Killing time
todmüde und brauche dringend Schlaf.«
»Das ist unser erstes Date«, erwiderte Robyn. »Da ist es höchst unwahrscheinlich, dass ich mich gleich von ihm ins Bett zerren lasse. Auch wenn Mom mich gern für hoffnungslos verkommen hält, habe ich doch meine Prinzipien.«
Bernie rang sich ein mattes Lächeln ab. Gott, sie war entsetzlich müde und wollte nur noch eine Tasse Kaffee und ein Sandwich, gefolgt von einem langen, heißen Bad. Und anschließend wünschte sie sich zehn Stunden Tiefschlaf. Na ja, wenn sie Glück hatte, blieben ihr sechs. Morgen musste sie zeitig ins Büro, denn der neue Mitarbeiter kam. Seit Bill Palmer nach seinem Herzinfarkt vor mehreren Monaten in den Ruhestand gegangen war, hatte sie keinen Chief Deputy mehr. Erst hatte sie überlegt, jemanden aus ihrem Büro zum Leiter der Ermittlungen zu machen, aber das wäre schwierig geworden, weil sie zwei gleich qualifizierte Mitarbeiter in dieser Abteilung hatte, die auch noch ungefähr gleich viele Dienstjahre vorwiesen. Als sie, wie so oft, ihren Dad um Rat bat, empfahl er ihr, sich jemanden von außerhalb zu holen.
»Man kann nie wissen, ob nicht irgendwo gerade ein hochqualifizierter Polizist sitzt, der einen Tapetenwechsel braucht«, hatte R. B. Granger gesagt. In Bernies Augen war Robert Bernard Granger der beste Polizist, den es je gegeben hatte. »Ich habe noch Kontakte in Alabama, Tennessee und Georgia. Soll ich ein bisschen herumtelefonieren? Vielleicht finde ich jemanden für dich. Du wirst dich natürlich auch umhören. Möglicherweise hast du in Huntsville oder Chattanooga Glück. In den Großstädten gibt es immer mal wieder Männer, die gerne irgendwohin wechseln, wo es etwas ruhiger zugeht.«
»Oder Frauen.«
»Wie?«
»Männer oder Frauen, Dad. Hast du vergessen, dass der Sheriff von Adams County eine Frau ist?«, fragte sie halb im Scherz. Seit ihr kleiner Bruder Bobby mit zwölf Jahren bei einem Pfadfinderpicknick im Fluss ertrank, war die etwas burschikosere Bernie für ihren Vater eine Art Ersatzsohn. Sie hatte an der Highschool Basketball, Fußball und Softball gespielt, wenn auch mehr ihrem Vater zuliebe als wegen der eigenen Freude am Sport. Und sie war diejenige, die mit ihm Fußballspiele im Fernsehen ansah, mit ihm zum Angeln ging und sogar einmal im Jahr auf die Jagd.
R. B. Granger hatte den Arm um Bernie gelegt und gesagt: »Du weißt doch, wie stolz ich auf dich bin. Du setzt die Familientradition fort. Mit dir stellt die Grangerfamilie in der dritten Generation den Sheriff von Adams County.«
Draußen hupte ein Auto und riss Bernie jäh aus ihren Gedanken in die Gegenwart zurück – und in ihre Küche.
»Das wird Paul sein«, sagte Robyn.
»Na, da haben wir ja einen wahren Gentleman! Statt zur Tür zu kommen, hupt er nach dir.«
Robyn stöhnte. »Du hörst dich schon an wie Mom.« Sie sprang auf, hauchte Bernie einen flüchtigen Kuss auf die Wange und lief aus der Küche, wobei sie laut rief: »Hab dich lieb, Schwesterherz! Warte nicht auf mich.«
Bernie hörte ihre Schwester noch kichern, ehe die Haustür ins Schloss fiel. In dem Moment, da Bernie allein war, drehte sie seufzend den Kopf und dehnte die schmerzenden Nackenmuskeln. Als sie auf die Kanne in der Kaffeemaschine blickte und sich gerade eine Tasse einschenken wollte, bevor sie sich ein Sandwich machte, schrillte das Telefon. Sogleich beschleunigte sich ihr Herzschlag. Mehrere ihrer Hilfssheriffs durchkämmten noch mit der Polizei von Adams Landing und einigen Freiwilligen aus Jackson County das Gebiet um Craggy Point. Ein Augenzeuge schwor, er hätte dort gesehen, wie eine Frau, auf die Stephanies Beschreibung passte, mit einem stämmigen Schwarzen stritt – an einer Raststätte.
»Sheriff Granger.« Sie umklammerte den Hörer krampfhaft, bis ihr Blick auf die Rufnummernanzeige fiel und sie stöhnte.
»Bin ich beruhigt, dass du zu Hause bist«, sagte Brenda Granger. »Hast du was gegessen und ein Bad genommen? Soll ich kommen und dir schnell was kochen? Ich könnte dir auch Reste von unserem Abendessen bringen. Dad und ich hatten Schmorfleisch und …«
»Nicht nötig, Mom. Ich wollte mir gerade ein Sandwich machen.«
»Ein Sandwich? Was für eins?«
»Erdnussbutter und Marmelade«, antwortete Bernie, weil es das Erste war, was ihr einfiel.
»Du ernährst dich viel zu ungesund«, sagte Brenda. »Deshalb wirst du auch diese zehn Pfund nicht los, die du um die Hüften zugelegt hast.«
»Mom, ich bin hundemüde. Können wir nicht ein
Weitere Kostenlose Bücher