Kirschroter Sommer (German Edition)
ich bis dahin allerdings nicht zurückhalten kann, ist die Frage, warum du nichts von deinem Zeltausflug erzählt hast. Hast du das bewusst ausgelassen? Möchtest du nicht mit mir darüber reden oder gibt es am Ende einfach nichts zu erzählen?
Ich habe mich nur ein bisschen gewundert, dass du überhaupt nicht auf dieses Thema eingegangen bist.
Und was hat es damit auf sich, dass du nicht schlafen kannst?
Ich hoffe, ich bin nicht zu neugierig.
Liebe Grüße
Luca
Und da sollte noch mal einer sagen, dass Männer nicht aufmerksam sein konnten. Zumindest wurden sie es immer dann, wenn sie es eigentlich nicht sollten.
Lieber Luca,
ja, du bist neugierig. Viel, viel zu neugierig. Das ist wirklich das Einzige, was ich an dir auszusetzen habe.
Aber ich will ehrlich sein: Ich denke schon, dass ich es bewusst außen vor gelassen habe. Das ist ein kompliziertes und gleichermaßen böses Thema. Der Ausflug war eine kleine Katastrophe für mich. Er war schrecklich, nahezu furchtbar. Ich bereue es, mitgegangen zu sein und hätte lieber zu Hause bleiben sollen.
Ich habe es dir nie erzählt, aber es gibt da jemanden. Jemanden von früher, der mir den letzten Nerv raubt. Ich musste mit ihm in einem Zelt schlafen und mir auf der Heimfahrt ein Motorrad mit ihm teilen. Kannst du dir vorstellen, wie unangenehm es ist, sich an seinem Vordermann festhalten zu müssen, obwohl man ihn am liebsten nicht mal anfassen will?
Du glaubst nicht, wie gerne ich diesen Ausflug aus meinem Gedächtnis streichen würde.
Was passiert wäre, wenn ich dich tatsächlich eingeladen hätte? Nun, diese Antwort kenne ich leider auch nicht, lieber Luca, aber ich vermute sehr stark, dass der Ausflug dann anders und für mich um einiges besser verlaufen wäre.
Vielleicht kommt das jetzt ein bisschen plötzlich, und eigentlich weiß ich selbst nicht, was mich gerade reitet, aber … Was hältst du davon, wenn wir unser Treffen vorverlegen? So ungefähr … in die nahe Zukunft?
Dann könnten wir endlich aufhören, uns diese ewigen »was wäre, wenn«-Fragen zu stellen. Wir mögen uns doch, also worauf warten wir?
Lass es dir einfach in Ruhe durch den Kopf gehen und sag mir Bescheid.
Schlaf gut.
Emely
Ich drückte auf »Senden« und starrte auf den Bildschirm. Die Worte waren einfach so aus mir herausgesprudelt, passten eigentlich so gar nicht zu dem schönen Gefühl, das ich bis gerade eben noch im Bauch getragen hatte – trotzdem entsprachen sie der Wahrheit. Es war die Stimme meines Verstandes gewesen, die diese Zeilen geschrieben hatte. Die Stimme, die mir ständig sagte, dass der Ausflug der Anfang von meinem persönlichen Untergang war.
Nie hätte ich mich in Elyas verlieben dürfen, nie. Nichts von dem, was am Wochenende passiert war, hätte passieren dürfen.
Ich wusste nicht, warum ich auf einmal das Bedürfnis hatte, das Treffen vorzuverlegen. Vielleicht aus dem egoistischen Gedanken heraus, mich selbst retten zu wollen, auch wenn es eigentlich längst keine Rettung mehr gab. Vielleicht klammerte ich mich an den letzten Strohhalm, dass Luca zwar nie dasselbe, aber zumindest etwas Ähnliches wie Elyas für mich werden könnte. Vielleicht wollte ich ihm aber auch einfach nur nach dem dreimonatigen Briefverkehr die Chance einräumen, dass wir uns auch im realen Leben kennen lernen.
Ich sah ins Leere und fand keine Antwort. Nur die Vermutung, dass es wohl eine Kombination aus allen drei Dingen war.
Nach einer Weile stand ich auf und ging ins Bad, um mich schlaffertig zu machen. Mit einem T-Shirt bekleidet und nackten Beinen tapste ich zu meinem Bett und schlüpfte unter die Decke. Mein Handy legte ich aufs Kopfkissen, direkt neben mich, und sah es immerzu an.
Es verging eine halbe Stunde, eine Stunde, zwei Stunden … Doch es blinkte nicht.
Irgendwann griff ich danach, tippte einen Satz ein, löschte ihn wieder und legte es zurück aufs Kopfkissen.
Warum meldete sich Elyas nicht? Ausgerechnet heute, nach dieser Nacht, nach meinem Kuss auf seine Wange … Ich verstand es nicht.
Ich wartete bis morgens um halb fünf. Doch mein Handy gab nicht den leisesten Ton von sich. Es brach ein neuer Tag an, eine neue Nacht. Dienstag zog vorüber, Mittwoch, Donnerstag, Freitag … Aber es blieb weiterhin stumm.
Du möchtest erfahren, wie es mit Emely und
Elyas weitergeht?
Hier findest du einen kleinen Vorgeschmack:
Auszug Band 2, Kapitel 1:
KAPITEL 1
Inspektor Winter
Seit einer Woche nichts.
Überhaupt nichts.
Keine anzüglichen SMS’,
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