Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht
und spiel mit«, sagte ich. »Was glaubst du denn?«
»Ich halte es für unsinnig herumzuraten.«
»Ach, komm schon, Cheney. Es muß Mord gewesen sein. Jemand hat den Unterwasserscheinwerfer ruiniert und dann die FI-Schaltung abgeklemmt. Du glaubst doch selbst nicht, daß es ein Unfall war. Du bist doch derjenige, der Hawthorn erklärt hat, daß ein vager Zusammenhang zwischen Lornas Tod und dem Esselmanns bestehen könnte.«
»Was für ein Zusammenhang?« fragte er starrköpfig.
»Das frage ich dich!« rief ich aus. »Mein Gott, bist du ein Dickkopf. Okay, ich mache den Anfang. Ich sage dir, was ich denke.«
Er rollte mit den Augen und drehte den Zündschlüssel herum. Dann legte er den Arm um die Rückenlehne, spähte aus der Heckscheibe und fuhr mit atemberaubender Lässigkeit aus dem Tor hinaus. Auf der Straße angekommen, legte er den ersten Gang ein und jagte davon. Auf dem Weg zurück zu meiner Wohnung erzählte ich ihm von Ledas heimlicher Bandaufzeichnung. Ich hatte die Abschrift nicht dabei, aber der Text war so lückenhaft, daß es nicht schwer war, ihn wiederzugeben. »Ich glaube, der Kerl schildert ihr seinen Plan. Er hat sich eine Methode ausgedacht, um Esselmann umzubringen, und er kommt sich ganz schlau vor. Vielleicht hat er sich eingebildet, sie würde das witzig finden, aber das tut sie offensichtlich nicht. Du müßtest sie auf dem Band hören. Sie ist stocksauer und bestürzt, und er versucht so zu tun, als wäre das alles ein toller Spaß. Das Problem ist nur, nachdem er es ihr einmal erzählt hat, hat er sich verraten. Wenn er tatsächlich vorhat, die Sache durchzuziehen, weiß sie, daß er es war. Angesichts ihrer Reaktion kann er sich nicht sicher sein, daß sie den Mund halten wird.«
»Wie lautet also deine Theorie? Dein Fazit?« wollte er wissen.
»Ich glaube, sie wurde ermordet, weil sie zuviel wußte.«
Er verzog das Gesicht. »Ja, aber Lorna ist letzten April umgekommen. Wenn der Typ Esselmann umbringen wollte, warum hat er dann so lang gewartet? Wenn seine einzige Sorge war, daß sie ihn verpfeifen könnte, warum hat er dann den alten Knaben nicht sofort umgelegt, als sie tot war?«
»Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Vielleicht mußte er warten, bis sich die Wogen geglättet hatten. Wenn er zu schnell vorging, hätte er womöglich den Verdacht auf sich gelenkt.«
Er hörte mir zu, aber ich merkte genau, daß ich ihn nicht überzeugte. »Noch einmal zurück zu dem Mordplan. Was hat der Kerl denn vorgehabt?«
»Ich glaube, er spricht von einer Variante dessen, was tatsächlich passiert ist. Clark und Max machen jeden Morgen dasselbe. Er wirft ein Stöckchen in den Swimmingpool, und sie holt es. Sie ist ein Labrador, ein Apportierhund. Sie ist für so etwas geschaffen. Nach diesem Spielchen schwimmen die beiden. Es läuft also folgendermaßen ab: Gehen wir davon aus, daß das Becken unter Strom steht. Er wirft das Stöckchen. Sie springt hinein und bäumt sich auf. Er sieht, daß sie Probleme hat. Also springt er ihr hinterher und kommt ebenfalls um. Es sieht wie ein Unfall aus, wie eine aberwitzige Verkettung von Umständen, die alle bestürzt. Der arme Mann. Hat versucht, sein Hündchen zu retten und kam dabei ums Leben. In Wirklichkeit hat Serena den Hund in den Hundesalon gebracht, und Clark ging alleine schwimmen. Statt Clark und dem Hund haben wir nun Clark und den Gärtner, aber das Schema ist das gleiche.«
Cheney schwieg einen Moment. »Woher weißt du, daß das auf dem Band Lorna ist?« fragte er. »Du hast nie ihre Stimme gehört. Der Kerl könnte auch mit Serena sprechen.«
»Warum sollte sie sich überhaupt dort aufhalten?« wandte ich prompt ein. Ich merkte, daß es viel mehr Spaß machte, Fragen zu stellen, als sie beantworten zu müssen.
»Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Der Punkt ist doch, Serena ist aufgebracht, weil sie nicht möchte, daß der Hund als Köder verwendet wird, also bringt sie Max in den Hundesalon, damit sie aus dem Weg ist.«
»Ich habe mit Serena gesprochen. Die Stimme klang nicht wie ihre.«
»Moment mal. Das ist unfair. Du hast mir doch erzählt, daß die Stimmen verzerrt sind. Du hast auch mit J. D. gesprochen und gesagt, daß es nicht wie er klang.«
»Das stimmt«, sagte ich zögernd. »Aber du unterstellst, daß Serena ihren eigenen Vater umgebracht hat, und das glaube ich nicht. Warum sollte sie das tun?«
»Der Typ hat einen Haufen Geld. Erbt sie nicht seinen Besitz?«
»Wahrscheinlich, aber weshalb sollte sie ihn
Weitere Kostenlose Bücher