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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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schon …«
    »He, Fremder, zieh!«, kam es gellend laut von der Ostterrasse her.
    Klein-Odilo kam auf einem zum Rappen umgebauten Plüschkamel angeritten. Seine Rechte umklammerte die tödliche Waffe, die auf den Eindringling zielte.
    Herr Wang riss die Arme über den Kopf und hisste die weiße Flagge.
    Hätte er nicht tun sollen.
    Mutter Fritzi verübte einen eingesprungenen Rittberger und entriss dem Bandido die Waffe, konnte es jedoch nicht vermeiden, dass sie von einem dicken, langen Wasserstrahl getroffen und von der Hüfte abwärts durchnässt wurde.
    Herr Wang ließ es sich nicht nehmen, einen heimlichen Blick auf ihre durchscheinende Sportlerfigur zu werfen.
    »Saubär, du elendiger!«, rief Fritzi.
    Nach heftiger Gegenwehr entwand sie dem reizenden Söhnchen die zweite Waffe und warf sie der ersten hinterher.
    »Ciao«, sagte Herr Wang im Weggehen. Er kostete jedes Wort ohne R genüsslich aus. »Ciao, bis später. Leben Sie wohl. Flitzi.«
    Dann fuhr er mit dem Rad die Dorfstraße hinunter, an den lüftlbemalten Häusern und den blumengeschmückten Gärten vorbei, winkte dem Bürgermeister auf dem Balkon zu, dem Schmied vor seiner Schmiede und der Flau Klaxbichler, die mit einem Spaten über der Schulter zu Fuß nach Hause strebte. Bevor er seinen Laden erreichte, hielt er noch einen kurzen Schwatz mit dem Pfarrer ab. Pater Timo hatte gut gefrühstückt. Das sah man ihm an.
    Es begann etwas zu regnen, als Wang Ming das zweispännige Pferdefuhrwerk mit eisgekühltem Bier, dem Grill, dem Leberkäs und den anderen Sachen belud. Er hatte trotz des Regens ein gutes Gefühl. Diese Kundin würde nicht anschreiben lassen. Thea Blommel verdiente gutes Geld. Und das regelmäßig. Das wusste er.
    Niemand wusste, woher er das wusste. Und er selbst hatte vergessen, woher er es wusste. Thea Brommel verdiente gutes Geld. Sie würde die Rechnung bezahlen.
    Was er dabei nicht berücksichtigte: Es existieren die unterschiedlichsten Methoden, einen solchen Vorsatz außer Kraft zu setzen. Die Methode, um die es in dieser Geschichte geht, war eine besonders originelle.

drei
    Die tief stehende Sonne besaß noch genügend Kraft, um die feuchte Erde in dem zauberhaft angelegten Garten zum Dampfen zu bringen. Thea Brommel hatte alles eingeladen, was in Kirchwies Rang und Namen hatte. Das alte weiße Haus mit den burgunderfarbenen andalusischen Rosen blickte nach Südwesten, war von hohen Blutbuchen geschützt und mit einem Jägerzaun umfriedet. Fenster und Türen standen offen, die Gäste konnten sich im gesamten Haus tummeln, das sich drinnen – ganz anders als der Garten – vollkommen unaufgeräumt darstellte. Oder sie konnten auf den sorgfältig geebneten Gartenpfaden wandeln.
    Der Garten fiel zum Libellenweg hin etwas ab. Die andere Seite des Wegs war von einem elektrischen Weidezaun begrenzt. Ein schmales Bächlein floss entlang, ein benachbarter Bauer ließ gegenüber sein Vieh weiden. Das Plätschern des Wassers über kinderkopfgroße Kieselsteine hinweg und das sanfte Muhen und schmatzende Wiederkauen der weiß-braun gescheckten Kühe war von diesem Ort nicht wegzudenken.
    Als die Gäste – so gegen acht, halb neun – das erste Fassl Bier geleert hatten und Wang Ming für Nachschub sorgen musste, waren die Ohren taub für den Tumult der Vögel in den Zweigen und blind für die Pracht der von Bienen und Hummeln besetzten Blumenbeete. Die Gäste hatten getrunken, und keiner war mehr ganz nüchtern.
    Bürgermeister Campari kreuzte das Besteck auf dem leeren Teller vor sich und musterte Pater Timo ohne Wohlwollen. Er sah dabei so grantig drein, dass man hätte meinen können, er wolle dem Pater gleich an die Gurgel gehen. Doch seine bedrohliche Erscheinung verriet nichts von seiner zarten Seele und seinem Charme. Wenn er wollte, vermochte er jeden zu fesseln. Nur nicht die eigene Ehefrau.
    Pater Timo wusste das natürlich. Deshalb spielte stets ein leicht spöttisches Lächeln um seine Lippen, wann immer er dem großen Rivalen begegnete. Er war fest entschlossen, sich aus den Liebeswirren des Bürgermeisterpaars herauszuhalten.
    Eine junge Frau in den Zwanzigern kam, um die Teller abzuräumen, und stellte eine Karaffe Rotwein auf den Tisch, der mit blau kariertem Tuch bezogen war. Gegen den leichten Luftzug von Norden her war es mit Klammern am Tisch befestigt.
    »Danke, Heidi«, sagte Pater Timo und lachte sie an.
    Sie ließ ihr süßestes Lächeln spielen.
    »Wackelt der Glockenturm noch?«, fragte Campari mit

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