Der Ring an meiner Hand
1. KAPITEL
„Nein“, erklärte Emily. Das sagte sie ruhig und klar, doch ihre grünen Augen blitzten die beiden Anwälte an, die ihr gegenüber am Tisch saßen. „Keine Scheidung. Informieren Sie den Conte, dass ich eine Annullierung der Ehe wünsche.“
Der jüngere der Männer rang hörbar nach Luft, was ihm einen tadelnden Blick des anderen einbrachte. Arturo Mazzini nahm seine Brille ab, säuberte die Gläser und setzte sie wieder auf seine Nase.
„Aber Contessa“, sagte er sanft, „das ist doch sicherlich nur … eine Frage der Betonung. Wichtig ist doch, dass Ihre Ehe gelöst wird, nicht auf welche Weise.“
„Ich kann selbst entscheiden, was wichtig ist und was nicht“, entgegnete Emily. „Eine Scheidung setzt voraus, dass tatsächlich eine Ehe existiert hat. Ich möchte der Welt unmissverständlich klarmachen, dass dies nicht zutrifft. Ich war niemals die Ehefrau von Conte Rafaele Di Salis – zumindest nicht im üblichen Sinn des Wortes.“
„Der Welt?“, wiederholte Signor Mazzini entsetzt. „Das können Sie unmöglich ernst meinen, Contessa. Jedes Arrangement zwischen Ihnen und Conte Di Salis muss ein privates sein.“
„Diese Ehe war nicht mein Wunsch. Sie wurde von meinem Vater arrangiert“, erklärte sie eisig. „Daher empfinde ich dem Conte gegenüber keinerlei Verpflichtungen. Und bitte nennen Sie mich nicht Contessa. Unter den gegebenen Umständen ist das kaum angemessen. Miss Blake reicht völlig.“
Eine unangenehme Stille trat ein. Signor Mazzini fuhr sich mit einem Taschentuch über die Stirn.
„Contessa … Miss Blake, bitte denken Sie noch einmal nach. Die Scheidung wäre kaum mehr als eine Formalität. Die Regelungen, die mein Klient Ihnen vorschlägt, sind sehr großzügig.“
„Ich brauche keinerlei finanzielle Hilfe vom Conte. Sobald ich einundzwanzig bin, trage ich allein die Verantwortung für meine Angelegenheiten. Das Geld meines Vaters und unser Haus werden endlich in meinen Besitz übergehen. Und dann bin ich eine vollkommen unabhängige Frau.“
Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Durch das Fenster hinter ihr fielen Sonnenstrahlen ins Zimmer, in denen ihr kastanienbraunes Haar wie Feuer leuchtete.
Der jüngere Anwalt Pietro Celli gab vor, sich mit den Papieren vor ihm zu beschäftigen, während er sie unauffällig musterte. Zu dünn, zu blass und viel zu angespannt, dachte er. Schwärmerisch erinnerte er sich an die letzte Geliebte des Conte – und ihre Kurven, die er bei verschiedenen Gelegenheiten hatte bewundern dürfen. Wenn auch nur aus angemessener Entfernung.
Ihm fiel auf, dass die Contessa keinen Schmuck an den Händen trug. Mochte der Himmel wissen, was sie mit dem Hochzeitsring Seiner Exzellenz angestellt hatte. Ganz zu schweigen von dem kostbaren Saphir, der ebenfalls – ganz gleich, wie diese Ehe endete – zurückgegeben werden musste.
Aber ihre Augen – Madonna mia ! – faszinierten Pietro Celli. Funkelnd in der Farbe von Smaragden, umrahmt von langen schwarzen Wimpern.
„Natürlich“, fuhr Emily ein wenig gestelzt fort, „bin ich sehr dankbar, dass der Conte mein Geld in Form des eingesetzten Treuhandfonds verwaltet hat.“
In einer fast hilflosen Geste breitete der ältere Anwalt die Hände aus. „Warum zeigen Sie Ihre Dankbarkeit dann nicht dadurch, dass Sie in die vorgeschlagene Scheidung einwilligen?“
Statt zu antworten, schob Emily den Stuhl zurück und stand auf. Sie ging zum Fenster und blickte hinaus. In dem cremefarbenen Wollpullover, der schwarzen Cordhose und dem breiten Ledergürtel wirkte sie noch schmaler als sonst. Das braune Haar hielt ein schwarzes Samtband zu einem Pferdeschwanz zusammen.
Sie sah die beiden Männer an und erwiderte ruhig: „Weil ich, wenn ich wieder heirate, den Bund der Ehe in der Kirche schließen möchte. Unser Pfarrer ist jedoch ein sehr traditioneller Mann. Als geschiedene Frau würde er meiner erneuten Vermählung niemals zustimmen. Außerdem möchte ich ein weißes Brautkleid tragen, damit mein Bräutigam weiß, dass er keine beschädigte Ware erhält.“ Sie schwieg einen Moment. „Ist das deutlich genug für Ihren Klienten?“
„Aber Ihre gegenwärtige Ehe ist doch noch gar nicht gelöst, Miss Blake“, erinnerte Signor Mazzini sie empört. „Finden Sie es nicht ein bisschen zu früh, um bereits die nächste zu planen?“
„Es gibt keine Ehe“, sagte Emily. „Sondern nur eine geschäftliche Vereinbarung, die in Kürze endet und an die ich mich nicht gebunden fühle, wenn
Weitere Kostenlose Bücher