Kishons beste Familiengeschichten.
durch die Türe: »Papi, bring mich ins Bett.«
»Komm doch erst einmal her, Gabi«, forderte ihn mit freundlichem Lächeln Herr Birnbaum auf. »Und gib unseren Freunden die Hand. Auch sie haben einen kleinen Sohn. Er heißt Amir.«
»Ja«, sagte Gabi. »Bring mich ins Bett.«
»Gleich.«
»Sofort.«
»Erst sei ein lieber Junge und begrüße unsere Gäste.«
Gabi reichte mir flüchtig die Hand. Er war ein hübscher Kerl, hochgewachsen und wohlgebaut, von frappanter Ähnlichkeit mit Rock Hudson, allerdings etwas älter.
»Jetzt müssen Sie uns entschuldigen«, sagte Vater Birnbaum und verließ mit seinem Sohn das Zimmer.
»Gabi!« rief Frau Birnbaum hinterher. »Möchtest du morgen nicht in den Kindergarten gehen?«
»Nein.«
»Ganz wie du willst, Liebling. Gute Nacht.«
Wir blieben mit der Mutter allein.
»Es stört mich nicht im geringsten, daß er nicht in den Kindergarten gehen will«, sagte sie. »Er ist ohnehin schon zu alt dafür. Nächstes Jahr wird er zum Militärdienst einberufen. Was soll er da noch unter den Kleinchen?«
Ein wenig betreten verließen wir das Birnbaumsche Haus. Bei allem Respekt vor den erzieherischen Methoden unserer Gastgeber schien uns das Resultat denn doch ein wenig anfechtbar.
Ich wurde nachdenklich. Immer dieser dumme Kindergarten. Was der nur für Komplikationen verursacht! Als wäre das Leben nicht schon schwer genug. Wo steht denn eigentlich geschrieben, daß es Kindergärten geben muß? Bin ich als kleines Kind vielleicht in den Kindergarten gegangen?
Jawohl. Also?
Wir mußten den Alpdruck endlich loswerden. Am nächsten Tag suchten wir unsern Hausarzt auf, um uns mit ihm zu beraten.
Er teilte unsere Bedenken und fügte abschließend hinzu: »Außerdem ist es gar nicht ungefährlich, den Kleinen jetzt in den Kindergarten zu schicken. Wir haben den Erreger dieser neuen Sommerkrankheit noch nicht entdeckt – aber es besteht größte Infektionsgefahr. Besonders wenn viele Kinder beisammen sind.«
Das war die Entscheidung. Das war die Erlösung. Zu Hause angelangt, machten wir Amir sofort mit der neuen Sachlage vertraut:
»Du hast Glück, Amirlein. Der Onkel Doktor erlaubt nicht, daß du in den Kindergarten gehst, weil du dir dort alle möglichen Krankheiten holen könntest. Die Bazillen schwirren nur so in der Luft herum. Das wär’s. Den Kindergarten sind wir los.«
Seither gibt es mit Amir keine Schwierigkeiten mehr. Er sitzt den ganzen Tag im Kindergarten und wartet auf die Bazillen. Und er würde um keinen Preis auch nur eine Minute früher nach Hause gehen, als er muß.
Wenn unsere Nachbarn uns fragen, wie wir das zustande gebracht haben, antworten wir mit undurchdringlichem Lächeln:
»Durch medizinische Methoden.«
Aus neu mach alt
Es begann mit Chassia. Chassia ist eine Freundin meiner Frau und jagt nach Antiquitäten. Eines schwarzen Tages gingen sie mitsammen aus, und als sie nach Hause kamen, war es geschehen.
In der Mitte unseres Speisezimmers steht ein wunderschöner, moderner, aus Dänemark, dem Land der geschmackvollsten Möbel, importierter Speisezimmertisch. Nach diesem trat mein kleiner Liebling mit dem Fuße, was unverkennbar eine Regung des Abscheus bedeutete. »Grauenhaft. Von einer nicht zu überbietenden Geschmacklosigkeit. Kein Vergleich mit antiken Möbeln, wie sie bei kultivierten Menschen gang und gäbe sind. Ab heute werden antike Möbel gekauft.«
»Weib«, gab ich zurück, »was ficht dich an? Was fehlt dir in unserer Wohnung?«
»Atmosphäre«, sagte sie.
Am nächsten Tag zog sie mit Chassia los und brachte einen niedrigen Sessel angeschleppt, der statt einer Sitzfläche eine Art Anti-Sitz aus dünnen Stricken aufwies. Es war, Chassia zufolge, ein »ländliches Originalstück« und ein Gelegenheitskauf. Trotzdem wollte ich wissen, wozu es dienen sollte.
»Zu Dekorationszwecken«, belehrte mich meine Ehefrau. »Ich werde einen Toilettentisch daraus machen.«
Den Gelegenheitskauf verdankte sie Wexler. Es gibt in unserem Land insgesamt drei fachmännisch geschulte Antiquitätenhändler: Wexler, Joseph Azizao und den jungen Bendori in Jaffa, der zugleich ein fachmännischer Restaurator ist, das heißt: Er verwandelt neue Möbelstücke fachmännisch in alte. Diese großen Drei herrschen eisern und unerbittlich über die achtundzwanzig annähernd echten Stücke, die in Israel von Hand zu Hand und von Antiquitätenhändler zu Antiquitätenhändler gehen. Denn Israel ist nicht nur ein sehr junges, sondern auch ein
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