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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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geht, unbedingt Spaß macht. Es sei denn, du stehst darauf, Draculas Braut zu spielen und dich schlagen zu lassen.«
    Carol setzte sich an das Schminktischchen, legte das Gesicht in die Hände und weinte. »Ich weiß nicht, was ich hier überhaupt tue. Oder auch er. Ich begreife es nicht!«
    »Du liebst André, und er liebt dich«, sagte Jeanette sanft. »Das darfst du niemals vergessen. Aber ihr müsst eurer Liebe auch einen Rahmen geben, in dem sie reifen und zu etwas Bedeutsamem für euch beide heranwachsen kann. Darum geht es bei diesem Ritual.«
    Carol weinte nur umso heftiger. Sie war völlig verängstigt.
    »Weißt du«, fuhr Jeanette fort, »wenn eine Raupe sich in einen Kokon einspinnt, wird es eine Zeit lang dunkel um sie, und wahrscheinlich kommt es ihr so vor, als würde gar nichts geschehen oder, falls doch, dann nur das Schlimmste. Aber irgendwann, sofern sie sich nicht der Verzweiflung überlässt, passiert etwas Wunderbares. Und wenn sie dann wieder aus ihrem Kokon auftaucht, ist sie keine Raupe mehr, sondern ein wunderschöner Schmetterling. Das ist der Zauber daran, die Magie, die auf euch beide wartet.«
    »Ich habe Angst!«, sagte Carol. Sie blickte durchs Zimmer, und mit einem Mal wurde ihr klar, dass alle bis auf Rene bereits da gestanden hatten, wo sie sich jetzt befand. »Ich weiß nicht, ob er in der Lage sein wird, sich zu beherrschen.«
    »Andrés Fähigkeit, sich zu beherrschen, steht nicht mehr infrage«, sagte Morianna. Es klang rätselhaft. »Aber es wird spät. Und wir müssen jetzt fertig werden. Gerlinde, kümmere dich bitte um Rene!«
    »Ich möchte, dass sie dabei ist«, sagte Carol. »Ich... ich brauche sie in meiner Nähe.« Sie wusste, dass die Angst aus ihr sprach. Rene war nicht mehr fähig, sich selbst, geschweige denn ihr zu helfen.
    Morianna nickte. Rene wurde, noch immer gefesselt und geknebelt, nach oben gebracht. Carol hatte nicht die Kraft, mehr für sie herauszuhandeln.
    In dem Zimmer nahm jeder seinen Platz ein. Carol fand sich der Wand gegenüber, der sie am Freitagabend den Rücken zugekehrt hatte. Den abnehmenden Mond würde sie heute Nacht nicht sehen.
    Morianna machte kein Feuer. Ein Hauch von Endgültigkeit lag in der Luft. Carol vermied es, André anzublicken. Sie hatte Angst vor dem Grauen, das sie sehen würde.
    »Heute Abend«, begann Morianna, »wirst du kurz vor Mitternacht die letzten Blutstropfen von André empfangen. Wenn die Uhr zur vollen Stunde schlägt, wird er dann Anspruch auf dich erheben.«
    Ihre Worte jagten Carol einen Schauder über den Rücken. Mit einem Mal wurde ihr klar, wie unabwendbar die Ereignisse, die vor ihr lagen, waren. Sie rang um Atem und verspürte den Drang zu fliehen. Heute Nacht werde ich sterben, dachte sie, während sie gegen die Hysterie ankämpfte, die sie zu überwältigen drohte. Vielleicht komme ich zurück, vielleicht auch nicht. Aber eines weiß ich mit Sicherheit: Ich gehe dem Tod entgegen!
    Den ganzen Abend über blickte Carol kein einziges Mal zu André hin, aber das brauchte sie auch nicht, denn sie hörte ihn und spürte seine Gegenwart. Er war aufs Äußerste erregt, stand auf, setzte sich wieder, ging unruhig hin und her, und wenn er atmete, waren immer wieder knirschende, knurrende Laute zu hören. Sie befand sich in ein und demselben Raum mit einem wilden Tier, das nur eines im Sinn hatte - Nahrung.
    Anders als am Abend zuvor verging die Zeit wie im Flug. Viel zu schnell, dachte Carol. Kurz nachdem es vom Kirchturm elf geschlagen hatte, kam Julien auf sie zu. Er hatte ein kleines Messer mit breiter, goldener Klinge und silberverziertem Griff in der Hand.
    Ihr stockte der Atem, als sie es sah. Sie blickte ihm in die Augen, schwarz wie Obsidian, in denen ein uraltes Wissen verborgen lag, und spürte einen stechenden Schmerz, als er ihr einen Schnitt am Hals beibrachte. Ein unkontrollierbares Zittern lief durch ihren Körper. Warmes Blut tropfte ihr übers Schlüsselbein und kühlte beinahe sofort wieder ab. Julien küsste sie auf den Mund, benetzte anschließend seine Lippen an ihrer Wunde, ging quer durchs Zimmer und drückte seine Lippen auf Andrés Mund. Andrés Kehle entrang sich ein lang gezogenes leises Fauchen.
    Als Nächste war Morianna an der Reihe. Sie küsste Carol, benetzte ihre Lippen mit Blut und gab es an André weiter. Danach folgten Chloe, Karl, Gerlinde, Jeanette, Susan, Claude und schließlich Michael, der ein bisschen verängstigt

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