[kinder] Allein unter Superhelden
den Schröder-Eisblock auf den Mount Everest ploppt! Ich will, dass Marie ihn sich vorknöpft und ihm zeigt, wie ungemütlich es in der Nähe einer Sonne werden kann. Und wenn das nicht geht, will ich, dass er über ein Kabel stolpert, sich den Kopf anschlägt und ohnmächtig wird.
Ich will, dass irgendetwas passiert, damit ich nichtweiter rumstehen und so tun muss, als würde ich jeden Tag in die Mündung einer Strahlenkanone schauen und mir ginge es am Hintern vorbei, dass ich jeden Moment nur noch ein Häufchen Asche sein könnte!
»Leon?« Dr. Schröder runzelt die Stirn. »Atmest du immer so schnell? Du bist ganz weiß.« Er lacht. »A propos schnell, haha.« Er zieht die Arme zur Brust. Seine Ellbogen stehen spitz ab. Er hebt ein Bein, winkelt es an und wackelt auf dem anderen herum. »WUSCH!« Er stellt sich wieder hin. »Dass es so einfach sein würde, alle zu täuschen, hätte ich nicht gedacht. Und dann gibt mir ausgerechnet dein Vater seinen Segen. Lustig, was?«
»Sie sind nicht der schnellste Mann der Welt?«
»Pfft. Ich habe es mir gewünscht, Leon. Ich wollte nur eine kleine Superkraft haben. Ich wollte nur ein bisschen sein wie sie.« Er deutet auf Papa Ray, IceMadam, Laura und Marie. »Ich habe alles versucht. Aber in mir ist kein Fünkchen Superkraft. Wie bei dir.«
In Ordnung. Es ist nicht unbedingt leicht, in einer Stadt voller Superhelden aufzuwachsen. In einer Familie von Superhelden erst recht nicht. Aber komme ich auf die Idee, mich an sämtlichen Superhelden zu rächen? Nein. Und warum nicht? Weil sie eben doch zu etwas nütze sind – abgesehen von Marvin Möller vielleicht.
»Aber ich bin brillant!«, quasselt Dr. Schröder ungefragt weiter. »Ich kann dir sagen, was welcher Superheld unternimmt,bevor er selbst daran denkt. Ich kenne ihre Stärken und Schwächen. Ich habe mich jahrelang mit jedem Einzelnen von ihnen beschäftigt. Besonders mit The Ray. Und seiner Familie. Und deshalb weiß ich, wie du tickst, Leon. Bleib, wie du bist , haha. Es war kein Zufall, dass du meine Maschinen entdeckt hast. Du solltest deine Eltern herführen!«
Ich habe das Gefühl, Dr. Schröder hätte gerade mit seiner Strahlenkanone geschossen und mich mitten ins Herz getroffen.
Wenn ich auch nur einen Moment daran geglaubt habe, meiner Familie und Marie helfen zu können, dann war es das wohl. Endgültig. Ich kann ihnen nicht nur nicht helfen – ich habe sie erst in diese Situation gebracht!
Ich lasse die Arme sinken.
Dr. Schröder steckt seine Waffe weg.
Für jemanden wie mich braucht er die nicht.
Er klatscht in die Hände. »Es war schön, mit dir zu reden. Aber auf mich warten ein paar Hundert Leute, die interessieren dürfte, dass sie von nun an meine Gefangenen sind, haha.«
Er spaziert aus dem Büro und schließt uns ein. Ich lasse mich auf den Boden fallen.
Papa stemmt sich sofort gegen die Fesseln. »Ich würde das ja schaffen«, stöhnt er.
Logisch. Genau wie ich es geschafft habe, Dr. Schröderunter Druck zu setzen, damit er Fehler macht. Nein, ich würde das schaffen heißt bei Superhelden so viel wie keine Chance. Aber das kann Papa nicht zugeben.
»Die Zeit drängt ein bisschen«, stöhnt Papa und sinkt auf die Liege zurück. »Du musst die anderen warnen. Und schick jemanden, der mir hier – der mich unterstützt. Wir halten so lange die Stellung.«
Einer der mechanischen Arme schwingt herum. In seiner Hand funkelt es.
»Uh«, macht Papa. »Eine Spritze. Weg damit. Uh, ah.« Der Roboter pikt Papa durch den Anzug in den Oberarm. »Das ... aua. Aua, aua, aua. Leon? Du hast mich überredet! Wenn du unbedingt erst mich befreien willst, dann darfst du. Jetzt. Los!«
Erstens habe ich gar nichts gesagt und zweitens hat Papa wohl nicht mitgekriegt, was Dr. Schröder erklärt hat? Mir hat er es zu verdanken, dass er auf der Liege gefangen ist! Und außerdem, wie sollte ich ihn überhaupt losmachen? Ich habe weder seinen Laserblick noch kann ich durch die geschlossene Tür ploppen, um Hilfe zu holen, oder die Computer mal eben unter den Gefrierpunkt abkühlen. Die Sicherungen mit Sonnenhitze durchbrennen lassen, wie Marie es könnte, ist auch nicht drin.
Marie.
Die wünscht sich bestimmt, dass sie nicht ausgerechnet mir über den Weg gelaufen wäre. Ohne mich wäre siezumindest oben bei ihrer Mutter und würde nicht hier unten versauern.
Ich werfe einen vorsichtigen Blick zum Kraftfeld. Laura schaut erwartet finster, aber Marie lächelt mich aufmunternd an und zuckt die
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