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Kishons beste Familiengeschichten.

Kishons beste Familiengeschichten.

Titel: Kishons beste Familiengeschichten. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Papierfähnchen besteckt war. Die Fähnchen trugen Inschriften wie »Renaissance-Schemel«, »Spanischer Gobelin« (1602) und – natürlich in der Nähe Haifas – »Florentiner Nähkästchen«. Im Norden Tel Avivs steckte eine schwarze Flagge: »Neu installiert. Biedermeier-Sekretär, Louis XIV. – Käfig, Feldbett.«
    Das Blut gefror mir in den Adern. Es war unsere eigene Wohnung.
    Ich stellte mich unter dem Namen Zwi Weisberger vor. Wexler sah mich kurz an, blätterte ein wenig in einem Fotoalbum und fragte mit maliziösem Lächeln:
    »Wie geht es Ihrem Windsor-Tischbein, Herr Kishon?«
    Man kann Wexler nicht betrügen. Wexler weiß alles.
    »Und wie geht es der gnädigen Frau?« fragte er höflich.
    »Herr Wexler«, sagte ich, »es geht ihr gut. Aber sie darf niemals erfahren, daß ich bei Ihnen war. Erwarten Sie ihren Besuch?«
    Aus dem Fernschreiber in der Ecke des Raumes tickte eine Nachricht:
    »Madame Recamier vor zehn Minuten bei Azizao eingetreten.
    Jagt hinter Barockharfe her. Schluß.«
    Wexler vernichtete das Band und stellte seine Prognose:
    »Sie wird wahrscheinlich weiter zu Bendori gehen, weil er eine Barockharfenadresse hat. Das gibt uns noch ungefähr eine halbe Stunde. Was wünschen Sie?«
    »Herr Wexler«, sagte ich, »ich verkaufe.«
    »Ganz recht. Es hat keinen Sinn, monatelang auf Antiquitäten festzusitzen. Hoffentlich haben Sie noch niemandem etwas gesagt.«
    »Nur Ihnen. Aber bitte, schicken Sie Ihren Einkäufer, wenn meine Frau nicht zu Hause ist.«
    »Einen Einkäufer zu einer Adresse? Das wäre Selbstmord! Wir sind sogar davon abgekommen, ihnen die Augen zu verbinden. Es ist zu unsicher. Überlassen Sie den Transport Ihrer Sachen mir.«
    Das rote Telefon auf Wexlers Schreibtisch gab ein merkwürdiges Signal. Wexler hob den Hörer ab, lauschte ein paar Sekunden und legte auf. Dann trat er an die Karte heran und steckte das Fähnchen mit der Aufschrift »Barockharfe« nach Tel Aviv-Nord um. Madame Recamier hatte soeben die Harfe gekauft…
    Die Organisation klappte hervorragend. Wexler verständigte Bendori von der bevorstehenden Adressen-Liquidation. Bendori gab die Nachricht unverzüglich an Azizao weiter, der soeben in Gestalt einer geistesschwachen Millionärsgattin aus Südamerika einen neuen Kundenfang getätigt hatte. Genau um 12 Uhr mittags begab sich die beste Ehefrau von allen auf ihre tägliche Inspektionstour, genau um 12.30 Uhr erschienen drei taubstumme Möbelpacker, die sich durch ein verabredetes Zeichen als Sendboten Wexlers zu erkennen gaben und mit dem Abtransport unserer Wohnungseinrichtung nach Jaffa begannen, zu Bendori. Punkt 13 Uhr war ich allein in der ausgeräumten Wohnung. Ich streckte mich auf eine verbliebene Couch (1962) und trällerte ein fröhliches Liedchen. Etwa eine halbe Stunde später hörte ich auf der Treppe wieder diese ominösen schweren Schritte. Ich stürzte zur Türe. Himmel, da war es wieder, das ganze Zeug: der Strickleiter-Sessel, das Windsor-Tischbein, der Hindenburg und die Harfe.
    »Liebling!« erklang dahinter die jauchzende Stimme meiner Gattin. »Ich hatte phantastisches Glück! Denk dir nur, was ich gefunden habe: den zweiten Sekretär, und – und – «
    An dieser Stelle brach sie in wildes Schluchzen aus. Sie hatte die ausgeräumte Wohnung betreten.
    »Ihr Schlangen!« schluchzte sie. »Ihr scheinheiligen Betrüger! Azizao hat mir gesagt, daß es sich um die Adresse einer verrückten Millionärsgattin aus Südamerika handelt… Und ich… Und jetzt… Meine ganzen Ersparnisse sind beim Teufel… Oh, ihr Lumpen…«
    Es war in der Tat bemerkenswert. Daß dieselben Antiquitäten unter denselben Käufern rotieren, hatte ich gewußt, aber daß meine eigene Frau die Möbel ihres Ehemannes kaufte… Tröstend legte ich meinen Arm um die haltlos Schluchzende.
    »Beruhige dich, Liebling. Wir fahren jetzt sofort nach Kirjat Bialik und kaufen das Florentiner Nähkästchen…«
    Wie wir die Adresse ausfindig gemacht hatten, gehört nicht hierher. Es wird noch auf Jahre hinaus Gegenstand heftiger Debatten in den Kreisen der Antiquitätenhändler sein. Chassia erzählte uns, daß Wexler meine Frau verdächtigte, sich eines Nachts bei ihm in einem Empire-Schrank versteckt zu haben, von wo aus sie ein Gespräch belauschte, das er mit einem seiner Geschäftspartner über das Nähkästchen geführt hat.
    Das Prachtstück trägt jetzt sein Teil zur Atmosphäre unseres Haushalts bei, vorerst nur in der niedrigen Funktion eines Toilettentischchens.

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