Kishons beste Familiengeschichten.
recht.«
Wir baten die Großmanns, recht bald wiederzukommen. Ein wenig später sahen wir im fünften Stock des gegenüberliegenden Hauses das Licht angehen. Im Fensterrahmen wurde Dobbys schlanke Gestalt sichtbar. Als er den Feldstecher aus Hongkong ansetzte, winkten wir ihm. Er winkte zurück.
Kein Zweifel: wir hatten neue Freunde gewonnen.
Mission Apollo
»Ephraim«, sagte die beste Ehefrau von allen, »unser Amir hat wieder einmal eine seiner Launen.«
Die Vorbereitungen für die Purim-Maskerade waren in vollem Gang. Rafi, unser Ältester, hatte das Kostüm eines Piraten mit leichtem Anhauch von Militärpolizei gewählt und war’s zufrieden. Nicht so Amir. Er strich durchs Haus und trug ein so saures Gesicht zur Schau, daß einem unwillkürlich das Wasser im Mund zusammenlief wie beim Anblick einer in Aktion tretenden Zitrone. Ab und zu versetzte er dem in einer Ecke liegenden Kostüm, das seine Mutti eigenhändig für ihn angefertigt hatte, im Vorübergehen einen wütenden Tritt. Die quergebügelten Hosen, die Stulpenstiefel, der mächtige, breitkrempige Texas-Hut, der Patronengürtel und der Revolver, kurzum: die komplette Ausstattung für einen perfekten Cowboy – das alles stieß bei ihm auf finsterste Verachtung.
»Was ist los mit dir, Amir?« fragte ich teilnahmsvoll. »Willst du kein Cowboy sein?«
»Nein. Ich will ein Astronaut sein.«
Das Unheil kam daher, daß er in seiner Kinder-Wochenzeitung etwas über den Mondflug von Apollo 13 gelesen hatte.
»Immer mit der Ruhe«, beruhigte ich ihn. »Wollen sehen, was sich machen läßt.«
»Ganz richtig«, stimmte seine Mutter zu. »Laß uns die Sache in Ruhe besprechen.«
Wir hielten eine improvisierte Elternversammlung ab und kamen überein, daß dem Wunsch unseres Sohnes nichts Verwerfliches anhaftete. Ein Astronaut zu sein, ist keineswegs das Schlimmste, was ein junger Mensch sich heutzutage wünschen kann. Schließlich landeten wir bei einem Kompromiß.
»Heuer wirst du noch ein Cowboy sein«, wandte ich mich an Amir. »Und nächstes Jahr bist du ein Astronaut.«
Die Antwort war ebenso lautstark wie negativ:
»Nein! Nicht nächstes Jahr! Heuer! Heute! Jetzt! Sofort!«
Ich mußte schweren Herzens nachgeben:
»Schön, dann bist du also schon heuer ein Astronaut. Wir werden auf deinem Hut eine große Tafel befestigen und mit roter Tinte in großen Lettern ›Apollo 13‹ draufschreiben.«
Amirs Entgegnung erfolgte abermals fortissimo:
»Damit bin ich noch kein Astronaut!«
»So? Wie sieht ein Astronaut denn aus?«
»Weiß ich nicht«, schluchzte unser Rothaariger. »Das müßt ihr wissen! Ihr seid die Erwachsenen!«
Die Lage wurde immer bedrohlicher. Hätten diese Kerle nicht erst nach Purim auf den Mond fliegen können? Wäre es von der amerikanischen Regierung zuviel verlangt, ein wenig Rücksicht auf israelische Eltern zu nehmen? Die in Kap Kennedy hätten Amirs Gebrüll hören sollen:
»Astro«, brüllte er, »-naut, -naut, -naut! Astronaut!«
Ich versuchte ihn zu beschwichtigen:
»Gut, dann werden wir dir eben zu der großen Tafel auch noch einen großen Schnurrbart verpassen.«
»Ich will keinen Schnurrbart! Astronauten haben keine Schnurrbarte!«
»Dann vielleicht eine Brille?«
»Haben Astronauten auch nicht!«
Ich finde das sehr gedankenlos von ihnen, das muß ich schon sagen. Wie kann ein verantwortungsvoller Astronaut ohne Bart und ohne Brille auf den Mond fliegen?
»Jetzt hab ich’s!« rief ich aus. »Amir wird Papis gelben Pyjama anziehen!«
Das Geheul meines Sohnes überstieg jetzt alle akustischen Grenzen und war hart daran, die Schallmauer zu durchbrechen:
»Ich will keinen Pyjama! Ich will ein Astronaut sein!«
»Laß deinen Papi ausreden! Du wirst den gelben Pyjama anziehen, und wir befestigen hinten einen Propeller. Einen richtigen Propeller, der sich richtig dreht.«
»Ich will keinen blöden Propeller!«
»Willst du Flügel haben?«
»Ich bin ja kein blöder Vogel! Ich bin ein Astronaut! Astronaut! Naut! Astro!«
In unbeherrschter Wut wälzt sich Amir auf dem Teppich, schlägt um sich, brüllt immer lauter, nur rothaarige Kinder können so laut brüllen, und wenn er noch eine kleine Weile weitermacht, platzen ihm vielleicht die Lungen. Das darf ich nicht zulassen:
»Schon gut, Amir. Dann muß ich eben den Onkel Astronaut anrufen und ihn fragen, was er für gewöhnlich anzieht, wenn er auf den Mond fliegt.«
Amir verstummt, seine blauen Augen weiten sich hoffnungsfroh, er verfolgt
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