation wie al-Qaida kämpfte. Teams von CIA -Paramilitärs, später ergänzt durch Green Berets der Army, hatten aus einem bunten Haufen afghanischer Milizen ein siegreiches Heer geformt. Auf dem Rücken von Pferden und mit verrosteten Panzerfahrzeugen aus der Sowjetära hatte die Nordallianz die Taliban aus Kabul und Kandahar vertrieben.
Der seltsame neue Konflikt hatte auch die herkömmliche Art der US -amerikanischen Kriegführung auf den Kopf gestellt. Die traditionelle Befehlskette in Kriegszeiten verlief vom Weißen Haus über den Verteidigungsminister zu einem kommandierenden Viersternegeneral, der mit einem Stab aus Hunderten von Mitarbeitern einen Kriegsplan erstellte und ausführte. Diese Befehlskette wurde nun stillschweigend umgangen. Der CIA -Direktor war zu einem Militärkommandeur geworden, der mit einem extrem kleinen Stab und weitgehend unkontrolliert einen weltweiten geheimen Krieg führte. Tenet begann, auf die Verstärkung der paramilitärischen Teams der CIA in Afghanistan zu drängen. Und er machte dem Weißen Haus ein Programm schmackhaft, bei dem Terroristen festgenommen, in Geheimgefängnissen weggesperrt und einem orwellschen Schreckensregime brutaler Verhörmethoden unterworfen wurden. Nur Bush und Cheney und eine kleine Gruppe im Weißen Haus kontrollierten die Entscheidung, wer festgenommen, wer getötet und wer verschont werden sollte.
Dies
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