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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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präsentierte sich als glitzernder Diamantteppich, und in der Luft hing der frische, salzige Geruch der See. Das Laufen war ein Vergnügen und verschaffte mir die uneingeschränkten Freuden körperlicher Aktivität. Ich lief sechseinhalb Kilometer und fühlte mich voller Kraft. Als ich zurückkam, duschte ich und fing den Tag von vorn an, indem ich Corn-Flakes und Toast verspeiste und dazu die Zeitung las, für die ich am Morgen keine Zeit gehabt hatte. Dann verließ ich das Haus, kaufte Lebensmittel und ging bei der Weinhandlung vorbei. Es war schon sechs Uhr, als ich mich endlich entspannt genug fühlte, um mich an meinem Schreibtisch niederzulassen und das Licht einzuschalten.
    Ich machte mich wieder über meine Karteikarten her. Ich studierte jede einzelne genau, ohne etwas Speziellem auf der Spur zu sein. Ich wollte nur nicht untätig herumsitzen, bis mir einfiel, was ich als nächstes tun sollte. Ich sah auf die Tüte, in der die zerbrochenen Bilderrahmen lagen. Mist. Natürlich hatte ich vergessen, Danielles Bettwäsche in die Reinigung zu bringen, bevor sie schloß, aber ich konnte wenigstens die Rahmen austauschen. Mit den neuen Rahmen, die ich besorgt hatte, ging ich zur Anrichte in der Küche hinüber. Ich stellte den Papierkorb in Reichweite und holte die Fotos aus der Papiertüte. Es waren vier Vergrößerungen im Format 18x27, alle in Farbe. Ich entfernte Rahmen und Passepartout vom ersten und hielt inne, um das Bild genauer zu betrachten: drei Katzen, die es sich auf einem Picknicktisch gemütlich gemacht hatten. Ein geschmeidiges, graues Kätzchen war kurz davor herunterzuspringen, von fotografischer Unsterblichkeit offenbar nicht besonders angetan. Die beiden anderen Katzen waren langhaarig, die eine zartbeige und die andere schwarz, und äugten hochnäsig beziehungsweise desinteressiert in die Kamera. Auf die Rückseite hatte Danielle das Datum und die Namen der Katzen geschrieben: Smokey, Tigger und Cheshire.
    Als ich das Foto aus dem zerborstenen Rahmen nahm, zerfiel das Glas in zwei Stücke. Ich warf beide in den Müll und den Rahmen hinterher. Dann holte ich einen neuen Rahmen, zupfte das Preisschildchen ab und entfernte das Passepartout und die Rückwand aus Pappe. Ich legte das Foto zwischen Rückwand und Passepartout und drehte es um, um sicherzugehen, daß es gerade lag. Anschließend schob ich die drei Schichten — Passepartout, Foto und Rückwand — in den Zwischenraum zwischen dem Glas und den Klammern, die aus dem Rahmen hervorstanden. Dann drehte ich es wieder um. Es sah gut aus.
    Ich nahm das zweite Foto zur Hand und wiederholte die Prozedur. Das Glas hatte nur an einer Ecke einen Sprung, aber der Rahmen selbst war nicht mehr zu retten. Auf diesem Foto waren zwei junge Männer und eine junge Frau auf einem Segelboot abgebildet, allesamt mit Bierdosen, Sonnenbrand und windzerzaustem Haar. Danielle hatte die Aufnahme vermutlich selbst gemacht. Es mußte ein schöner Tag mit Freunden gewesen sein, zu einer Zeit ihres Lebens, als sie ihre Unschuld noch nicht verloren hatte. Ich bin auch auf solchen Ausflügen gewesen. Man kommt hundemüde und schmutzig nach Hause zurück, aber man vergißt den Tag nie.
    Auf dem dritten Bild posierte Danielle unter einem weißen Spalierbogen neben einem jungen Mann mit klargeschnittenen Gesichtszügen. Aus dem Kleid, das sie trug, und der Orchidee an ihrem Handgelenk schloß ich, daß es anläßlich ihrer High-School-Abschlußfeier aufgenommen worden war. Es war schön, einen kleinen Einblick in ihr Privatleben zu bekommen, Bilder von ihr zu sehen, wie sie zuvor gewesen war. Sie war so überzeugt wie eine Novizin, die ins Kloster geht, in dieses Leben eingetreten, und die Kluft zwischen Vergangenheit und Gegenwart war ebenso groß.
    Um das letzte Bild war ein neues Passepartout gelegt worden, ein breites graues Band, das das Bild auf seine beiden zentralen Figuren reduzierte: Danielle und Lorna, wie sie schick gekleidet in einem Lokal saßen. Es sah aus wie ein kommerzielles Foto, aufgenommen von einem Fotografen, der davon lebte, daß er an Ort und Stelle Schnappschüsse verkaufte. Schwer zu sagen, wo es gemacht worden war — Los Angeles oder Las Vegas, in irgendeinem protzigen Nachtclub mit Dinner und Tanz. Im Hintergrund konnte ich den Teil eines Podiums und eine Topfpflanze erkennen. Vor ihnen auf dem Tisch standen Champagnergläser. Der Rahmen war billig, aber das breite, graue Passepartout war für seinen Zweck geschickt gewählt, da es die beiden

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