Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt
Male schief gegangen.«
»Zumindest hast du keine Angst davor gehabt, dich zu binden. Henry ist ein Feigling —«
»Bin ich nicht!« Henry wurde langsam wütend. Ich fürchtete schon, er würde den Schlauch auf seinen Bruder richten, doch er ging zum Wasserhahn und drehte ihn zu, was ein kreischendes Geräusch verursachte. »Allein die Vorstellung ist absurd. Zuerst einmal hat Mattie ihren Lebensmittelpunkt in San Francisco, und ich bin hier verwurzelt. Ich bin im Grunde meines Herzens ein häuslicher Mensch, und jetzt schaut euch nur an, wie sie lebt — andauernd macht sie Kreuzfahrten und geht von heute auf morgen auf Weltreise.«
»Sie macht nur Kreuzfahrten in der Karibik; das dürfte also kein Problem sein«, wandte William ein.
»Sie ist wochenlang weg. Völlig ausgeschlossen, dass sie das jemals aufgibt.«
»Warum soll sie es auch aufgeben?«, seufzte William entnervt. »Lass sie doch machen, was sie will. Ihr könnt sechs Monate da oben leben und die anderen sechs Monate hier. Jedem von uns täte ein Tapetenwechsel gut — dir noch mehr als den meisten anderen. Und komm mir bloß nicht mit diesem Getue vom >Verwurzeltsein<. Sie kann ihr Haus behalten und du deines, und dann könnt ihr immer hin und her fahren.«
»Ich will überhaupt nirgends hinfahren. Ich will hier bleiben.«
»Weißt du, was dein Problem ist? Du willst überhaupt nichts tun, was mit irgendeinem Risiko verbunden ist«, sagte William.
»Du auch nicht.«
»Stimmt nicht! Von wegen. Da liegst du komplett daneben. Ich habe mit sechsundachtzig geheiratet, und wenn das in deinen Augen kein Risiko ist, dann frag sie «, sagte er und zeigte auf mich.
»Es ist wirklich eines«, murmelte ich pflichtschuldig, eine Hand in die Luft gereckt, als müsste ich einen Eid ablegen. »Aber wisst ihr was? Nehmt es mir nicht übel, aber...« Alle beide wandten sich um und sahen mich an. »Findet ihr nicht, dass auch Matties Gefühle eine Rolle spielen? Vielleicht ist sie nicht mehr an ihm interessiert als er an ihr.«
»Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht an ihr interessiert wäre. Ich erörtere die Situation lediglich von ihrem Standpunkt aus.«
»Sie ist an dir interessiert, du Trottel!«, fauchte William. »Denk doch mal nach. Sie kommt in einem Tag wieder hierher. Das hat sie selbst gesagt. Hast du nicht gehört, wie sie es gesagt hat?«
»Weil es direkt auf ihrem Weg liegt. Sie fährt nicht hier vorbei, um mich zu besuchen.«
»O doch — sonst würde sie ja einfach durchfahren, oder?«
»Sie muss eben tanken und sich mal die Beine vertreten.«
»William hat Recht. Ich bin ganz seiner Meinung«, warf ich ein.
Henry rollte langsam den Schlauch zusammen und hob nebenbei Steinchen und abgemähte Grashalme auf. »Sie ist ein wunderbarer Mensch, und ich schätze unsere Freundschaft sehr. Und jetzt lassen wir das Thema. Ich habe genug davon.«
William wandte sich zu mir um. »Damit hat es ja angefangen. Ich habe weiter nichts getan, als darauf hinzuweisen, dass sie ein wunderbarer Mensch ist und er lieber mal seinen Hintern hochkriegen und sie sich schnappen soll.«
»Schwachsinn!«, zischte Henry und gestikulierte abwehrend in Williams Richtung, während er zum Haus zurückging. Er zog die Fliegentür auf und knallte sie hinter sich wieder zu.
William schüttelte den Kopf und stützte sich auf seinen Spazierstock. »So war er schon immer. Unvernünftig. Stur. Und bei der leisesten Meinungsverschiedenheit kriegt er Wutanfälle.«
»Ich weiß nicht, William. An deiner Stelle würde ich mich zurückhalten und die beiden die Sache unter sich ausmachen lassen.«
»Ich will ihnen ja nur helfen.«
»Henry hasst es, sich helfen zu lassen.«
»Weil er ein sturer Bock ist.«
»Wir sind alle sture Böcke, wenn man’s genau nimmt.«
»Also, jedenfalls muss etwas unternommen werden. Womöglich ist das seine letzte Chance auf Liebe. Ich kann nicht mit ansehen, wie er Hackfleisch daraus macht.« Ein leises Klingeln ertönte, und William fasste in seine Westentasche und sah auf die Uhr. »Zeit für meinen kleinen Imbiss.« Er zog ein Zellophantütchen mit Cashewnüssen heraus und biss es auf. Dann warf er sich zwei Nüsse in den Mund und kaute sie wie Tabletten. »Du weißt ja, dass ich zu Unterzucker neige. Der Arzt sagt, ich soll unbedingt alle zwei Stunden eine Kleinigkeit zu mir nehmen. Sonst riskiere ich Schwindel, Schwäche, Schweißausbrüche und Herzklopfen. Außerdem Gliederzittern, wie du ja sicher schon bemerkt hast.«
»Tatsächlich?
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